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Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition)

Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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rief der Großvater über die Köpfe seiner Gäste, »dazu schenkt Seyfrid Harzer euch ein Bier aus, wie sie’s weder im Bayrischen noch im Elysischen saufen, saufen!«
    Im Tosen des Applauses bemerkte Magda ihren Bruder Lentz erst, als der hinter sie trat und sacht die Arme um sie legte. »Und? Was sagst du?«, fragte er auf seine vorsichtige Art.
    »Zur Alheyt, Lentz?« Magda fuhr herum und pflanzte einen Kuss in seinen Bart, den er sich stehen ließ, als wäre er schon ein alter Mann. »Ach, ich freu mich bis in den hohen Himmel. Und ich wünsch euch alles Glück zwischen Panke, Spree und Havel und so viele Kinder, wie Brandenburg Seen hat! Aber die werden mich dann alle gesittet ansprechen müssen, als Frau Tante Magdalen.«
    »Frau Tante Magdalen? Du?« Der Bruder lachte und hob Magda in die Höhe wie als Kind. »Was kommt denn als Nächstes? Ziehst du hinüber nach Chorin und behauptest, eine fromme Schwester zu werden?«
    Sie lachten beide. Dass Lentz so viele Worte machte und so weit aus sich herausging, kam kaum einmal vor, und als Magda das Glänzen in seinen Augen sah, erkannte sie, wie verliebt er war.
    In all dem Jubeln und Johlen war untergegangen, dass der Großvater noch etwas hatte sagen wollen. Jetzt hieb er mit dem Messingstößel gegen seinen Mörser, dass es tönte wie die Glocke für die armen Sünder. »Ruhe sag ich!« Das verkniffene Lächeln hinter seinem Bart bemerkten höchstens die, die ihn sehr gut kannten. »Ihr mögt ja denken, in dieser Familie gäbe es schon Grund genug zum Feiern, aber da habt ihr wieder mal zu schnell gedacht. Ich hab nämlich noch einen Grund, ob es euch passt oder nicht, ihr grüngesichtigen Neidhammel: Mein Ziehsohn und Lehrling, Endres Kannengießer, auf den ich stolz wie ein Pfau bin, hat nämlich vor der Zunft seine Prüfung abgelegt und mit fliegenden Fahnen bestanden.«
    Magda wurde schwindlig vor Freude. In Lentz’ Armen reckte sie sich auf Zehenspitzen, um Endres in der Menge zu erspähen, aber der Liebste duckte sich wohl wie üblich hinter den nächstbesten breiten Rücken. Nachher würde sie seiner schon habhaft werden, und dann würde er beidem nicht entgehen – weder dem Kuss zur Belohnung noch der Schelte, weil er ihr den Erfolg verschwiegen hatte.
    Der Großvater hatte das letzte Wort nicht wiederholt – er war eindeutig noch nicht fertig. »Der Lentz ist mein Erbe«, rief er in die johlende Menge. »Aber in Harzers Brauerei, da ist noch immer für zwei Braumeister Platz, und wenn der alte Seyfrid unter seinem Dach noch etwas zu sagen hat, dann wird der zweite mein Endres, denn dieser Prachtkerl taugt mehr als der Diether und der Utz zusammen, zusammen.«
    Mitten in der schäumenden Freude sprang Magda Bitterkeit an wie im Nachgeschmack von Bier: Weshalb musste der Großvater zwischen den Männern Zwietracht säen, weshalb hetzte er sie gegeneinander auf? Magda liebte ihn innig, aber dass er zuweilen Spaß an grundlosen Gehässigkeiten hatte, konnte sie nicht leugnen. Endres würde es die Freude an seiner Leistung rauben. Diether war sein Freund – lieber ließ er sich selbst schmähen, als dass Diether seinetwillen eine Schmähung erleiden musste.
    Und wenn er nun also bestanden hatte, ihr Endres, würde er sich dann nicht, noch ehe der Sommer das Gras ausblich, auf den Weg machen? Der Schmerz packte Magda so jäh, dass sie sich aus Lentz’ Armen losriss. Nur nach Diether verlangte es sie jetzt, nach dem Bruder, der gewiss um Alheyt trauern und verstehen würde, wie es in ihr aussah. Im selben Augenblick hoben Sackpfeifer und Fiedler zu spielen an, und die Masse der Gäste teilte sich, um zu tanzen. Magda entdeckte Diether im Winkel, bei sich ein Mädchen, dessen Haar so rabenflügelschwarz wie das von Alheyt war.
    »Diether«, rief sie und bahnte sich einen Weg zu ihm. Ehe der Bruder sie hörte, hörte das Mädchen sie. Es zuckte zusammen, löste sich und eilte davon. Gerade als es durch die Tür ins Freie entfloh, bemerkte Magda, dass es keine Schuhe trug, dass der Saum seines Rockes ausgefranst war und dass sie es nie zuvor gesehen hatte.
    »Wer war das?«, fragte sie atemlos, als sie sich an den Tanzenden vorbei zu Diether vorgekämpft hatte.
    »Wer?«, fragte Diether. »Die Kleine? Ach, niemand.«
    »Du stehst und trinkst und sprichst mit ihr, aber mir erzählst du, sie ist niemand?« Magda liebte ihren Bruder, doch seine Art, mit Frauen umzugehen, brachte sie zur Weißglut.
    »Eine von den Wendischen«, murmelte Diether. »Aus einer

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