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Das Mädchen Ariela

Das Mädchen Ariela

Titel: Das Mädchen Ariela Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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der irgendwo in Israel die heiligen Stätten besichtigte. Sicherlich ging es ihm gut. Nur die Sonne, ja … ›Harald, setz immer einen Hut auf, du weißt, Onkel Max hat mal einen Sonnenstich bekommen, bei den Pyramiden … ‹
    O Mutter. Wenn du wüßtest, wo ich jetzt liege.
    Frag nicht, warum. Frag bloß nicht, warum! Ich weiß jetzt die Antwort auf alle diese Fragen. Sie ist so schrecklich beschämend. Keiner will ein Feigling sein – das ist es.
    Der Urstolz des Mannes.
    Oder haben wir Männer anderes Blut?
    Es ist alles so beschämend, Mutter …
    In der Nacht kamen Müller, Drummser und Freitag ins King-David-Hotel zurück. Müde, schmutzig und ausgedörrt. Freitag ging sofort auf sein Zimmer und warf sich aufs Bett, Drummser stürzte sich an die Theke und goß drei Gläser Sprudelwasser hinunter – als Bayer! Nur Müller XII war in gehobener Laune, hatte ein zerbrochenes jordanisches Gewehr geschultert, marschierte durch die Hotelhalle und sang: »In der Heimat, in der Heimat, da gibt's ein Wiedersehn …«
    Drei Engländer, die still in einer Ecke der Halle ihren Whisky tranken, sahen sich verständnislos an. Dann lächelten sie.
    Jaja, die Kölner. Haben immer Karneval.
    Sorry …
    Der Krieg war jetzt vierzig Stunden alt.
    Sie fuhren über die alte Straße durch die Wüste Ghor nach Amman. Israelische Lastwagen überholten sie, bedeckten sie mit Staub, beachteten sie aber nicht. Hunderte Ochsenkarren wie der ihrige waren jetzt unterwegs, eine lange Schlange arabischer Flüchtlinge, die von Jerusalem wegzog, den alten Weg über Jericho zum Toten Meer und weiter nach Amman. Dreißigtausend waren unterwegs, hatten ihre Dörfer rund um Jerusalem verlassen, ihre Häuser aufgegeben , das Nötigste an Geschirr, Teppichen und Hausrat auf Karren, Esel, Kamele oder in große Säcke verschnürt … und jetzt wanderten sie durch die Wüste nach Osten, irgendwohin, wo Allah ihnen gnädig war, ohne Ziel, nur weg aus der Luft, die die Juden atmeten, nur weg von den Menschen, die sie mehr haßten als den Teufel ihres Korans. Ein Heer von Männern, Frauen, Kindern und Greisen wälzte sich am Straßenrand von Jerusalem weg. Schafherden wurden ne benher durch die Wüste getrieben. Ab und zu sah man Gruppen arabischer Flüchtlinge im Sand sitzen, ein Kreis um einen langgestreckten Körper, die Hände flach auf den Schenkeln. Sie beteten für den Toten, der am Straßenrand gestorben war.
    Narriman saß hinten in dem klapprigen Ochsenwagen mit den unbeschlagenen Holzrädern auf einer Kiste und hatte sich wie alle arabischen Frauen in schwarze wallende Tücher gehüllt. Mahmud, der die beiden langhörnigen gelben Ochsen lenkte, sah aus wie ein verhungerter Bauer. Sein Bart war schmutzig und wirr, seine Hosen waren an vielen Stellen zerrissen, und das Hemd, das er trug, war eine einzige Klage an die Not, aus der sie mit ihrer letzten Habe wegzogen in eine neue, noch unbekannte, noch größere Not. Aber frei von den Juden! Das mußte Allah segnen …
    Unter einem Berg von Decken und Teppichen lag Dr. Schumann auf dem harten Holzboden des Wagenkastens. Mahmud hatte ihn gefesselt, aber nicht geknebelt. Ab und zu hob Narriman einen Deckenzipfel hoch und setzte eine Wasserflasche an die aufgesprungenen Lippen des Arztes. Gierig trank er das warme Wasser und sah Narriman dankbar an.
    »Wo sind wir?« fragte er, als sie einmal hielten. Eine Panzerkolonne überholte sie. Alles mußte weg von der Straße. Schreiend trieben die Araber ihre Karren, Kamele und Schafe seitlich in die Wüste.
    »Kurz vor Jericho«, sagte Narriman. »Wenn Sie mir Ihr Ehrenwort geben, daß Sie sich vernünftig verhalten, dürfen Sie Luft schnappen.«
    Zwischen einigen Ruinen machten sie dann halt und aßen Mehlfladen und Ziegenkäse. Schumann mußte unter seinen Decken bleiben, aber Narriman räumte sie so weit zur Seite, daß er sich im Liegen bewegen konnte. Mahmud erkundigte sich bei einem anderen Flüchtling, der ein Transistorradio mitgenommen hatte, nach dem Stand der Kämpfe. Die jordanischen Kriegsmeldungen waren lückenhaft, die Israelis dagegen sprachen vom großen Siegen an allen Fronten. Mahmud war sehr traurig. Für ihn war diese Flucht von Jerusalem nach Amman kein Theater … für ihn war es Ernst. Sah er Jerusalem jemals wieder? Wenn man seinen Gang entdeckte, konnte er die Heilige Stadt aus seinem Gedächtnis streichen. Er liebte Jerusalem – es hatte ihn reich gemacht.
    »Diese Mühe, und ganz vergebens«, sagte Dr. Schumann, als er etwas

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