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Das Mädchen Ariela

Das Mädchen Ariela

Titel: Das Mädchen Ariela Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Fäden abbanden, die sie aus ihren Kleidern gezogen hatten. »Seht! Ein Sohn! Er soll Saad heißen! Saad! Gelobt sei Allah!«
    »Sehen Sie«, sagte Rishon leise zu dem Offizier, der bleich vor sich hinsah, »es geht auch ohne Sie.«
    »Und die Mutter? Sie gibt keinen Laut von sich …«
    »Was ist schon die Mutter? Er hat einen Sohn, er hat seinen Saad … das allein zählt!« Rishon zog das schmutzige Kopftuch tiefer in die Stirn. Die anderen vier Offiziere, die wie erbärmliche, von Hunger, Not und Haß ausgelaugte Beduinen aussahen, schlossen sich der Freude an und klatschten in die Hände.
    »Ich gebe ein Tuch!« rief eine Frau.
    »Ich kann eine Decke geben!«
    »Wollt ihr ein Hemd haben? Man kann es zerreißen zu Windeln!« Ein Mann zog sein einziges Hemd aus und warf es der Gruppe zu, die die junge Mutter umgab. Er schlug sich auf den nackten braunen schweißglänzenden Oberkörper und lachte. »Ich habe eine Schwester in Amman. Ihr macht es nichts aus, wenn ich nackt nach Hause komme!«
    Hilfreiche Hände hoben die Spenden über die Köpfe zur Mitte des Wagens. Es waren Taschentücher dabei, Lederriemen, ein Kissen, drei Matzen, eine Blechflasche mit kaltem Tee und ein Paket Preßdatteln.
    Auch Rishon gab etwas ab. Ein Lendentuch, das er als Ersatz im Gürtel getragen hatte. Da es das sauberste Stück Wäsche war, das man im Bus hatte, nahmen es die Frauen und wickelten den winzigen Saad hinein. Dann kümmerten sie sich um die junge Mutter, rieben sie mit schmutzigen Tüchern ab, die vor Sand knirschten, denn wer durch die Wüste fährt, hat überall Sand an sich.
    Und sie gossen ihr vorsichtig ein paar Hände voll Wasser über das entspannte Gesicht, gerade so viel, daß sie die Kühle spürte, denn Wasser war eine Kostbarkeit.
    »Sie lebt«, sagte Rishon zu dem Offizier neben sich. »Sind Sie nun zufrieden? Sie haben zuviel Herz! Werfen Sie es schnell in den Sand … denn da, wo wir hinfahren, sind Gefühle nicht erlaubt.«
    »Es war nur ein Rückfall. Entschuldigen Sie«, flüsterte der Offizier.
    »Solche Rückfälle können tödlich sein, für uns alle.« Rishon stellte sich auf die Zehenspitzen. Die junge Mutter saß nun wieder auf dem Autoboden, und sie lächelte sogar, als sie ihren winzigen braunen Sohn sah.
    »Allah sei gelobt!« rief Rishon in bestem Arabisch.
    Und alle im Bus hoben die Arme und schrien im Chor zurück: »Gelobt sei Allah!«
    »Nicht soviel Bewegung!« brüllte der Begleitsoldat neben dem Fahrer. »Der Bus fällt sonst um! Ruhe!«
    In Es Salt wurden Mutter und Kind ausgeladen. Während man die junge Frau einfach auf den staubigen, in der Sonne glühenden Marktplatz legte, trug der Vater den kleinen Saad herum und drückte ihn an seine Brust. Schnell sammelte sich eine große Menschenmenge um sie, und als der Bus weiterfuhr, sah man schon einen Krankenwagen auf den Marktplatz rasen.
    Das war der einzige Zwischenfall auf der Fahrt nach Amman. Ein paarmal noch begegneten ihnen jordanische Panzer und Reiter der berühmten Arabischen Legion auf ihren weißen, herrlichen Hedschas-Kamelen. Sie wurden mit Jubel und Händeklatschen begrüßt, und Rishon schrie in den Lärm: »Nieder mit den Juden! Kämpft weiter. Brüder! Siegt im Namen des Propheten!«
    Fröhlich waren alle, als der Bus in der Königsstadt ankam. Vor der El-Hussein-Moschee hielt er, und die meisten rannten zu dem Heiligtum, um Allah zu danken, daß sie den Juden entronnen waren. Rishon und seine vier zerlumpten Araber verabschiedeten sich mit langen Umarmungen von den anderen Reisenden. Man hatte sie liebgewonnen. Sie waren jordanische Patrioten. Sie wünschten den Juden die Hölle an den Hals. Einer der Offiziere sagte später, als sie allein auf dem Platz vor der Moschee standen:
    »Mein Gott, wie hassen uns diese Menschen! Es wird nie Frieden geben.«
    »Nie!« Major Rishon atmete tief auf. Amman, dachte er. Hier irgendwo, in einem dieser Häuser, zwischen den Dschebeln, in den Tälern, auf den Bergen, am Rande eines Wadis … irgendwo lebt sie! »Dieses ›Nie‹ sollte uns immer in den Ohren klingen. Wir sitzen nicht auf einem Pulverfaß … man hat uns mit Pulver vollgestopft!« Er sah sich um. Die Karte von Amman hatte er im Kopf. Lange genug hatte er darüber gesessen. Die Hashimi-Straße hinauf, dachte er. Von dort führt eine Brücke über das Wadi Amman zum Römischen Theater. »Los!« Er nickte seinen Offizieren in den zerlumpten Burnussen zu.
    Die fünf Araber fielen nicht auf in dem Menschengewühl, das sich

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