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Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)

Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)

Titel: Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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meine Nachbarin, weil die wohnt im Nebenhaus.«
    Florian widerstand der Versuchung, Oma Gant die Pfefferminzlikörflasche über den Kopf zu hauen, vielmehr öffnete er sie und goss das Glas noch einmal voll, während er die Vorzüge der »so unverschuldet ins Missgeschick« geratenen Frau Künzel über sich ergehen ließ. Demnach hatte der unverhofft gestorbene Gatte – »einfach umgefallen is er, und denn war er tot« – die Familie mit einer mageren Beamtenpension zurückgelassen, die von Frau Künzel durch Halbtagsarbeit aufgebessert wurde. »Die Büros von die Krankenkasse putzt sie, aber immer erst so ab vier, wenn die Leute raus sind, und danach noch beim Bäcker Schmerlich den Laden. Da kriegt sie dann wenigstens übrig gebliebene Brötchen oder mal’n alten Kuchen. Aber die Kinder sind denn natürlich allein, und da hat sie immer Angst. Der Große is ja schon zehn, tüchtiger Junge, holt mich immer die Kohlen rauf, aber das Mädelchen is erst fünf, und nu muss der Junge immer auf ihr aufpassen und kann nie nich weg bei seine Freunde oder mal ins Fußball und so. Viel lieber würde die Frau Künzel vormittags was arbeiten, da is die Kleine im Kindergarten und der Große in die Schule, aber sie hat ja nie nichts gelernt. Früh geheiratet, denn gleich das erste Kind und immer nur Hausfrau. Wäre ja auch allens gut gegangen, der Mann die schöne Laufbahn bei die Post, war schon beinahe Obersekretär, isser aber doch nicht mehr geworden, weil er noch rechtzeitig gestorben is.«
    Während Florian sich das Lachen verkneifen musste, stellte Tinchen schon praktische Überlegungen an. Da Julia ohnehin täglich aus dem Kindergarten abgeholt wurde, würde man künftig beide Mädchen herbringen, wo sie zusammen spielen konnten, bis Frau Künzel mit ihrer Arbeit fertig war. Vielleicht ließe sich sogar einrichten, dass beide noch hier aßen, bevor sie nach Hause gingen, es blieb sowieso zu viel übrig.
    Mitten in ihre Pläne platzte Florians nahe liegende Frage: »Und Sie glauben wirklich, diese Frau Künzel würde ihre Krankenkassenfußböden und die kostenlosen Schrippen gegen dieses Irrenhaus hier eintauschen?«
    »Bestimmt!« Die behäbig auf ihrem Stuhl thronende und jetzt unablässig mit dem Kopf nickende Oma Gant erinnerte Florian an eine Buddhafigur. »Die Frau Künzel is nämlich mit Leib und Seele Hausfrau. Und hier kann se doch auch mal mit Menschen reden und nich immer bloß mit leere Schreibtischstühle.« Doch, sie würde gleich bei ihr vorbeigehen, sonntags sei sie immer zu Hause, höchstens ein bisschen spazieren mit die Kinder, aber heute sicher nicht, ist ja viel zu windig, wo doch die Kleine Maleschen mit die Ohren hat, und danach riefe sie dann gleich an. Nein, nein, keinen Likör mehr, wie sehe das denn aus, eine alte Frau und betrunken. Und das auch noch am Sonntag.
    »Betrunken ist sie nicht, aber ganz schön angeschickert«, grinste Florian, als er der endlich davontrottenden Oma Gant nachblickte. »Sieh mal, sie muss sich regelrecht an ihrem Streuselkuchen festhalten.«
    Martha hatte nämlich behauptet, der Kuchen sei ihr diesmal zu trocken geraten, würde aus den Ohren stauben und wahrscheinlich sogar von den Enten im Stadtgarten abgelehnt werden. »Denn geben Sie den mich man mit«, hatte Oma Gant gemeint, »besser wie Hefezopf isser allemal. Ich tunk ihn einfach in mein’ Milchkaffee.«
    »Du hättest sie doch nach Hause fahren sollen«, sagte Tinchen vorwurfsvoll.
    »Sie wollte ja partout nicht. Außerdem wird ihr die frische Luft ganz gut tun. Vielleicht war es doch keine so gute Idee, sie als Parlamentär vorzuschicken. Wenn diese Frau Künzel wirklich eine so grundsolide Frau ist, könnte sie aus Omas beschwingtem Zustand falsche Schlüsse ziehen.«
    »Wieso falsche?«
    Noch vor dem Abendessen kam der erlösende Anruf. Frau Künzel selbst war am Apparat – eine sehr sympathische Stimme, fand Tinchen –, bedankte sich für das Angebot, und ob es recht sei, wenn sie am nächsten Vormittag vorbeikäme? Das war Tinchen sehr recht. Florian ebenfalls. Eine Postsekretärwitwe, die sich mit Schreibtischstühlen unterhielt – die wollte er schon kennen lernen.

    Bisher hatte Tinchen noch niemals eine Putzfrau beschäftigt, geschweige denn die Präliminarien abgewickelt, die solch einer Einstellung vorauszugehen haben. Wonach hatte man denn bloß zu fragen? Können Sie Fenster putzen? Blödsinn, das konnte jeder, nur konnten es manche eben besser als andere. Wie oft bohnern Sie? Auch

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