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Das Mädchen auf den Klippen (German Edition)

Das Mädchen auf den Klippen (German Edition)

Titel: Das Mädchen auf den Klippen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Alexander
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glaube, dass ich hier eine Aufgabe zu erfüllen habe.“
    Dr. Thornberry lehnte sich in seinem Sessel zurück. Er schaute zum Kamin und dann zur offenen Terrassentür. Das Brausen und Tosen des Meeres drang wie leise Musik zu ihnen in den Raum. „Ich gehöre nicht zu den Menschen, die so etwas von vornherein abstreiten würden“, antwortete er bedächtig. „Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, die wir uns nicht erklären können.“ Er sah sie warm an. „Seien Sie vorsichtig, Mrs. Baker. Manchmal kann es gefährlich sein, sich auf so etwas einzula ssen.“
    „Ich werde vorsichtig sein“, versprach sie ihm.
    Die Sonne war bereits untergegangen, als Dr. Thornberry sich von Janice verabschiedete. Sie nahm ihm das Versprechen ab, bei ihr auf dem Rückweg von seinem Besuch in Minehead erneut Station zu machen. Er versprach, vorher anzurufen und ihr zu sagen, um wie viel Uhr er bei ihr sein würde.
    „Es ist schön, dass Sie heute gekommen sind“, sagte sie zum Abschied. „Ich werde nie vergessen, was Sie alles für mich getan haben, als ich in Ihrer Klinik lag.“
    „Es ist nichts Besonderes gewesen, Mrs. Baker“, behauptete er. „Good Bye.“ Er winkte ihr zu und stieg in seinen Wagen. Nach einem letzten Gruß fuhr er zur Hauptstraße zurück.
    Janice stand am Gartenzaun und schaute ihm nach. Erst, als sie seinen Wagen nicht mehr sehen konnte, drehte sie sich um und ging ins Haus, um endlich ihre Einkäufe wegzuräumen. Ohne, dass es ihr bewusst wurde, begann sie leise vor sich hin zu summen.
    9. Kapitel
    „Fang mich... Fang mich...“
    „Du wirst schon sehen, ich bin schneller als du.“
    „Das denkst du nur.“
    Janice drehte sich unruhig auf die andere Seite. Im Traum sah sie ihren Sohn und ein kleines, blondes Mädchen unten am Strand entlang laufen. Die Kleine trug ein geblümtes Kleid und eine Strickjacke. Kichernd holte sie David ein, hielt ihn fest. Das vergnügte Lachen der beiden Kinder erfüllte ihr ganzes Sein.
    „Mommy, Mommy!“, hörte sie David rufen und ihr zuwinken. „Mommy...“
    Die junge Frau erwachte. Sie starrte in die Dunkelheit. Ganz deutlich hörte sie noch immer ihren Sohn rufen. Ihr Herz schlug bis zum Hals. „David“, flüsterte sie. „David, wo bist du?“ Ihre Hand tastete zum Lichtschalter. Sie spürte, die Nähe ihres Sohnes, glaubte, den frischen Duft seiner Haare wahrzunehmen.
    Das Licht flammte auf. Janice blinzelte. Obwohl sie wusste, dass sie völlig allein im Zimmer war, schaute sie sich suchend um, stand auf und warf sogar einen Blick unter das Bett, als hätte sich ihr Sohn dort versteckt.
    Tief enttäuscht griff sie nach Pu. Mit ihm im Arm trat sie ans Fenster und schaute hinaus. Sie dachte an ihren Traum, daran, dass sie David und dieses seltsame, kleine Mädchen miteinander hatte spielen sehen.
    Barfuss, den Teddy im Arm, lief sie ins Kinderzimmer hinüber und schaltete dort das Licht an. Die Zeichnungen an den Wänden strahlten in ihrer Farbenpracht. Mit den Fingerspitzen zeichnete sie die Konturen des letzten, unvollendeten Bildes nach.
    „Daddy!“
    Janice zuckte so heftig zusammen, dass sie Pu fallen ließ. Erschrocken bückte sie sich nach ihm. Dieses ‚Daddy‘ hatte sie sich ganz bestimmt nur eingebildet. Obwohl es ihr davor graute, b erührte sie erneut die Zeichnung. Erleichtert atmete sie auf, als sie diesmal nicht den verzweifelten Schrei eines kleinen Kindes hörte.
    Weil sie jetzt ohnehin nicht mehr schlafen konnte, ging die junge Frau in die Küche hinunter, um einen Becher Milch zu tri nken. Während sie darauf wartete, dass die Milch kochte, sah sie in Gedanken, wie Georg Winslow seine Tochter um Hilfe schreien hörte, alles stehen und liegen ließ und den Klippenpfad hinunterrannte. 
    Mrs. Carter hatte davon gesprochen, dass Maureen Winslow jetzt in einem Pflegeheim lebte. Das Mädchen musste jetzt fünfzehn sein. Janice fragte sich, ob es sich noch an jenen schrecklichen Tag erinnern konnte, oder die Erinnerung an ihn verdrängt hatte.
    Mit dem Milchbecher in der Hand ging sie ins Atelier hinüber. Ihre Staffelei hatte sie bereits aufgebaut. Auf einem alten Tisch an der Wand lagen ihr Farbenkoffer, ihre Palette und alles, was sie sonst noch zum Malen brauchte.
    Janice nahm einen Schluck Milch und stellte den Becher auf dem Tisch ab. Dann verteilte sie Farben auf der Palette, griff nach einem der Pinsel und trat an die frische Leinwand. Sie hatte sich vorgenommen, in der nächsten Woche mit dem Malen zu beginnen. Es hätte ein Bild von

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