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Das Luzifer Evangelium

Das Luzifer Evangelium

Titel: Das Luzifer Evangelium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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wird nicht als so repräsentativ angesehen.

Das Konzil von Nicäa verknüpfte die Macht der Kirche mit der weltlichen Macht. Somit schaffte das Konzil das Fundament für die Symbiose der christlichen Kirche mit der Staatsmacht.
    3.2 – Konzil über Luzifers Evangelium
Ein verbreiteter Mythos ist, dass während des Konzils apokryphe Texte verbrannt wurden. Eine solche Zensur ist nicht in historischen Quellen dokumentiert.
Jedoch: Laut Potheinos beschloss ein engagierter Kreis von Bischöfen, Luzifers Evangelium sei zu vernichten. Eine Theorie lautet, dass die Handschrift Formulierungen enthielt, von denen man befürchtete, sie könnten die vorherrschende antiarianische Stimmung unter den Bischöfen kippen. Da Potheinos einem Bischof diente, der die umstrittene arianische Sichtweise Kaiser Konstantins und seines Landsmannes Arius nicht teilte, kann diese Behauptung nicht ohne Weiteres ad acta gelegt werden. Plausibel ist, dass die angeblich satanischen Inhalte des Textes den Beschluss über die Vernichtung provoziert haben. Eine dritte Theorie, die sich auf eine Passage aus der Kirchengeschichte Bischof Eusebius’* bezieht, geht davon aus, dass die Handschrift magische Formeln enthielt, die bei Missbrauch Satan herbeirufen könnten. Luzifers Evangelium wird in keiner bekannten autoritativen Quelle des Konzils erwähnt. Laut Eusebius wurde der Beschluss zur Verbrennung geheim gehalten, und nur wenige Bischöfe waren daran beteiligt. Drei Mönche – Potheinos, Nicasius und Jacob – bekamen den Auftrag, den Text zu verbrennen. Keiner von ihnen war offizieller Abgesandter, sondern Gehilfe ihrer jeweiligen Bischöfe. Über die Auftraggeber schreibt Potheinos:
    * Eusebius von Caesarea (ca. 250–340), Bischof, der häufig als Vater der Kirchengeschichte bezeichnet wird.

Sie kamen im Schutz der Dunkelheit. Spät am Abend klopften sie an meine Tür. Drei Männer, die ich aus dem Palast wiedererkannte, traten ein und sagten, sie kämen in einer heiligen Angelegenheit: Ich, Potheinos von Theben und Alexandria, sei einer der Auserwählten.
    3.3 – Ungehorsam der Mönche
Die drei jungen Mönche übernahmen den Auftrag, die ketzerische Schrift zu vernichten. Aber kurz darauf änderten sie offenbar ihre Meinung. Potheinos schreibt:
Doch wir wunderten uns. Mit welchem Recht sollten wir, für immer und ewig, einen Text vernichten, den wir gar nicht gelesen und zu verstehen versucht hatten? Mit welchem Recht sollten wir Worte dem Feuer übergeben, die andere als heilig ansahen?
Die drei kamen also überein, den Text zu retten. Die Begründung ist nicht eindeutig formuliert – außer einer generellen Ehrfurcht vor einer alten und heiligen Schrift –, aber es besteht Anlass zur Annahme, dass die drei (angeführt von Nicasius) ihren Auftrag untereinander diskutierten (angespornt von Kräften, die bestrebt waren, den Text vor der Vernichtung zu bewahren). Das Fehlen ideologischer Begründungen für den Ungehorsam lässt uns nicht ausschließen, dass sie bestochen wurden.
Bestechung wäre eine naheliegende Erklärung, da die drei Mönche durch ihr Handeln auch mit ihren Vorgesetzten – den Bischöfen – brachen und damit ihre Stellung und ihr Auskommen verloren. Eine große Geldsumme hätte ihnen die Grundlage für ein neues Leben gegeben.
Die Motivation – ideologischer, religiöser, prinzipieller oder wirtschaftlicher Natur – spielt im Nachhinein eine weniger wichtige Rolle. Potheinos schreibt:
Die Handschrift war in drei Teile geteilt. Und wir waren drei. So wurden wir – und die Schrift – ein Zerrbild der Heiligen Dreifaltigkeit, die das Konzil beschließen wollte, einer und drei zugleich.
Sie vereinbarten, sich in Theben wiederzutreffen und die drei Teile der Handschrift der Bibliothek in Alexandria zu übergeben. Aber da sie fürchteten, verfolgt zu werden, wählten sie unterschiedliche Reiserouten.
    4 – Die drei Mönche
    4.1 – Potheinos
Potheinos wurde um 300 in einer christlichen (koptischen)* Familie in der Nähe von Theben geboren:
Meine Vorgesetzten betrachteten mich stets als aufgeweckten, gelehrigen, frommen und tugendhaften Schüler; darum wurde ich schon als junger Knabe in ein Kloster geschickt, um dort unter kundiger Anleitung mein Wissen über unseren Herren Jesus Christus zu nähren, ihm zu dienen und ihn zu ehren, wie der Apostel Markus es gepredigt hat.
Im Alter von 20 Jahren wurde Potheinos nach Alexandria im Norden Ägyptens geschickt. Dort diente der Mönch unter dem Papst von Alexandria** als

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