Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Luzifer Evangelium

Das Luzifer Evangelium

Titel: Das Luzifer Evangelium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
Vom Netzwerk:
Innentüren in den Baracken war mit Schloss und Schlüssel ausgestattet.
    In der Natur gibt es zwei Überlebenstaktiken: Entweder man geht zum Gegenangriff über, oder man stellt sich tot.
    Ich gehöre eher zu denen, die sich tot stellen.
    Wäre ich kräftiger gewesen, mutiger und kaltblütiger, und hätte meine Brille nicht einen halben Meter entfernt auf dem Tisch gelegen, hätte ich mich vielleicht – vielleicht! – aus dem Bett gewälzt und über den Boden gerollt, wäre auf die Beine gesprungen und hätte dem Mönch, der allem Anschein nach in der Türöffnung stand und danach strebte, meinem Körper Blut abzuzapfen, mit meiner Ferse den Kiefer zertrümmert.
    Aber ich bin nicht kräftig. Ich bin nicht mutig. Kaltblütig schon gar nicht. Und sonderlich gut im Kickboxen oder Neutralisieren von Gegnern war ich nie.
    Also blieb ich liegen. Steif vor Schreck. In der Hoffnung, dass das, was mich geweckt hatte, einem Missverständnis geschuldet war. Falsches Zimmer. So was in der Art.
    Ich hörte etwas vorbeihuschen.
    Hörte ein Sausen …
    Ein Zischen …
    Und dann nichts.
    2
    »Lillebjørn!«
    Papas Stimme. Ich bin zwölf Jahre alt. Ganz oben in der Felswand kann ich ihn sehen. Es sieht aus, als würde er am Felsen kleben. Grüne und blaue Seile sind mit seinem Körper verbunden wie Stromkabel.
    »Lillebjørn!«
    Die Stimme ist hartnäckig.
    Mama schlägt mir ins Gesicht. Als ob ich etwas Schlimmes getan hätte.
    »Lillebjørn!«
    Mit einer blitzschnellen Bewegung, die niemals endet, dreht Papa sich um und macht sich von den Seilen los. Wie ein Vogel, oder vielleicht wie ein Engel, breitet er seine Flügel aus und schwebt.
    Mama klebt mir noch eine.
    »Lillebjørn!«, ruft Papa.
    Seine Flügel klatschen zusammen.
    Er fällt.
    Auf die Geröllhalde.
    »Lillebjørn!«, ruft Papa.
    Dabei ist er doch tot.
    3
    »Bjørn!«
    Nach Luft schnappend reiße ich die Augen auf. Ich kann nichts sehen. Nur eine Silhouette im Nebel.
    Die Mönche? Ich blinzelte. CC . Er saß auf meiner Bettkante.
    »Bjørn! Sind Sie wach, Bjørn?«
    Ich tastete nach meiner Brille.
    Hinter CC und Dick Stone standen vier Muskelpakete aus dem Sicherheitsteam und pressten sich Taschentücher vor Nase und Mund.
    »Bjørn!«, rief CC zum zigsten Mal.
    »Was ist los?«, fragte ich. Zumindest wollte ich das sagen. Die Worte, die aus meinem Mund quollen, klangen aber eher nach: A … ai … oos? Meine Zunge, wie der Rest des Körpers, fühlte sich gelähmt und leblos an. Als wäre mein Zahnarzt mit der Betäubungsspritze Amok gelaufen.
    »Mich haben sie auch erwischt«, sagte CC . Er sah tatsächlich nicht sehr frisch aus.
    »Wer? Was ist los?« Er? … As … is … os?
    »Irgendein betäubendes Gas. Mich haben sie vor zehn Minuten geweckt. Mein Raum wurde durchsucht. Ihrer wahrscheinlich auch. Aber sie haben nicht gefunden, wonach sie gesucht haben.«
    »Die Handschrift.« Heraus kam Hankri .
    4
    CC und ich brauchten den ganzen nächsten Tag, um wieder auf die Beine zu kommen. Unglaublich, welch medizinische Wunder eine heiße Dusche, das eine oder andere Aspirin, zehn Liter eiskaltes Wasser und eine Menge Schlaf ausrichten können.
    Unterdessen liefen die Ermittlungen des Sicherheitsteams auf vollen Touren. Mehrere von Dick Stones handverlesenen, engsten Mitarbeitern kamen vom FBI oder Secret Service. Der Mord und der Gasüberfall wurden taktisch und technisch überprüft, Fingerabdrücke und DNA -Proben sichergestellt. Alibis wurden abgefragt und potentielle Zeugen verhört.
    Keiner hatte etwas gesehen. Niemand hatte etwas gehört.
    Die Magnete, die CC geordert hatte, kamen mit einem Flieger am frühen Abend. Weder er noch ich waren in der Verfassung, sie auszuprobieren.

VII : Hölle
    1
    Die zehn bewaffneten Soldaten, die auf uns aufpassten, hoben sich als Silhouetten vor der flimmernden Sonne und der farblosen Tiefe des Himmels ab.
    Wir waren fünfzehn Personen, CC und mich mitgerechnet, die anwesend sein durften, als wir den Versuch unternahmen, die Tür mithilfe der Magnete zu öffnen. Die Ingenieure nannten unser Vorgehen Beltøs magische Methode . Ihr Sarkasmus war mehr als deutlich herauszuhören.
    »Bereit?«, fragte CC . Er wirkte nervös. Angespannt. Das war untypisch für ihn.
    »Natürlich.«
    Mit den Augen folgte ich einer Natter, die sich zwischen den Steinen entlangschlängelte. Ich zog CC etwas zur Seite.
    »Jetzt können Sie mir doch wohl sagen, was wir da drinnen finden werden?«
    »Wollen wir nicht erst die Tür öffnen?«
    » CC

Weitere Kostenlose Bücher