Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition)
ich.«
»Ja«, sagte Magda, »ich glaube, damit ist er zufrieden, und ein Lob habt ihr beide verdient.«
Dann hatten sie lange Zeit nichts gesagt, und Magda hatte gedacht, dass sie das gern gehabt hätte – ein Leben, das man sich nicht vergällen ließ, sondern aus dem man das Beste machte. Mit erhobenem Kopf. Mein Wentzel und ich. Sie hatte keinen Wentzel. Sie ging heim in ihr stilles Haus und machte dem Großvater, der unter bellendem Husten litt, Brustwickel. Gewiss war Utz wiederum den ganzen Tag nicht nach Hause gekommen und hatte sich um den alten Mann nicht gekümmert.
Und Diether erst recht nicht. Schon als Junge hatte er sich nach einem Streit tagelang nicht blicken lassen, schon gar nicht, wenn er sich schämte, weil er wie gestern im Unrecht war. Hätte er sie um Verzeihung gebeten, so hätte Magda ihm sagen können, dass es sie gar nicht kratzte. Sie bekam keinen Mann mehr ab – als ob sie das nicht selbst wusste! Wenn Diether sie damit hatte kränken wollen, so hätte er früher aufstehen müssen. Kränkungen dieser Art hatte sie sich längst alle selbst an den Kopf geworfen.
In der Nacht war der Traum zurückgekehrt, doch auch dessen Schrecken hatte sich abgenutzt. Wieder kam die Mutter und beugte sich aus der Finsternis über ihr Lager. In dem weißen, augenlosen Gesicht öffnete sich ein Mund und sprach fast dieselben Worte wie schon einmal: »Ich bringe dir deinen Bruder. Er hat dich innig geliebt, und er wird dich weiter lieben, doch er kann nicht mehr lange bei dir bleiben. Sehr bald ist es so weit, dass er gehen muss.«
Hinter ihrem Rücken tauchte von Neuem der unkenntliche Bruder auf und schwieg. Er sah genauso aus wie in der Nacht im Frühjahr, nur sein Hemd schien die Brust hinunter rötlich verschmiert. Diesmal versuchte Magda nicht zu schreien und zu fragen, welcher ihrer Brüder sie verlassen würde. »Einmal kommen wir noch«, versprach die Mutter. »Dann darf er zu dir sprechen und dir wünschen, dass alles Glück der Welt auf dich fällt und du dich dein Leben lang nie allein fühlen musst.«
Beide winkten mit ihren Geisterhänden, ehe sie in die Tiefe des Raumes eintauchten und sich auflösten.
Schon beim Erwachen war Magda müde gewesen, doch sie verspürte keine Angst. Ja, Lentz hatte sie verlassen, und in gewisser Weise würde das Verlassen, wenn er die Gelübde leistete, endgültig werden, doch für sie war es das jetzt schon. Sie hatte ihn, seit er ins Kloster gegangen war, nicht mehr gesehen, und den Brief, den er ihr vor Tagen gesandt hatte, hatte sie nicht beantwortet.
»Woran denkst du denn, Brauerin?«, fragte Brida. »An nichts, was den Sinn erheitert, das steht mal fest.«
»Ach – nur an meinen Bruder.«
»An den denkst du zu viel, meine Kleine. In deinem Alter dächtest du besser auch mal an einen Herrn Bräutigam.«
»Lass gut sein, Brida. Das Heiraten ist nichts für mich.«
Die Bäuerin lachte laut und vergnügt in den grauen Tag. »Das haben schon viele gesagt, und Recht haben sie, denn die Ehe ist kein Honigschlecken. Das sagt dir eine, die neun Kinder in die Welt geboren und drei davon begraben hat. Aber es trägt sich leichter zu zweit. Es hungert sich leichter, und es fürchtet sich leichter, es schimpft und weint und zankt sich leichter, und oft lacht es sich leichter und schläft sich selbst im kältesten Bett leichter ein. Eines Tages, denk ich, stirbt es sich leichter, und wenn der andere noch bleibt, dann bleibt ein kleines Stück von einem selbst.«
Weil sie nichts antworten konnte, legte Magda ihre Hand auf die der Bäuerin. So hielten sie eine Weile lang still.
»Ich hab ihn übrigens heute gesehen, deinen Bruder«, sagte Brida dann. »In der Frühe – er sah aus, als wären sieben Teufel hinter ihm her.«
»Meinen Bruder? Diether?«
»Wie der heißt, weiß ich nicht. Der Blonde jedenfalls, der überall vorgibt, was zu sein, was er nicht ist.«
»Ja, das ist Diether.« Magda seufzte. »Als kleiner Junge hat er manchmal erzählt, er wäre der König von Brandenburg.«
Wieder lachte Brida. »Na komm, wer wäre das nicht gerne? Und Brandenburg könnte einen eigenen König gut brauchen, dann hätte das ganze Gezänk um Papst und Markgraf ein Ende. Ich hoffe nur, das hat heute bei der Marienkirche nichts gegeben.«
»Was sollte es denn gegeben haben?«
»Na, du weißt schon, Männer in Scharen, Getränke in Strömen und im Bauch ein Knäuel aus rechtschaffener Wut. Das ist eine Mischung, die gärt wilder als dein Bier.«
In Magda
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