Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)

Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)

Titel: Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
Vom Netzwerk:
Schliers war übrigens noch nicht abgeschlossen. Genau eine Woche nach ihrem freiwilligen Abgang klingelte nachts das Telefon. Als Florian sich mit verschlafener Stimme meldete, tönte zu seinem Entsetzen die beherrschte Stimme seiner Schwägerin aus dem Hörer. »Guten Abend, Florian, ich hoffe, ich habe dich nicht gestört?«
    »Aber gar nicht, liebe Gisela«, gähnte er mit einem Blick auf die Uhr. »Es ist kurz nach halb zwei, und um diese Zeit füttere ich immer die Eichhörnchen im Garten.«
    »Entschuldige«, kam es nach kurzem Schweigen zurück, »ich hatte die Zeitverschiebung vergessen.« Es folgte ein langer Monolog, der mit den charakterlichen Vorzügen von Frau Schliers begann, fortgesetzt wurde mit einer Definition der Begriffe Eigenmächtigkeit, Treuebruch und Verantwortungslosigkeit, dann kam ein Vortrag über zweckmäßige Haustierhaltung, die im Übrigen generell abzulehnen sei, und schließlich gipfelte das Gespräch in der Forderung, dass Frau Schliers umgehend wieder einzustellen sei.
    Hier allerdings streikte Florian. Er bearbeitete das Telefon mit der Nachttischlampe, ließ kurz den Hörer fallen, tippte ein paar Mal an die Gabel und flüsterte in halbabgerissenen Sätzen: »Ich glaube, die … Bindung … stört … kann schlecht verste … morgen wieder … rufen, am … schreiben.«
    Befriedigt legte er den Hörer auf. »Die Hahneblank muss ihrer Empörung per Eilboten Luft gemacht haben.«
    »Amerika, du hast es besser«, sagte Tinchen schläfrig, »da wird sogar nachts Post ausgetragen.«

Tante Klärchen
    W as bedeutet Ostern für euch?«
    »Schokoladenhasen«, piepste Julia.
    »Ferien«, sagte Tobias.
    »Lammbraten mit Sahnesoße«, schwärmte Tinchen.
    »Wache schieben«, brummte Urban.
    »Vierzehn Tage Butterbrot mit hart gekochtem Ei.« Das war Rüdiger.
    Die Familie, soweit vorhanden und mit künstlerischen Ambitionen behaftet, saß um den Küchentisch und bemalte Eier. Das war Florians Idee gewesen. Er wollte feststellen, ob Jugendliche sich noch für überlieferte Traditionen interessieren und bereit sind, sie aufrechtzuerhalten. Eierfärben gehörte nach seiner Ansicht dazu, und es hatte ihn überrascht, mit welcher Begeisterung sein Vorschlag angenommen worden war.
    »Wouwhh!«, hatte Melanie geschrieben, »das haben wir seit ewigen Zeiten nicht mehr gemacht. Früher hat sich Marthchen mit uns immer zusammengesetzt, aber in den letzten Jahren wurden die Eier gleich fertig gekauft. Ein Dutzend rote, ein Dutzend grüne – war ganz egal, gegessen hat sie sowieso keiner.«
    Florian strahlte. Seine Theorie stimmte also doch, dass man sogar ältere Teenager zu sinnvoller Tätigkeit im Kreise der Familie bringen konnte, sofern man sie entsprechend motivierte. Er nahm sich vor, diese Erkenntnis durch weitere Tests zu untermauern und nach den Feiertagen gemeinsames Arbeiten im Garten anzusetzen. Tinchen wollte ein Gemüsebeet haben. Martha eins für Küchenkräuter, und für Tobias und Julia hatte er ein kleines Stück Land vorgesehen, das sie selbst bepflanzen und betreuen sollten. Man muss Kinder früh genug an Verantwortung gewöhnen.
    Allerdings stand diesem Entschluss noch das beharrliche Veto von Herrn Biermann gegenüber, der sich strikt geweigert hatte, einen ganz kleinen Teil seines Rasens den geplanten Salatköpfen zu opfern. »So was stört die Symmetrie«, hatte er gesagt, »kaufen Sie die Petersilie gefälligst weiter im Laden. Der Professor hat sich nie um den Garten gekümmert, sondern die Verantwortung mir übertragen, und da bleibt sie auch!«
    »Zu Befehl!«, hatte Florian gesagt, eine zackige Kehrtwendung gemacht, war ums Haus marschiert und hatte hinten bei den Beerensträuchern mit Schaschlikstäbchen das Terrain für die Gemüsekulturen abgesteckt. Mit den notwendigen Erdarbeiten wollte er beginnen, sobald Herr Biermann zum alljährlichen Kameradschaftstreffen fuhr, das diesmal in Itzehoe stattfinden und drei Tage dauern sollte.
    Urban malte Stahlhelme auf ein graugrün gefärbtes Ei. »Das bringe ich meinem Spieß mit! Dem habe ich es wieder mal zu verdanken, dass ich am zweiten Feiertag Bereitschaftsdienst schieben muss.«
    »So ganz ohne Grund?«, fragte Florian mit einem Augenzwinkern.
    »Reine Schikane!«, behauptete Urban. »Oder findest du es schlimm, wenn man eigenmächtig unklare Bezeichnungen durch präzise Formulierungen ergänzt? Die hatten nämlich in der Schreibstube neue Kleiderhaken angebracht und unter einen davon ein Schild genagelt: Nur

Weitere Kostenlose Bücher