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Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition)

Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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Geschöpfe und christlich getauft wie wir!«
    Diether war zu überrumpelt, um ein Wort herauszubringen, und ehe er es versuchte, ließ sie ihn stehen und stürmte hinter Endres her. An der Hintertür, durch die er in den Hof verschwinden wollte, erwischte sie ihn. »Bleib bei mir«, stieß sie heraus und hielt ihn am Hemdsärmel fest. Auf einmal hatte sie das Gefühl, ihr Leben wüchse ihr über den Kopf.
    Endres, der sie falsch verstand, erwiderte: »Das kann ich doch nicht. Wenn ich nicht auf Wanderschaft gehe, wie soll ich deinem Großvater dann je beweisen, dass ich deiner wert bin?«
    Magda unterdrückte ein Stöhnen. Warum machten manche Männer sich eigentlich das Leben so schwer, warum musste ständig der eine dem anderen etwas beweisen, warum drehte sich bei ihnen alles um Ehre, Wert und Stolz? Sie war weiß Gott froh, dass Alheyt ins Haus kam, mit der vernünftig zu reden sein würde. »Ich meinte nur, du solltest jetzt nicht dieses sogenannte Fest verlassen«, erklärte sie Endres. »Ist es arg, diese Sache mit Linhart und Diether? Wird etwas Schlimmes daraus?«
    »Ich hoffe, das kann ich verhindern«, erwiderte Endres. »Den Linharts geht es übel, sie haben kein Geld für Getreide, und der Sohn hat das Gefühl, ihm schwimmen alle Felle davon. Das macht ihn gefährlich. Ich wünschte, Diether würde das ernst nehmen, aber er weigert sich eben und nimmt es allzu sehr auf die leichte Schulter. Wie vieles. Das ist seine Schwäche, bei all den Stärken, die er hat.«
    »Im Augenblick fällt es mir schwer, diese Stärken zu sehen«, bekannte Magda.
    »Dann denk an das, was Diether durchgemacht hat«, entgegnete Endres. »Hättest vielleicht du an seiner Stelle euren Vater finden wollen, den Hals aufgeschlitzt und das Gesicht unkenntlich vom Blut? Vergiss das nie. Seither ist Diether nicht mehr derselbe. Sein guter, starker Kern ist noch immer spürbar, doch er ringt mit Dämonen und ist auf der Flucht vor den Schreckensbildern in seinem Kopf.«
    Magda nahm Endres’ Hand und hielt sie fest. »Danke, dass du dich um ihn kümmerst«, brachte sie mit rauer Kehle heraus.
    »Er ist mein Freund«, erwiderte Endres schlicht. »Sorge bereitet mir nur, was mit ihm werden soll, wenn ich für Jahre auf Wanderschaft bin.«

4
    Eine Woche nach der Verlobung traf Magda den jungen Linhart auf dem Heimweg vom Markt. Der war ein hagerer, drahtiger Bursche mit brandrotem Haarschopf und einem bitteren Zug um den Mund, der ihn hässlicher machte, als er hätte sein müssen. Mit Diethers Zauber hätte er sich freilich auch nicht messen können, wenn er freundlicher gewesen wäre. Es war ein feuchtkalter Tag, kein bisschen wie Sommer, und Magda wollte nach Hause, ehe der Regen losbrach.
    Der junge Linhart aber vertrat ihr den Weg. »Einen guten Tag, Magdalen«, sagte er. »Heute allein, ohne den Herrn Bruder?«
    Magda mochte es nicht, wenn jemand sie bei ihrem Taufnamen ansprach; sie wollte gern, dass das Recht dazu allein Endres vorbehalten blieb. »Meine Brüder sind an ihrer Arbeit«, erwiderte sie schnippischer als beabsichtigt. »Jetzt lass mich weiter, Linhart. Ich muss die Eier und das Bauchfleisch heimbringen, sonst gibt’s bei uns heut kein Abendessen.« Der Großvater wollte sich an Fleischfladen versuchen, nach dem Rezept von Barbara, mit Speck und kleingehackten Nüssen. Nie hatte Barbara diese Fladen so schnell ausbacken können, wie die Kinder sie ihr aus den Händen rissen.
    »Ich begleit dich ein Stück«, sagte Linhart und wollte ihr den Korb abnehmen.
    Unnötig brüsk wich Magda ihm aus.
    »He, he, was glaubst du denn? Dass ich dir was antu? Da solltest du eher Angst vor dem Bettelknaben haben, der es sich auf eure Kosten gutgehen lässt.«
    »Ich habe keine Ahnung, von wem du sprichst.«
    »Hast du nicht? Na, von Endres Kannengießer, dem die Zunft aus lauter Mitleid die Wanderschaft gestattet, der aber immer noch bei euch am Feuer hockt und sich den Wanst vollschlägt.«
    »Halt den Mund!«, bellte Magda und hasste sich, weil sie sich nicht besser beherrschte. Linhart war ein armer Wicht, nicht wert, dass man sich mit ihm stritt. Sie trat zur Seite, um ihn zu umrunden, doch er vollführte denselben Schritt und baute sich von Neuem vor ihr auf. Sein fischiger Atem traf ihr Gesicht und ließ sie würgen.
    »Ich soll den Mund halten?«, rief er. »Worüber denn, etwa über dich und euren Bettler? Glaub nur ja nicht, ich weiß nicht, dass du’s heimlich mit dem hast. Ich frage mich, was wohl dein Großvater täte,

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