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Das Luxemburg-Komplott

Das Luxemburg-Komplott

Titel: Das Luxemburg-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Ditfurth
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gegossen und stark gezuckert hatte. Dann zog er ein Tuch aus der Tasche und wischte ein paar Tropfen weg, die beim Eingießen auf den Tisch geraten waren. Zacharias beobachtete die Bewegungen des Polizeipräsidenten und sagte nichts. Er hätte erwidern können, es handle sich nicht um irgendeinen Kriminalfall, sondern um einen Anschlag auf die Regierung, und das sei keine normale polizeiliche Aufgabe. In Russland beispielsweise würden solche Fälle der Tscheka übertragen, denn es handle sich nicht um gewöhnliche Kriminalität, sondern um Machenschaften der Konterrevolution, eines weitgespannten geheimen Netzes aus Gruppen und Einzelpersonen. Das übersteige die Fähigkeiten der Polizei, und mit den Mitteln der Kriminalistik allein sei der Konterrevolution nicht beizukommen.
    »Na schön, ich kann es sowieso nicht verhindern. Dann nehmen Sie sich Räume im obersten Stockwerk, davon wenigstens haben wir genug.«
    »Ach ja, noch eine Frage. Hier soll ein Kommissar Lohmeier sitzen, im Keller, in einer Gefängniszelle.«
    »Kann sein. Sehen Sie nach, wenn es Sie interessiert.« Eichhorn nahm einen Ordner von einem Stapel auf dem Schreibtisch und schlug ihn auf.
    Zacharias verstand das Zeichen und verließ den Raum ohne Gruß. Eitle Diva, dachte er. Und wegen dieses Herrn haben sich die Proletarier im Januar blutige Köpfe geholt. Als Ebert den USP-Polizeipräsidenten Eichhorn abgesetzt hatte, verstanden radikalisierte Arbeiter und Soldaten dies als Fanal für eine Rebellion, die die Feinde Spartakus-Aufstand nannten. Natürlich wurde er niedergeschlagen, und Eichhorn musste den Schreibtisch im Präsidium räumen.
    Zacharias eilte in den Keller hinunter. Am Eingang saß ein Milizionär, der Karabiner lehnte an der Wand. »Gibt es hier einen Lohmeier?«
    Der Milizionär fragte: »Können Sie sich ausweisen?«
    »Nein, erst morgen. Rufen Sie den Genossen Eichhorn an. Ich bin Zacharias.«
    »Zacharias also«, sagte der Milizionär. Er griff zum Telefon und wählte eine Nummer. »Hier ist ein Zacharias … gut, Genosse. Ja, ich lass ihn machen.« Er legte auf und winkte Zacharias in den Gang. Dann lehnte er sich zurück auf seinem Stuhl und schloss die Augen.
    Zacharias öffnete die Klappe in der Tür der ersten Zelle. Darin saß ein alter Mann mit langen weißen Haaren. »Warum sitzen Sie hier?«
    »Halt’s Maul!«
    Zacharias schloss die Klappe. Er öffnete eine nach der anderen. In der vorletzten Zelle lag Lohmeier auf der Pritsche. Zacharias rief den Milizionär und befahl, die Tür zu öffnen. Als Lohmeier Zacharias in der Türöffnung sah, färbte sein Gesicht sich erst rot, dann wurde er weiß. Er setzte sich aufs Bett und starrte Zacharias an. In seinem Gesicht zeigten sich die Schreckensgedanken, die ihn durchfuhren.
    »Kommen Sie mit«, befahl Zacharias und trat zur Seite.
    Lohmeier erhob sich langsam, als hätte er keine Kraft mehr im Körper. Er stützte sich mit einer Hand ab auf dem Bett. »Tun Sie das nicht«, sagte er.
    Zacharias zog das Jackett zur Seite, so dass Lohmeier die Mauser im Gürtel sah. »Wenn Sie eine falsche Bewegung machen, erschieße ich Sie.«
    Lohmeier sah ihn mit großen Augen an, dann nickte er. Er trat in den Flur.
    »Wir gehen in den obersten Stock«, sagte Zacharias. »Sie vor mir.«
    Der Milizionär machte große Augen, als er Lohmeier sah, dann hob er die Unterarme, als wäre er verzweifelt. »Der Genosse Gawlik wollte diesen Herrn verhören, und dann …« Der Soldat zog den Finger über die Kehle.
    »Dann sagen Sie dem Genossen Gawlik, dass ich diesen Bürger requiriert habe. Er weiß, wo er mich findet. Falls er mich sucht.«
    Lohmeier stieg vor Zacharias die Treppen hoch. Als er im obersten Stock war, atmete er schwer, Schweißtropfen standen ihm auf der Stirn. Zacharias führte ihn in sein neues Dienstzimmer. Darin standen ein Schreibtisch, davor und dahinter zwei Stühle. Sonst gab es nur einen Aktenschrank an der Wand. Der war leer wie die meisten Aktenschränke. Die vertriebenen Polizisten hatten die Ordner aus dem Fenster geworfen und sie im Innenhof zu Haufen geschichtet, die sie anzündeten.
    Zacharias reichte Lohmeier ein Blatt Papier und einen Bleistift. »Gehen Sie ins Nebenzimmer. Dort notieren Sie die Namen der besten Kriminalbeamten, besonders der Mordkommission, mit Adressen. Nicht mehr als vier Namen, aber überlegen Sie gut, wen Sie aufschreiben. Sollten Sie versuchen zu fliehen oder meine Arbeit zu sabotieren, werde ich Sie auf der Stelle töten. Wenn Sie tun,

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