Das Mädchen Ariela
anzündete und den Rauch gegen die Decke blies.
Sie taumelte, sank dann in die Knie und warf den Kopf weit in den Nacken. Ihre großen schwarzen Augen schrien vor Angst.
»Sie haben mich vergiftet, Mahmud …«, stammelte sie. »Wie ist Ihnen das nur gelungen? Der gleiche Kaffee … oh, Sie Satan … aber man wird Sie trotzdem kriegen … Man … wird … Sie … hängen …«
Sie fiel in sich zusammen, aber es waren keine Krämpfe wie bei Oberst Kemal. Sie lag ganz still, atmete tief und schnarchte ein wenig.
Mahmud ließ sie liegen, rauchte seine Zigarette genußvoll zu Ende und weidete sich an ihrem Anblick.
Als die Zigarette zu Ende geraucht war, hob er Narriman auf und trug sie wie ein schlafendes Kind auf den Armen in den Nebenraum. Dort legte er sie auf den Diwan, trat ans Fenster und winkte. Von draußen antwortete ihm das Anlassen eines Motors.
Narrimans Auto wurde weggefahren.
Mahmud ging zurück zum Diwan und betrachtete die schlafende Narriman. Und während er so vor ihr stand, veränderte sich sein Gesicht auf schreckliche Art. Es wurde zu einer Fratze, zu einer teuflischen Maske, und es war, als wandle sich der ganze Mahmud nach diesem Gesicht, als werfe er eine Haut von sich und kehre wieder als anderes Wesen.
Rücksichtslos zog er Narriman aus.
Er riß ihr die Kleider vom Leib mit zerstörerischer Wut.
Was dann geschah, war schrecklich.
Mit einem dumpfen Brüllen, das entsetzlich und grausam war, stürzte er sich über Narriman, biß sie in die Schulter und mißbrauchte sie.
Am Abend wachte Narriman in einem der geräumten Pavillons auf. Sie lag unter einer seidenen Decke und fühlte, daß sie nackt und mit Wunden übersät war. Um das Haus rauschte der Wüstenwind.
Sie blieb liegen und rührte sich nicht. Sie sah an die goldverzierte Decke und überdachte ganz nüchtern ihre Lage.
Meinen Körper hat er genommen, dachte sie. Meinen Haß wird er nie zerbrechen.
Er hat einen Fehler gemacht, der kluge Mahmud. Er hätte mich töten müssen!
Es wird ein Fehler sein, den er nicht überlebt.
An meinem Körper, an seinem größten Schatz, wie er jetzt meint, wird er zugrunde gehen.
Eine Patrouille der jordanischen Armee fand an diesem Abend an der Straße nach Jerusalem einen brennenden Wagen. Die Frau, die aus den Flammen gezogen wurde, war unkenntlich. Man sah nur, daß sie schwarze Haare gehabt hatte und jung gewesen sein mußte.
Suleiman war sehr ernst, als er in der Nacht in Amman vor den herbeigeschafften Trümmern des Wagens stand. Er kannte Narrimans Auto, und er hatte schaudernd vor der verkohlten Leiche gestanden, die man im Keller des staatlichen Hospitals aufgebahrt hatte.
»Ist das Narriman Frank?« fragte der jordanische Polizeikommissar, in dessen Ressort dieser Unfall fiel. Suleiman nickte ergriffen.
»Ja. Es ist ihr Wagen. Und … und die Leiche … sie hatte solche Haare … und sie war einmal sehr schön …«
»Danke.«
Der Polizeikommissar grüßte Suleiman stramm und ließ ihn mit der Toten allein.
Ich habe sie geliebt, dachte Suleiman erschüttert. Aber keiner wußte es. Auch sie nicht. Vielleicht hätte ich es ihr gesagt, wenn unser großes Ziel erreicht gewesen wäre: die Bakterienbombe …
Nun wird sie die große Stunde nie erleben.
Er verneigte sich vor der Toten und verließ den Leichenkeller.
Er wußte nicht, daß er vor Aisha den Kopf gesenkt hatte.
Aisha, ein armes, kleines Syrierweibchen, das mit dreißig Jahren für Mahmud zu alt geworden war …
9
Nach dem tragischen Tod Narrimans auf der Straße nach Jerusa lem, dessen Ursache nie geklärt wurde – wie kann ein Auto plötzlich Feuer fangen, ohne vorher mit irgend etwas zusammenge stoßen zu sein? –, wurde Dr. Schumann eine Wache aus jordanischen Soldaten zugeteilt.
Sie bezogen die ganze untere Etage, stellten vor dem Eingang Schilderhäuschen auf und begannen im Vorhof der Villa zu exerzieren. Die Feldwebel brüllten, die Offiziere schrien … es war ein gewaltiger Lärm, den diese zwanzig Mann verursachten. »Wie bei uns!« sagte Schumann zu Ariela, als sie zusammen frühstückten. Noch wußten sie nicht, was auf der Straße nach Jerusalem geschehen war. Sie nahmen an, daß nun nach einigen Tagen der glatten Höflichkeit der Ernst begann.
Dr. Schumann wurde dem Schutz des Militärs unterstellt. Er war Persona grata Nummer eins!
»Wer eine Uniform trägt, übernimmt damit auch die Verpflichtung, ein großes Maul zu haben!«
»Du vergißt: Du sitzt einem Leutnant gegenüber.« Ariela nahm
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