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Das Luzifer Evangelium

Das Luzifer Evangelium

Titel: Das Luzifer Evangelium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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laufen mir die Zeit und meine Gesundheit davon. Voraussichtlich werde ich meine Fragen mit ins Grab nehmen. Habe ich Sie richtig verstanden, Sie glauben, bei dem Text, den Sie aus Kiew mitgebracht haben, handelt es sich um Luzifers Evangelium ?«
    »Eine reine Vermutung. Darum bin ich hier. Ich hoffe, dass Sie mir weiterhelfen können.«
    Er bekam eine Hustenattacke. Monique half ihm in eine sitzende Position. Als der Husten sich schließlich wieder beruhigte, richtete sie sein Kissen so, dass er mit dem Rücken am Kopfteil des Bettes lehnte.
    »Wie haben Sie uns gefunden?«, fragte er.
    Ich erzählte ihnen von dem Internet-Forum. Von Moniques Profil und der E-Mail-Adresse. Von Marie-Élises Brief. Von der SMS mit ihrer Telefonnummer. Und von meiner Telefonrunde.
    »Da sieht man es mal wieder. Man kann gar nicht vorsichtig genug sein«, sagte Dirk van Rijsewijk. »Ich will einfach nur meine Ruhe haben. Zurückgezogen leben, für mich. So ist es mir am liebsten. Es gibt so viele Menschen, die …« Er brach den Satz ab. »Arme Marie-Élise. Sie hat uns hier besucht. Mehrmals. Was können Sie uns über den Mord sagen?«
    »Vermutlich wurde sie von denselben Menschen ermordet, die auch Keiser und Koroljov umgebracht haben. Zumindest wurde sie auf die gleiche Weise getötet. Ganz offensichtlich besteht da ein Zusammenhang. Ich weiß nur nicht, welcher.«
    »Eine echte Tragödie. Und was für eine grausige Tat. Mir ist nie in den Sinn gekommen, dass wir Marie-Élise in Lebensgefahr bringen könnten. Ich fühle mich in hohem Maße mitverantwortlich für ihren Tod. In hohem Maße.«
    »Die Mörder …«, fragte ich, »… sind das Satanisten?«
    Dirk van Rijsewijk musterte mich eine Weile, ehe er antwortete.
    »Satanisten? Was für eine merkwürdige Frage.«
    »Wieso merkwürdig? Ist es so abwegig, dass Satanisten Luzifers Evangelium hinterherjagen?«
    »Was wissen Sie eigentlich über Satanismus?«
    »Nicht viel. Teufelsanbeter, die schwarze Messen veranstalten, in denen sie christliche Rituale und Symbole verhöhnen und verzerren. Sie opfern Säuglinge, brennen Kirchen nieder und feiern Sex-Orgien …«
    »Sollten Sie woanders als zwischen zwei Buchrücken oder auf der Kinoleinwand auf solche Teufelsanbeter treffen, haben Sie es garantiert nicht mit echten Satanisten zu tun.«
    »Und was ist ein echter Satanist?«
    Dirk van Rijsewijk setzte sich im Bett zurecht. »Ja, was ist Satanismus? Der Glaube an Satan als Leitfigur des Daseins? Satanismus ist keine eindeutige Religion, mehr ein Konglomerat aus alternativen und divergierenden Glaubensrichtungen. Die Luziferianer bekennen sich eher zu einer Philosophie als zu einer Religion. Sie gehen davon aus, dass Luzifer und Satan unterschiedliche Gottheiten sind und Luzifer der positivere Aspekt Satans ist. Thelema, das 1904 von dem Okkultisten Aleister Crowley initiierte philosophisch-religiöse System, zielt in eine ganz andere Richtung. Die Hauptparole der Thelemiten lautet: Tu, was du willst! Ein Jünger neuerer Zeit war Anton La Vey. Er war Hohepriester der Church of Satan, die er 1966 gründete. La Vey entwickelte einen avancierten Glaubensapparat. In seinen Büchern legte er Gewicht auf Individualismus, Materialismus und Hedonismus. Eins haben nämlich die meisten Satanisten gemein: das Streben nach Weisheit, Wissen und Weiterentwicklung.«
    »Und die Anbetung des Bösen.«
    »Satanismus handelt nicht vom Bösen. Das ist die Definition der Christen. Im theistischen Satanismus wird Satan wie eine göttliche Kraft verehrt, so wie die Christen Gott verehren. Sie vertreten nur ungleiche Werte. Auch wenn sie Satan anbeten, ehren sie zu allererst das Ich und den Individualismus. Die Christen lieben ihren Nächsten. Die Satanisten lieben sich selbst. Aber jetzt habe ich eine Frage an Sie, Herr Beltø. Wie sind Sie auf Giovanni Nobile gestoßen?«
    »Über einen Wikipedia-Link mit einem Verweis auf die Internetseite einer Universität in Oxford. 1969 hat Nobile einen Artikel in der Rivista Teologica über Luzifers Evangelium geschrieben. Darin bezweifelte er, dass es überhaupt existiert.«
    »Aha, verstehe. Den Artikel habe ich auch gelesen. Er konnte störrisch sein, der gute Nobile. Er leugnete die Existenz der Handschrift, bis sie ihm in den Schoß gelegt wurde.«
    »Ich habe bei der Universität angerufen und versucht, ihn ausfindig zu machen. Man hat mich mit jemandem verbunden, der ihn kannte.«
    »Aldo Lombardi?«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Ich kenne ihn. Ein

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