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Das Luxemburg-Komplott

Das Luxemburg-Komplott

Titel: Das Luxemburg-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Ditfurth
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oder an die Wand. Vielleicht überlegten sie, was ihresgleichen mit ihnen anstellen würde, wenn die Revolution niedergeschlagen wurde.
    Zacharias wartete in seinem Dienstzimmer auf die Rückmeldung von Geyer und Kramer. Er schaute aus dem Fenster in die nasse Kälte, die sich auf dem Kopfsteinpflaster spiegelte. Es fröstelte ihn nur vom Hinschauen. Er musste sich nicht lange gedulden. Kramer klopfte und trat ein. »Wir sind soweit«, sagte er grinsend.
    Zacharias fragte nicht nach dem Grund der guten Laune. Er holte die Kriminalbeamten aus dem Besprechungszimmer, sie eilten die Treppe hinunter, Zacharias vorneweg. Der Paternoster steckte fest. Zacharias hörte Leute fluchen über einen Idioten, der seinen Koffer hatte herausragen lassen aus einer Kabine. Die Proleten hatten zwei NSU besorgt, daneben stand ein Milizionär und lachte. Kramer und Geyer winkten ihm freundlich zu. Jeder der beiden setzte sich ans Steuer eines Wagens, dann fuhren sie los. »Und wem sind Sie auf den Schlips getreten?« fragte Zacharias.
    Kramer grinste. »Den Namen habe ich nicht verstanden. Aber der Polizeipräsident war es nicht.«
    Zacharias wusste, sie hatten sich bei irgendwem unbeliebt gemacht. Viele Leute haben ein gutes Gedächtnis. Sobald ich Zeit finde, suche ich den Geschädigten auf und beruhige ihn. Man weiß nie, wozu es am Ende gut ist. Er lachte vor sich hin. Von wegen Augen zu und durch. Jetzt gehörst du also auch schon zu diesen Rückversicherern.
    Die Wagen rasten zur Wilhelmstraße. Davor stand ein Trupp Soldaten mit roten Armbinden. Zacharias zeigte seine Vollmacht, aber die Soldaten wussten nicht, was sie mit dem Papier anfangen sollten. »Fragen Sie den Genossen Jogiches«, sagte Zacharias. Einer tat es, dann ließen sie Zacharias und seine Leute eintreten.
    In der Nähe des Tatorts fragte Zacharias herum, wer den Überfall miterlebt habe. Es fanden sich ein Milizionär und zwei Sekretärinnen. Zwei weitere Genossen, die etwas gesehen hatten, waren nicht da. Hinzu kamen die Verletzten, die wurden in der Charité versorgt. »Nur das Beste für unsere Genossen.«
    Die beiden Frauen waren verschüchtert, vielleicht waren es Nachwehen des Attentats, vielleicht hatten sie Angst vor Zacharias und seinen Begleitern. Der einen zitterte die Wange, die andere nestelte fortwährend an ihrer Bluse. Zacharias trug Lohmeier auf, sie zu verhören. Er selbst bat, zur Genossin Luxemburg gebracht zu werden. Die saß in ihrem Zimmer mit geschlossenen Augen auf einem roten Sessel. Als Zacharias eintrat, blinzelte sie. »Ach, Sie sind’s!« Sie schaltete eine Stehlampe ein.
    »Ich habe ein paar Fragen. Wenn Sie jetzt vielleicht Zeit hätten?«
    »So ist er, unser Genosse Zacharias aus Russland. Mitstreiter der Friesland-Fraktion, Verkünder des heiligen Leninismus aus Sankt Petersburg.« Sie lächelte fröhlich.
    Zacharias erschrak. Was wusste sie? Was hatte sie erraten?
    »Nichts davon, Genossin Luxemburg. Nur der Leiter der Kommission, die den Anschlag auf Sie aufklären soll.«
    Sie betrachtete ihn nachdenklich. »Wenn ich nicht wüsste, was Sie für uns getan haben, würde ich Sie für einen gefährlichen Agenten halten.« Wieder lachte sie, als wollte sie ihren Worten die Wirkung nehmen. Hinter ihr trieben Schneeflocken vor dem Fenster vorbei. »Gut, dann wollen wir kriminalistisch arbeiten. So heißt es doch, nicht wahr?«
    »Ob Sie mit zum Tatort kommen könnten?«
    Sie folgte ihm in den Vorraum. Dort waren Lohmeier und Gennat damit beschäftigt, Zeugen zu befragen. Sie schrieben in einen Block, was die Zeugen sagten. Zacharias wies sie an, die Befragungen in zwei getrennten Räumen fortzusetzen. Rosa schaute ihn lächelnd an und sagte: »Sie haben kein Vertrauen in die Menschen.«
    »Doch, aber nicht in deren Erinnerungsvermögen.«
    Sie nickte. »Das ist wahr, die Erinnerung kann einen böse aufs Glatteis locken.«
    »Sie haben hier« – er zeigte neben die Tür – »gestanden, als diese Männer plötzlich auftauchten?«
    Sie nickte.
    »Vielleicht stellen Sie sich wieder da hin.«
    Sie tat es.
    »Wie viele Männer waren es?«
    »Fünf oder sechs, vielleicht mehr. Genau kann ich das nicht sagen. Es ging alles furchtbar schnell.«
    »Wann haben die Männer geschossen?«
    »Als sie den Vorraum erreichten, also die Treppe hochgestiegen waren.«
    Zacharias stellte sich neben Rosa und ging dann zur Treppe. »Wenn das sieben Meter sind, ist es viel.«
    Sie nickte. »Jetzt würde mich interessieren, was Sie gerade denken. In Ihrem

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