Das Luxemburg-Komplott
war.«
»Einverstanden. Zwei Mark jetzt, den Rest, wenn wir zurückkommen.«
Zacharias nahm zwei Mark aus dem Geldbeutel, gab sie dem Rothaarigen und sagte: »Tante Rosa sucht Sie. Wo kann sie Sie treffen zur Vorbereitung der Geburtstagsfeier?« Er wiederholte es. »Sprich es nach.«
Der Junge sprach es nach. Dann rannte er los, zusammen mit seinem Freund. Zacharias lief eine Weile unruhig auf und ab. Schließlich versteckte er sich in einiger Entfernung in einem Hauseingang.
Er sah die Jungen kommen. Niemand folgte ihnen. Sie hielten an der Stelle, wo Zacharias sie angesprochen hatte. Er trat aus dem Eingang und pfiff durch zwei Finger. Die Jungen sahen ihn und rannten los. »Da war kein Herr Pieck. Nur eine Frau.« Der Rothaarige schnaufte. »Die hat nur gesagt: Der Herr Pieck ist nicht da.«
Zacharias überlegte kurz, dann entschied er sich, das Risiko einzugehen. Er gab dem Rothaarigen drei Mark. »Wollt ihr noch zwei Mark verdienen?«
Sie nickten kräftig.
»Gut, dann sagt die beiden Sätze der Frau. Sie soll die Antwort auf einen Zettel schreiben und den in einen Briefumschlag legen. Den Umschlag soll sie zukleben. Und wehe, der Umschlag hat einen Riss, wenn ihr ihn mir bringt!« Er wiederholte die Sätze, der Rothaarige sprach sie nach. Er wiederholte auch Zacharias’ Anweisungen. Wieder rannten sie los.
Diesmal dauerte es länger. Und es kam auch nur der Rothaarige zurück. »Stefans Mutter hat uns gesehen und ihn zum Essen gerufen. Ich muss jetzt auch nach Hause.« Er reichte Zacharias einen Briefumschlag, Zacharias gab ihm zwei Mark.
»Und zu niemandem ein Wort«, sagte er streng.
Der Junge ging weg. Zacharias steckte den Umschlag ein, schaute sich in alle Richtungen um, entdeckte keine Gefahr und trat unter eine Straßenlaterne. Er riss den Umschlag auf, holte ein Blatt heraus und las: »20 Uhr, Ecke Jägerstraße/Friedrichstraße, vor dem Kaiser-Café.« Zacharias schaute auf die Uhr. Das würde er schaffen.
Diesmal hatte er keine Zeit, oft umzusteigen. Aber er behielt seine Umgebung im Auge. Er fuhr zum Bahnhof Friedrichstraße und lief bis zur Ecke Jägerstraße. Dann sah er das Café. Er stellte sich vor ein Fenster des Cafés und wartete.
Es waren kaum fünf Minuten vergangen, da tippte ihm jemand auf die Schulter. »Folgen Sie mir!«
Der Mann trug einen dunklen Mantel und einen Hut. In einigem Abstand ging Zacharias hinter ihm her. Der Weg führte sie durch die Taubenstraße, vorbei am Schauspielhaus und an der Generalswitwenkasse. In der Kreuzstraße verschwand der Mann in einem Hauseingang. Zacharias lief am Eingang vorbei, dann machte er kehrt, sah niemanden, der ihn verfolgte, und betrat e benfalls das Haus. Der Mann stand am Fuß des Treppenhauses. Als er Zacharias sah, stieg er die Treppe hoch. Im ersten Stock klopfte er ein Zeichen an die Tür, die wurde gleich geöffnet. Hinter dem Mann betrat Zacharias die Wohnung.
In der Küche saß Pieck. Er war kaum gealtert, Zacharias kannte ihn von Vorkriegsveranstaltungen der SPD in Berlin. Pieck stand auf und reichte Zacharias die Hand. Sein Händedruck war kräftig. »Ihr Gesicht kenne ich«, sagte Pieck.
Zacharias nickte. »Ich Ihres auch.«
Sie setzten sich an den Küchentisch. Der Mann, der Zacharias zu Pieck geführt hatte, blieb im Flur.
Auf dem Tisch lag der Lokal-Anzeiger. »Sie waren das«, sagte Pieck und zeigte mit dem Finger auf das Revolverblatt.
Zacharias nickte.
»Da sind wir Ihnen zu Dank verpflichtet. Wo kämen wir hin, wenn sie Rosa und Leo ermordeten? Es ist schon schwer genug. Wir sind ein kleiner Haufen, illegal, verfolgt. Das einzige, was die Massen von uns kennen, sind unsere Führer, Liebknecht und Luxemburg. Immerhin können wir jetzt wieder mit Rosa und Leo arbeiten. Aber wo Liebknecht sich versteckt hat, weiß ich nicht. Er ist nicht mehr in der Wohnung, die ich ihm vermittelt hatte. Hoffentlich ist ihm nichts passiert.«
»Dann stünde es in der Zeitung«, sagte Zacharias.
Pieck kratzte sich unter der Nase. »Er wird schon auftauchen. Wir müssen jetzt die Verbindungen wieder aufbauen. Sie haben ja schon angefangen damit. Am besten wäre es, die Genossin Luxemburg würde nach Leipzig gehen und dort die Rote Fahne redigieren. Und wir hier sollten dafür sorgen, dass unser Zentralorgan trotz Verbots auch in Berlin verbreitet wird. Dafür brauchen wir Geld.«
Zacharias dachte an den Goldgürtel, den er in der Wohnung seiner Mutter versteckt hatte. Er traute sich nicht nach Hause. Die Polizei überwachte
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