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Das Luzifer Evangelium

Das Luzifer Evangelium

Titel: Das Luzifer Evangelium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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wären wir alte Freunde. »Sie sehen schon viel frischer aus.«
    »Seien Sie nicht albern. Ich weiß genau, wie ich aussehe.«
    Mit einem von Gas, Schlaf und einem ziemlich angekratzten Selbstbewusstsein verschleierten Blick versuchte ich, ihm direkt in die Augen zu schauen. Wenn ich sehr müde bin oder betrunken – oder wenn die Ärzte in der Psychiatrie mir ein paar zu viele von den rosa Pillen gegeben hatten –, neige ich zum Schielen. Meine dicken Brillengläser verschlimmern das Elend nur noch. Das Schielen ist also nicht sonderlich vorteilhaft für mich.
    4
    Sich mit schönen Dingen zu umgeben, hat nicht nur etwas mit Eitelkeit zu tun. Es könnte genauso gut der Versuch sein, Harmonie im Dasein zu schaffen, eine Art Feng Shui der Seele. Die Suche nach der Ruhe im Schönen.
    Professor Aldo Lombardi sah aus, als hätte er diese Ruhe gefunden. Er erwartete uns in einem prunkvollen Raum mit Samttapeten, barocken Malereien und Kronleuchtern.
    Heuchler.
    »Wie geht es Ihnen?«, fragte er, aufgesetzt besorgt, als ich in den Raum taumelte.
    Ich hätte ihm am liebsten eine geklebt. Aber dazu war ich viel zu schwach.
    Aldo Lombardi räusperte sich bedauernd. »Es tut mir leid, dass ich Sie, in gewisser Weise, hinters Licht geführt habe. Ich habe an keiner Stelle gelogen, das möchte ich betonen. Aber ich habe Ihnen auch nicht die volle Wahrheit gesagt.«
    Die alten Ledersessel knarrten, als wir uns setzten. Eine Haushälterin brachte ein Tablett mit Kaffee und Tee herein. Klirrend richtete sie Tassen und Teller auf einer Glasplatte an, die auf versilberten, schnörkeligen Beinen ruhte. Sie schenkte Monique Tee ein, CC , Aldo und mir Kaffee.
    »Wer sind Sie?«, fragte ich, als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte. Meine Stimme zitterte. Das irritierte mich. »Was haben Sie mit uns vor?«
    »Ich verstehe Ihr Misstrauen gut«, sagte CC . »Sie fürchten verständlicherweise, dass wir hinter den Entführungen und Morden stehen.«
    »Der Gedanke hat mich durchaus gestreift.«
    »Es gibt zwei Gruppierungen, die hinter Luzifers Evangelium her sind. Zwei vollkommen unterschiedliche Gruppierungen. Aldo und ich repräsentieren die eine. Die andere Gruppierung – die Mönche – ist eine religiöse Sekte, die sich Drăculsângeer nennt. Der Name bedeutet so viel wie ›Blut des Drachen‹.«
    » Luzifers Evangelium ist einer von vielen Texten, der ihrem Glauben zugrunde liegt«, erklärte Aldo Lombardi. »Das Problem ist nur, dass die Drăculsângeer – wie alle anderen – die Schrift falsch gedeutet haben.«
    »Ein religiöser Orden? Der mordet?«, schrieb Monique und hielt den Block hoch, damit alle es lesen konnten.
    »Ein Paradoxon«, sagte Aldo Lombardi. »Oder? Ein ebenso großes Paradoxon wie die Kreuzzüge im Mittelalter und die Inquisition. Oder der islamische Dschihad und die Selbstmordattentäter. Die Bibel ist voll von Beispielen, wie man zur Erlangung eines höheren Ziels sein Leben opfern kann. Die Drăculsângeer sind genau wie die Jesuiten der Ansicht, dass der Zweck die Mittel heiligt. Sie vertreten Gottes und Satans Interessen auf der Erde.«
    »Satans Interessen?«
    »Sie verehren Luzifer«, sagte CC . »Sie als Extremisten zu betiteln, ist nicht zu hart formuliert. Diese Mönche sind Fanatiker, die in jeglicher Hinsicht in der Vergangenheit leben.«
    »Und wer sind dann Sie? The good guys ?«
    »Wir sind Forscher«, sagte CC . »Wissenschaftler. Wir gehören einer großen Forschungsorganisation an, die den Codenamen The Lucifer Project trägt.«
    » The – what ?«
    »Das Luzifer-Projekt. Die Projektgruppe setzt sich aus führenden Experten unterschiedlicher Forschungsbereiche zusammen: Archäologen, Historiker, Theologen, Paläografen, Anthropologen, Philosophen, Linguisten, Physiker, Astronomen, Biologen, Mathematiker, Soziologen, Psychologen, um nur einige zu nennen …«
    Ich suchte Aldo Lombardis Blick. »Und Ihre Rolle?«
    »Ich bin einer der Theologen des Projektes.«
    »Alles, was Sie über Satan gesagt haben …«
    »… ist wahr. Satans Sohn wird in Luzifers Evangelium tatsächlich nicht explizit erwähnt. Aber genau das glauben die Drăculsângeer. Glauben! Was das betrifft, haben sie den alten Text falsch gedeutet. Sie haben ihre eigene Interpretation in die Weissagungen hineingelesen. So wie Priester hin und wieder die Bibel fehlinterpretieren oder Imame den Koran.«
    »Und die Drăculsângeer sind so besessen davon, die Handschrift in ihren Besitz zu bringen«, sagte CC , »um Satans

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