Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition)
mal mit dem Hintern an.«
»Das ist gewitzt von ihm, denn wer im Hintern Augen hat, zerquetscht sie sich beim Sitzen«, konterte Magda.
Wider Willen musste Diether lachen, und das ließ seinen Trotz zerschmelzen. Er beugte sich vor und zog Magda in die Arme. »Ach Schwesterchen. Was würde eigentlich aus mir werden, wenn ich dich nicht hätte?«
»Ein grauseliger Prahlhans, der noch mehr Mädchenherzen bricht, als er’s ohnehin schon tut«, erwiderte sie. »Und dass du heut so trübsinnig und anhänglich bist, dahinter steckt schon wieder ein Mädchen, hab ich recht?«
Diether hob den Kopf von ihrer Schulter und sah sie unter aufgebogenen Wimpern an, um die jede Hübschlerin ihn beneidet hätte. »Was weißt denn du von Mädchen, Schwesterchen?«
»Ich bin eins, Hohlkopf.«
»Ja, du bist eins, das lässt sich nicht leugnen. Und die schwarz bezopfte Alheyt ist auch eins. Den ganzen süßen Sommer lang, im Schilf, unter der großen Weide, hat sie meinen Liedern gelauscht und dabei die Äuglein geschlossen und geseufzt. Den Winter lang hab ich ihr im Schnee ein Feuer gezaubert, das Eis aufgehackt und einen Aal gefangen, und sie hat wieder geseufzt, hat vom Aal mit ihren Zähnchen Fetzen gerissen und mich hinterher mit ihrem Aalmund geküsst. Aber heiratet sie mich? Weit gefehlt. Diether, sagt sie, du magst der entzückendste Bursche in der ganzen Mark sein, aber zum Braumeister bringst du es nie, und deshalb kann aus uns nichts werden. Und nun rate einmal, wen sie stattdessen erhört.«
Magda fiel niemand ein, aber Diether ließ ihr auch gar keine Zeit zum Raten. »Meinen Bruder heiratet sie!«, rief er aus. »Lentz, den Heiligen, der in seinem Leben nie eine Sünde beging. Und Utz reibt sich die Hände. Der trägt die saftige Mitgift nach Berlin, denn der Lentz schlägt ihm gewiss nichts ab. Und was bitte schön tut Diether, der Idiot? Der greint seiner Schwester die Ohren voll und lässt die süße Liebste ziehen.«
»Lentz heiratet?«, stammelte Magda ungläubig. »Lentz heiratet Alheyt vom Goldschmied?« Ihr ältester Bruder war ein stilles Wasser, und ein Mädchen wie Alheyt, reiche Erbin und umschwärmte Schönheit zugleich, hätte sie ihm niemals zugetraut. Aber stille Wasser waren bekanntlich mehr als nur trübe, und wäre sie selbst Alheyt gewesen, hätte sie sich womöglich auch für Lentz entschieden, der sie in Ehren halten und nie betrügen würde. Inmitten der sprudelnden Gedanken begriff sie, dass wieder eine Frau ins Haus kommen würde, noch dazu eine, die sie von klein auf kannte und mochte. Alheyt konnte eine rechte Zierpuppe sein, aber sie war auch ein Spaßvogel und ein Kumpan, wie man ihn sich zur Schwägerin besser nicht wünschen konnte.
Etwas fiel von ihr ab. Der Druck, das einzige weibliche Wesen hinter der Tür mit dem sechszackigen Stern zu sein. Alheyt Goldschmiedin hatte das Herz auf einem ordentlichen Flecken und unter den niedlichen Fesseln zwei standfeste Füße. Gute Wahl, Lentz, sandte Magda ihrem ältesten Bruder einen stummen Gruß.
»Heda, edles Fräulein – ist Euer schnöder Bruder Euch keine Antwort mehr wert?«
Magda klaubte ihr Kissen vom Boden und schlug es Diether über den Kopf. »Was willst du? Ein bisschen Balsam auf deine Wunde oder eine ehrliche Antwort?«
»Am liebsten ehrlichen Balsam«, bekannte Diether kleinlaut.
»Einverstanden. Also, wenn ich die Alheyt wäre, tät ich auch den Lentz nehmen. Bei dem hat sie es warm und wohlig, was immer auch geschieht. Aber dich würde ich mein Lebtag nicht vergessen, und wenn ich mit dir am Tisch säße, schlüge ich über meiner Suppe die Augen nieder, damit keiner sieht, dass ich rot wie eine Rübe bin.«
Magda hörte Diether nach Luft schnappen. Im nächsten Augenblick brach er in sein glockenhelles Gelächter aus, zog sie an sich und küsste ihre Stirn. »Du bist Gold wert, Schwesterchen, weißt du das? Wen immer die Alheyt von uns Buben erhört – sie bekommt die beste Schwägerin der Welt.«
Schon am nächsten Abend lud der Großvater, der alles andere als ein begeisterter Gastgeber war, Nachbarn, Kunden und Bekannte in das schmalbrüstige Haus hinter dem Braustern ein, um die Neuigkeit zu verkünden: Sein Enkel Lentz, Erbe und künftiger Braumeister, sei verlobt und versprochen der Alheyt, Goldschmiedstochter, und was auch immer diese Zeit, in der das Wetter übler, die Pfaffen gieriger und die Biere dünner würden, für sie alle bereithielt, im September, zur Ernte, würde Hochzeit gehalten. »Und dazu«,
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