Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)
für Offiziere. Ich wollte gerade ein zweites drunterkleben, als der Uffz reinkam.«
»Was hat denn draufgestanden?«
»Es können auch Mäntel aufgehängt werden.«
»Finde ich ganz originell«, bestätigte Tinchen, »hat dieser Mensch keinen Humor?«
»Der doch nicht! Der sollte am besten auf den Friedhof gehen und warten, bis er drankommt.«
Julia warf ihren Pinsel hin, mit dem sie rote Punkte auf ein gelbes Ei gekleckst hatte, und kletterte auf Urbans Schoss. »Schade, dass du nicht mit uns Ostereier suchen kannst, aber der Osterhase versteckt dir bestimmt auch welche in der Kaserne.«
»Da haben wir schon genug. Die sind schwarz, und wenn man sie wegwirft, gibt es einen mächtigen Knall.«
»Au fein, bringst du mir welche mit?«
»Ganz bestimmt nicht, Julchen.« Als er ihr enttäuschtes Gesicht sah, verbesserte er sich sofort. »Die schmecken sowieso nicht. Ich verspreche dir aber ein ganz großes Schokoladenei mit einer noch viel größeren Schleife drumrum.«
Begeistert schlang sie die Arme um seinen Hans. »Ich hab’ dich ganz doll lieb, Onkel U-Bahn. Willst du mich heiraten?«
Lächelnd stellte er sie wieder auf den Boden. »Später vielleicht, wenn du größer bist.«
Sie überlegte einen Moment. »Das geht nicht, dann heirate ich selber.«
In den Heiterkeitsausbruch platzte Clemens mit einem Brief in der Hand. »Guckt denn keiner von euch mal in den Kasten? Was, wenn das jetzt eine Nachricht von der Lottozentrale wäre? Ihr könntet Millionäre sein und wüsstet es nicht einmal.«
»Ich spiele doch gar nicht. Als Kind habe ich schon nicht an den Weihnachtsmann geglaubt, und jetzt soll ich Lottozahlen tippen?« Florian griff nach dem Luftpostbrief mit der amerikanischen Marke, sah kurz auf die Adresse und legte ihn wieder hin. »Der ist für deinen Vater.« Dann nahm er das Kuvert noch einmal hoch, las den Absender und setzte sich plötzlich kerzengerade auf. »Du lieber Himmel, der kommt von Tante Klärchen.«
»Warum schreibt sie denn hierher?«, wunderte sich Melanie. »Das hätte sie doch bequemer haben können.«
»Vor allem billiger«, ergänzte Rüdiger. »Bei ihrem ausgeprägten Geiz ein entscheidender Faktor.«
»Mir schwant so dunkel, als ob Fabian ihr gar nicht mitgeteilt hat, dass er jetzt drüben ist«, sagte Florian grimmig.
»Da könntest du Recht haben. Er hätte sie doch gleich auf dem Hals. Sie nistet sich überall da ein, wo sie kostenlos unterkommen kann.«
»Das würde ich noch verstehen, wenn sie es nötig hätte, aber mit ihren Aktien könnte sie doch ihre ganze Penthauswohnung tapezieren.«
»Und wenn sie mal abkratzt, dann tauscht sie die Aktien in Reiseschecks ein und nimmt alles mit«, prophezeite Rüdiger.
»Aufhören!!«, donnerte Florian. »Es handelt sich immerhin um eure Großtante.«
Claire MacPherson, die bis zu ihrer aber schon sehr späten Heirat Klara-Mathilde Bender geheißen hatte und von der ganzen Familie bereits als alte Jungfer abgeschrieben worden war, hatte ihrem Bruder eines Tages eröffnet, dass sie sich zu verehelichen gedenke und mit ihrem Auserwählten in die Staaten gehen werde, denn von dort käme er her. Florians Vater hätte jeden Bewerber akzeptiert, der ihm seine altjüngferliche Schwester vom Halse schaffte, ausgenommen vielleicht einen Heiratsschwindler oder einen Abkömmling des ostasiatischen Kulturkreises, aber er war dann doch überrascht gewesen, als er seinen künftigen Schwager zum ersten Mal zu Gesicht bekommen hatte. Donald McPherson war Amerikaner in der zweiten Generation, hatte schottische Vorfahren, rote Haare und eine Korsettfabrik. Seinen Geschäftsinteressen zuwiderlaufend liebte er jedoch schlanke Frauen und hatte in dem schon fast hageren Klärchen sein Ideal gefunden.
Man war sich in einem Stuttgarter Miederwarengeschäft begegnet, wo Mr. McPherson Korsetts verkaufen wollte, während Klara-Mathilde Bender ein solches zu erstehen gedachte. Nicht für sich selber natürlich, es war für ihre Schwägerin bestimmt, die für den bevorstehenden Archäologenkongress ihr Abendkleid brauchte und nicht mehr hineinpasste. Dank der fachmännischen Beratung von Mr. McPherson war der Kauf in kurzer Zeit abgewickelt, der Zug nach Tübingen fuhr erst in zweieinhalb Stunden, und so war Klärchen gern bereit, dem Fremden die Sehenswürdigkeiten der Landeshauptstadt zu zeigen. Als sie auf dem Fernsehturm zu Abend gespeist hatten, war auch der letzte Zug weg und Mr. McPherson gezwungen, seine Begleiterin in dem von ihm
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