Das Luxemburg-Komplott
die Wohnung bestimmt. Vielleicht könnte Sonja das Gold holen. Nein, widersprach er sich. Wenn sie doch ein Spitzel ist? So jemanden darfst du deiner Mutter nicht ins Haus schicken. Aber Margarete. »Ich kann Geld besorgen«, sagte Zacharias.
Pieck schaute ihn misstrauisch an.
»Die russischen Genossen haben es mir mitgegeben.«
Pieck lachte. »Lenin persönlich.«
»Der nun nicht. Beim Kriegsgefangenenkomitee hörten sie, ich gehe nach Deutschland. Da haben sie mir Beute geschenkt. Für die Revolution in Deutschland. Weil die Russen auf niemanden so sehr hoffen wie auf uns.« Zacharias fühlte sich unwohl bei der Lüge.
»Haben Sie das Geld etwa dabei?«
»Nein. Aber ich kann es holen. Ist gut versteckt.«
»Tun Sie das. Aber sagen Sie der Genossin Luxemburg, wie wir die Partei organisieren sollten. Wo wohnt die Genossin jetzt? Braucht sie eine neue Wohnung?«
»Nennen Sie mir die Ausweichadresse. Wenn es nötig ist und die Genossin Luxemburg gegen Ihren Rat in Berlin bleiben will, benutzen wir diese Adresse.«
Pieck schaute ihn grimmig an. »Sie wollen mir den Kontakt mit der Genossin untersagen?«
»Keineswegs. Ich folge den Regeln der Konspiration.«
»Und die bestimmen Sie?«
»Im Augenblick, ja. Es sei denn, die Genossin Luxemburg wünscht meine Hilfe nicht mehr.«
»Ich arbeite seit August 1914 für die Linke, für Spartakus und nun die KPD. Sie kommen gerade aus Russland und erlauben sich, die Kontakte der Genossin Luxemburg zu kontrollieren?«
»Ich bin verantwortlich für ihre Sicherheit. Das hat mit Ihrer Person und Ihren Verdiensten nichts zu tun.«
»Sie werden alles ruinieren mit Ihren bolschewistischen Methoden.«
»Immerhin kann man mit diesen Methoden siegen.« Zacharias schalt sich als unbedacht. Du darfst Pieck nicht provozieren. »Allerdings sollten wir diese Methoden nicht einfach auf Deutschland übertragen.«
»Ich muss dringend mit der Genossin Luxemburg sprechen«, sagte Pieck.
»Sie sollten mir sagen, was Sie der Genossin mitteilen wollen. Es wäre zu riskant, wenn Sie sich treffen. Das ist kein Misstrauen gegen Sie. Ich würde im Augenblick am liebsten jeden Kontakt der Genossin Luxemburg verhindern. Sie ist dem Tod gerade von der Schippe gesprungen. Wir wissen nicht, wer das Versteck in der Dahlemer Villa verraten hat.«
»Aber eine Revolutionärin kann sich nicht nur verstecken.«
»Sie muss es, wenn die Gefahr zu groß ist.«
»Sie halten alle für Verräter, stimmt’s?«
»Ja und nein. Jeder kann es gewesen sein. Jeder, der von dem Versteck in Dahlem wusste. Und ungeklärt ist auch, wer Radeks Verhaftung zu verantworten hat.«
Pieck schlug den Lokal-Anzeiger auf. »Ist inzwischen auf die hinteren Seiten gerutscht. Aber die sind mächtig stolz, dass ihnen Lenins Mann in Berlin in die Hände geraten ist.«
Sie hatten ein abstoßendes Bild von Radek gedruckt. Unterschrift: »Der jüdisch-polnische Bolschewist Radek.«
»Da haben sie ja alles zusammengerührt, was den Spießer schreckt«, sagte Zacharias. »Ich bin sicher, sie werden Radek nichts tun. Da gibt es in der Bourgeoisie Strömungen, die ahnen, dass der Friedensvertrag mit der Entente so aussehen wird wie der von Brest. Und die wollen mit Sowjetrussland paktieren, es wenigstens als Trumpf in der Hinterhand haben. Vielleicht auch nur als Drohung: Wenn ihr uns einen Schandvertrag aufzwingt, werden wir an die Seite der Bolschewisten getrieben. Wie ich den Genossen Radek kenne, ahnte der das früher als alle anderen. Der wird seine Zelle in einen politischen Salon verwandeln, und die Herren Politiker, Kapitalisten und Offiziere werden sich den Türriegel in die Hand geben. Das wird dem Genossen Radek gefallen. Und wenn wir ihn in unserer Revolution aus der Haft befreien, wird er sagen: Genossen, ihr habt mir mein Spiel verdorben.«
6
W
ir proklamieren den Generalstreik. Der Berliner Arbeiter-und-Soldaten-Rat zieht mit. Ich habe mit Barth gesprochen. Die Matrosen sind auf unserer Seite. Die Mehrheit der Unabhängigen wird zu uns stoßen. Nie war die Gelegenheit günstiger.« Liebknecht stieß es heraus. Er war durch Piecks Vermittlung zu Ro sa und Jogiches in Wollitz’ Wohnung gestoßen. Und seitdem wurden aller Nerven noch stärker strapaziert.
»Karl, denken Sie an den Januaraufstand. Wir waren dagegen, haben trotzdem mitgemacht, und wir sind kläglich gescheitert.« Jogiches sprach ruhig.
»Aber ohne Niederlagen lernen die Massen nicht. Das geht nicht durch Aufklärung. Die beste Aufklärung ist die
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