Das Luxemburg-Komplott
was ich Ihnen befehle, werden Sie überleben und Mitglied einer Kommission der neuen Polizei. Sie haben die Wahl. Gehen Sie jetzt.«
»Sie lassen …« Lohmeier flüsterte zitternd.
»Sie hätten mich bei der nächsten Gelegenheit auf der Flucht erschossen. Ich weiß das. Damit wir uns verstehen: Ich lasse Sie nicht leben, weil ich Sie für ein wertvolles Mitglied der Menschheit halte. Das sind Sie nicht, Sie sind ein Dreckskerl. Aber ich kann Sie brauchen. Und weil Sie mir nur nützlich sind, wenn Sie sich nicht vor Angst in die Hose scheißen, mache ich ein Geschäft mit Ihnen. Sie helfen mir, und ich lass Sie am Leben. Mehr als das, ich stelle Sie als Hilfspolizist ein, oder wie man das nun nennen mag.«
Lohmeier staunte ihn an und zog ab.
Eine knappe Stunde später klopfte es an der Tür. Als Zacharias »Herein!« gerufen hatte, trat Lohmeier ein. Er sah nicht mehr so blass aus. Lohmeier schloss die Tür. In der Hand hatte er ein Blatt Papier, er gab es Zacharias, darauf standen drei Namen.
»Die besten?«
»Jawohl, Herr Zacharias.«
Die Tür wurde aufgerissen. Ein baumlanger, kräftiger Mann mit wirren Haaren und Vollbart stürmte ins Zimmer und brüllte: »Was bilden Sie sich ein? Wer sind Sie überhaupt, dass Sie es wagen, dieses Subjekt« – er riss Lohmeier an der Schulter zu sich – »aus der Zelle zu holen?«
»Nehmen Sie Platz, Genosse«, sagte Zacharias.
Der Mann nahm Lohmeier hart am Oberarm und zog ihn aus dem Zimmer. Zacharias riss die Mauser aus dem Halfter und schoss vor dem Mann in den Boden. Der Schuss hallte durch den Gang. Der Mann erstarrte, Loh meier stolperte und fiel auf den Boden. Dann war es still.
Endlich drehte sich der Mann um: »Sie wagen es …!«
»Nehmen Sie Platz, Genosse Gawlik, der sind Sie doch?«
Der starrte ihn an, als hätte er es mit einem gefährlichen Geisteskranken zu tun. Dann hörten sie Schritte im Gang, Milizionäre mit gezogener Waffe eilten heran. Sie richteten die Pistolen auf Zacharias. Der sagte: »Ist nichts passiert, Genossen. Wenn Sie Fragen haben, richten Sie die an den Genossen Eichhorn.« Mit einem Wink bedeutete er den Milizionären, dass sie nicht gebraucht würden. Die blieben unschlüssig stehen, dann ließen die ersten die Waffe sinken.
»Ich bin Zacharias, ich leite die Kommission, die den Mordanschlag auf die Genossin Luxemburg untersucht. Ich habe unbeschränkte Vollmachten. Wenn Sie das nicht glauben, können Sie sich auch beim Volkskommissar des Innern, dem Genossen Däumig, kundig machen.« Er sagte es von oben herab.
Wieder ein Trappeln im Gang. Ein Mann hetzte auf die Gruppe zu. »Wo ist der Genosse Zacharias?«
Zacharias hob die Hand.
»Ihre Vollmacht, vom Genossen Däumig. Mit einem Gruß.« Er drängte sich vor zu Zacharias, der die Erleichterung spürte. Der Mann kam zur rechten Zeit.
Die Milizionäre zögerten, dann steckten sie die Waffen weg und zogen ab. »Da blickt doch keiner mehr durch«, brummte einer.
Gawlik trat an Zacharias heran. »Versuchen Sie diese Nummer nicht noch einmal.« Dana schob er Lohmeier grob zu Zacharias. »Hier haben Sie das Würstchen. Wenn Sie fertig sind mit ihm, schicken Sie ihn zu mir. Wir haben noch was zu besprechen.« Er tätschelte Lohmeiers Wange. »Nicht wahr, mein Junge?« Dann ging er und schlug die Tür zu.
Lohmeier zitterte.
»Das ist die Quittung für Ihre Frechheiten vor der Revolution«, sagte Zacharias. Er verstand Gawlik, aber Revolutionäre konnten sich keine Gefühlswallungen leisten. »Sie haben es in der Hand, wie es Ihnen ergeht. Wenn Sie gut arbeiten, bekommen Sie eine Chance. Wenn nicht, dann nicht.«
Lohmeier nickte mehrfach.
Zacharias setzte sich an seinen Schreibtisch und las die Namen auf dem Zettel. »Sie marschieren jetzt los und holen diese drei Kollegen hierher.«
Lohmeier schaute ihn fragend an.
Zacharias überlegte, ob er es riskieren könne, Lohmeier allein loszuschicken. Dann verwarf er den Gedanken. Wenn Lohmeier zum Feind überlief, würde er einiges verraten. Zum Beispiel über den traurigen Zustand der Sicherheitsorgane. »Keine Sorge, ich gebe Ihnen zwei Milizionäre mit. Ihnen soll ja nichts passieren.« Zacharias grinste fröhlich. Er gestand sich ein, es bereitete ihm Spaß, Lohmeier zu piesacken. Dann rief er an der Pforte an und ließ sich mit dem Wachhabenden der Miliz verbinden. Es dauerte eine Weile, bis Zacharias dem Genossen verdeutlicht hatte, dass der zwei Mann abstellen musste, und zwar sofort. Zacharias hoffte, es sprach sich bald
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