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Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition)

Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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»So ist nun einmal der Lauf der Welt.«
    »Stadtluft macht frei«, erwiderte Utz bedeutsam. »Selbst in Bernau erkennt man das und versucht auf Biegen und Brechen, aus ein paar Hütten um eine Waldschänke eine ordentliche Stadt zu stampfen. In Berlin aber wird es gelingen. In gar nicht ferner Zeit werden die Bürger der Doppelstadt Cölln-Berlin selbst eine Macht darstellen, die so viel Gewicht besitzt, dass weder ein Papst noch ein König sie länger zu seinem Spielball machen kann. Glücklich der Mann, der dabei sein darf, wenn das geschieht! Glaub mir, mein Herz, wenn unser Herr Großvater nicht so geizig auf seinen Geldsäcken hocken würde, hätte ich längst unsere Habe gepackt, den Beitrag zum Eintritt in die Gilde entrichtet und uns in Berlin ein neues Leben aufgebaut.«
    Auch wenn der Großvater schimpfte und auf sein Bernau nichts kommen lassen wollte, ließ sich nicht leugnen, dass Utz mit seinen Fahrten in die Spreestadt Erfolg hatte. Das Getreide, das er einkaufte, war zwar noch immer zu teuer, aber deutlich billiger als alles, was man in Bernau bekam, und die Qualität war ohne Vergleich.
    Zumindest behauptete das Diether, als er, wie so oft nach dem Abendessen, noch auf einen Schwatz zu Magda in die Kammer kam. »Großvater hat geschäumt wie frisch gegärtes Jungbier, weil Utz so viel Roggen eingekauft hat«, berichtete er. »Roggen, der taugt als Futterbrei für Säue, nicht als Getränk für Christenmenschen, Christenmenschen«, ahmte er den Brummbass des Großvaters so gekonnt nach, dass Magda ihr Kissen nach ihm warf. »Aber dieser Roggen, den Utz gebracht hat, der ist feiner als so manche Gerste, und der macht ein Bier, nach dem jeder Kenner sich die Finger leckt. Lass die Gecken und Stutzer über die dunkle Farbe ruhig die Nase rümpfen – die wissen ja nicht, was für ein gepfeffertes Feuerchen ihnen entgeht.«
    Nicht zum ersten Mal dachte Magda, dass Diether vom Bier etwas verstand. Er hätte alles andere als einen üblen Brauer abgegeben, wäre er nur nicht so faul gewesen. Von klein auf hatte er lieber Flöte gespielt als Maische gerührt und statt Schweinsblasen abzufüllen mit dem Kopf in den Wolken gehangen.
    »Ich wünschte, Utz nähme mich mal mit nach Berlin«, murmelte er jetzt. »Der Vater ist auch oft nach Berlin gefahren, wusstest du das? Beim Himmel, ich hab ihn angebettelt wie ein kuttentragender Franziskaner, dass er mich nur auf einer einzigen Fuhre einmal mitfahren lässt, doch da war Hopfen und Malz verloren. Hätte der Lentz gefragt, hätte er sicher gedurft, aber mich mochte Vater ja sowieso nicht leiden.«
    »Das ist doch ausgemachter Kohl, Diether.«
    »Ach, ist es das? Und wenn’s eins mit dem Haselstecken gab, wen hat er dann bitte schön hergenommen? Etwa einen von euch? Aber nicht doch, dafür hatte er ja Diether, den Taugenichts! Als Prügelknabe war ich ihm immer gut genug.«
    Magda fuhr auf und sah ihn an, sein scharf geschnittenes Profil, in dessen Stirn das blonde Haar fiel wie im Versuch, es zu besänftigen. Er war ein ausnehmend schöner Mann, obgleich er noch lange kein Mann war, sondern sich noch immer gebärdete wie der trotzige Junge, der mit schmerzlich versohltem Hintern und noch schmerzlicher gekränktem Stolz von dannen stampfte. »Du redest Unsinn«, wiederholte sie. »Ja, vielleicht war Vater ab und an zu streng mit dir. Aber leiden – leiden mochte er dich mehr als uns alle, sonst hätte er sich die Mühe, dir deine Missetaten aufs Sitzfleisch zu klopfen, gar nicht erst gemacht.«
    Manchmal wunderte Magda sich über sich selbst. Das, was sie gesagt hatte, traf den Nagel auf den Kopf: Die übrigen Geschwister – Lentz, Utz und sie selbst – hatten vom Vater keine Schläge bekommen, aber sie hatten auch sonst nichts bekommen. Lentz, der ja nie etwas falsch machte, ab und an ein Lob, und Magda, die eben die Kleinste war, ab und an ein Streicheln über den Kopf, doch ansonsten waren sie dem Vater gleichgültig gewesen. Wenn es überhaupt eines seiner Kinder geschafft hatte, ihn aus seinen Träumen von Ferne und Weite zurück auf den zähen Brandenburger Boden zu bringen, dann war es Diether gewesen. »Beklag dich nicht«, mahnte sie ihn und zupfte ihn am Ohr. »Wenn du unbedingt in dieses Berlin willst, dann zeig lieber Utz, dass du ihm dort zu etwas nütze sein könntest.«
    »Pah.« Diether warf den Kopf zurück wie ein herrschaftliches Pferd. »Und wie soll ich das anstellen, sagst du mir das auch? Der Utz schaut doch das, was ich mache, nicht

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