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Das Luxemburg-Komplott

Das Luxemburg-Komplott

Titel: Das Luxemburg-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Ditfurth
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hörte sie schreien und wartete auf den Schuss in den Rücken. An einer Straßenecke bog er ab. Er atmete schwer, doch er musste weiter. An einer Haltestelle wartete die Straßenbahn zur Warschauer Brücke. Nassgeschwitzt setzte er sich hinein. Er fuhr zum U-Bahnhof, in der Friedrichstraße stieg er aus der U-Bahn, den Rest der Strecke zum Schiffbauerdamm, wo der Parteivorstand und die Redaktion der Freiheit saßen, lief er zu Fuß.
    Männer mit Gewehren in der Hand sicherten die Pforte. Am Eingang drängte Zacharias den Pförtner, er müsse einen leitenden Redakteur sprechen. Der Pförtner telefonierte. Endlich fand er einen Verantwortlichen. Wilhelm Dittmann selbst erklärte sich bereit, mit Zacharias zu sprechen.
    Ein junger Mann holte Zacharias ab. »Ich bringe Sie zum Genossen Dittmann«, sagte er.
    Der saß in einem kleinen Zimmer, in dem überall Papierstapel und Bücher herumlagen. Dittmann nahm einen Stapel Papier von einem Stuhl, Zacharias setzte sich.
    »Nun?« sagte Dittmann. Er war müde.
    »Die Genossin Luxemburg schickt mich …«
    »Dann gehören Sie also zu den Helden des Straßenkampfs.«
    Zacharias überhörte den Spott. »Ich habe eine wichtige Mitteilung für Sie und die Forderung, sie in der Freiheit zu veröffentlichen. Morgen schon.«
    »Aha«, sagte Dittmann. »Eine Forderung.«
    Zacharias berichtete von dem Soldaten und Eberts Geheimleitung. Dittmann hörte zu, der Spott wich aus seinem Gesicht. Er wurde nachdenklich. »Vielleicht ist es nicht ganz richtig, von einer Geheimleitung zu sprechen, da den Volksbeauftragten die Existenz einer be sonderen Verbindung zur Obersten Heeresleitung schon bekannt war. Aber es war uns nicht bekannt, dass Ebert sie benutzt und ein Abkommen mit Groener getroffen hat. Dann hätte Ebert hinter dem Rücken der USP- Beauftragten, also auch hinter meinem Rücken, mit den Militärs konspiriert. Jeden Abend! Wenn es stimmt, was Sie sagen.«
    »Ich kann Ihnen im Namen der Genossin Luxemburg mitteilen, dass dieser Soldat ihr persönlich berichtet hat und dass die Genossin Luxemburg nicht den geringsten Zweifel hat, dass der Bericht stimmt.«
    »Wenn man glaubt, was man glauben will«, sagte Dittmann. Dann murmelte er: »Hinter meinem Rücken.« Er stand auf und lief umher. »Hinter meinem Rücken. Ich habe es immer geahnt. Wir hatten nicht einmal einen Zipfel der Macht. Ebert und seine Leute haben uns benutzt als Galionsfiguren, um die Arbeiter zu täuschen. Und wir sind darauf reingefallen.«
    Zacharias sagte nichts. Er merkte, er hatte Glück. Dittmann fügte Teile seiner Erinnerung neu zusammen. Die unabhängigen Volksbeauftragten hatten bis Ende Dezember mitgemacht, dann waren sie aus der Regierung ausgetreten, weil die USP Eberts Politik nicht mehr mittragen wollte.
    »Können Sie es irgendwie beweisen?«
    »Wir haben nur den Bericht. Ich war dabei, als der Mann berichtete. Ich habe nicht den geringsten Zweifel.«
    »Ob es diese Leitung heute noch gibt?«
    »Sie meinen, inzwischen von Weimar nach Kassel?«
    »Davon gehe ich aus. Nein, ich meine von der Reichskanzlei zu Groener. Die Leitung, wenn es sie noch gibt, wird natürlich nicht mehr benutzt. Aber warum sollte sie es nicht mehr geben? Man müsste in Eberts damaliges Dienstzimmer gehen und die Telefone ausprobieren. Dann hätte man vielleicht einen Beweis. Zwar nicht für das Abkommen, aber dafür, dass es möglich war. Wenn ich an die Öffentlichkeit trete, glauben mir die Spartakisten und die Anhänger meiner Partei, aber nicht die Mehrheitssozialdemokraten. Wir werden Ebert nicht zwingen können, die Existenz des Abkommens zuzugeben. Aber wenn wir mindestens die Existenz der Leitung unbezweifelbar belegen können, das wäre doch was. Da ließe sich was draus machen.«
    Zacharias wusste, wie gefährlich es sein würde, den Beweis zu erbringen. Und doch war die Aussicht verlockend. Er überlegte, wie er es anstellen könnte. »Haben Sie noch ein Dokument mit Eberts Unterschrift?«
    Dittmann lächelte. »Für so etwas ist bei uns der Genosse Däumig zuständig.« Er griff zum Telefonhörer, wählte, wartete, dann sagte er: »Haben Sie ein paar Minuten Zeit? Dann kommen Sie bitte in mein Zimmer.«
    Kurz darauf öffnete sich die Tür. Zacharias kannte Däumig von Bildern und Berichten. Der war einer der Führer der Novemberrevolution gewesen, und jetzt war er ein wichtiger Mann des linken Flügels im Vorstand der USPD. Dittmann forderte Zacharias auf, noch einmal zu berichten. Als der fertig war, sagte

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