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Das Luxemburg-Komplott

Das Luxemburg-Komplott

Titel: Das Luxemburg-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Ditfurth
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seiner Bescheidenheit verbarg er, wie befriedigt er war, endlich anerkannt zu werden von den deutschen Genossen. Zacharias glaubte fast, in Radeks Miene lesen zu können. Ihr habt mich rausschmeißen wollen damals, wisst ihr’s noch? Und jetzt kriecht ihr auf Knien. Aber ich bin Radek, ich bin nicht nachtragend, auch wenn ihr mir gewiss ein bisschen, sagen wir mal, Freude gönnt, werte Genossen. Bewundert mich, ich stehe für das neue Russland, das euch Getreide schickt.
    Friesland war kein Kommissar, aber als einer der Vertreter der KP-Zentrale zugegen. Niemand verwehrte ihm das Wort. »Wir sind zu lasch. Einige hier verwechseln Demokratie mit Anarchie. Der Feind muss uns gar nicht bekämpfen, wir vernichten uns selbst. Die Internationale hat uns aufgefordert, die beiden Parteien zu vereinigen. Grundlage sollen die Bedingungen der Internationale sein …«
    »Damit wir alle Bolschewisten werden«, warf Dittmann ein.
    »Richtig, Genosse Dittmann. Ich weiß, einige in der USP begreifen nicht oder wollen nicht begreifen, dass es sinnvoll ist, von denen zu lernen, die gesiegt haben. Sie wollen lieber von denen lernen, die verlieren. Ich frage mich, was gefährlicher ist für die Revolution, der Feind oder diese Genossen, die so gerne untergehen …«
    Beifall und Protestrufe. Liebknecht klingelte. »Das ist eine Sitzung der Regierung«, rief einer. »Der Genosse Friesland möge uns verschonen mit dem Parteienklüngel. Wir sind es satt.« Pfuirufe. Liebknecht klingelte wieder. Nur langsam wurde es ruhiger.
    Dann stand Liebknecht auf, wandte sich an Friesland und sagte: »Wenn ich das fortführen darf, Genosse Friesland. Sie sind zwar vorgeprellt, haben aber die wichtigen Fragen angesprochen. Wir stehen am Scheideweg. Hie geht es zur reinen Demokratie, über die schon Marx sich lustig machte. Hie geht es zum Sozialismus, der, wir wissen es doch schon lange, Opfer verlangt. Die Diktatur des Proletariats muss in der Form verwirklicht werden, die die Lage fordert. Diktatur des Proletariats heißt heute zuerst Disziplin und Bekämpfung der Konterrevolution. Dabei steht der Kampf um die Disziplin an vorderster Stelle. Denn wenn wir nicht mit eisernem Besen den Kehricht wegfegen, den jede Revolution nach oben spült, dann wird der Kehricht uns ersticken. Er ist schon dabei, es zu tun. Wir haben nicht einmal zwanzig Prozent der Vorkriegsproduktion erreicht, in manchen Wirtschaftszweigen ist die Lage noch schlechter, nicht wahr, Rosa?«
    »Vielleicht sind die Arbeiter noch nicht reif, Karl«, sagte Rosa.
    »Und dann?« brüllte Pieck dazwischen. »Gehen wir zum General Groener und geben die Macht wieder ab, hübsch verpackt in buntem Papier.«
    »Papier? Wo gibt’s Papier?« rief einer dazwischen.
    Jetzt sah Zacharias auch Sonja. Sie stand hinter Friesland und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Sonja. Nur sie und Pieck hatten ihnen die Freikorps in die Dahlemer Villa schicken können. Es sei denn, ein Nachbar hatte sie verraten. Ein Nachbar mit einer Verbindung zu Freikorps, welch ein Zufall wäre das. Und wer hatte für Radeks Verhaftung gesorgt? Er überlegte, ob er es sagen sollte. Es einfach rufen, dann würden sie schon zuhören. Nur, wenn es falsch war? Dann war es ein Rohrkrepierer. Verdammt, das würde er nie herausbekommen.
    Gelächter erklang, es war bitter und böse.
    Pieck erhob sich, nachdem Liebknecht sich gesetzt hatte. »Wie sollen wir messen, ob das Proletariat reif ist? Dafür gibt es kein Thermometer wie für Fieber.«
    Gelächter, Pieck fühlte sich stark. »Wir müssen die Revolution retten. Ob das Proletariat reif war oder nicht, das mögen die Gelehrten hinterher debattieren. Aber hat nicht die Genossin Luxemburg gelehrt, die Massen erzögen sich selbst im Kampf? Wie kann man über die Reife des Proletariats zur Revolution dozieren und den Kampf ablehnen? Den Kampf, in dem das Proletariat ja laut der Genossin Luxemburg die Reife erst erlangen kann? Wir haben keine Zeit zu solch gelehrten Erörterungen, hier ist nicht die Hochschule der Revolution, sondern ihr Schlachtfeld.«
    Donnernder Beifall, auch von USP-Funktionären. Dittmann schüttelte den Kopf, er sah hilflos aus. Aber Däumig und besonders Barth verbargen ihre Zustimmung nicht.
    Ros a schwieg, obwohl viele sie nun anstarrten und erwarteten, dass sie sich wehrte. Aber sie hatte die Stimmung längst begriffen, da war es sinnlos, etwas zu sagen. Die anderen würden es ihr im Mund herumdrehen und vor die Füße werfen. Zacharias verstand, es ging zu

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