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Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition)

Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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über das Leben ihres Bruders entschied.
    Die achtzehn Räte der Städte Cölln und Berlin thronten vor den offenen Wänden auf in Hufeisenform geordneten Bänken, wobei die beiden Stadtschultheiße Asperstedt und Lietzen die Plätze am Kopf einnahmen. In der Mitte, auf dem hohen Schöffenstuhl, saß Clewin Alvensleben, und zwei Schritte davor entdeckte sie Diether, der als Einziger stand. Gerade jetzt stellte ein Ratsherr von der Cöllner Seite ihm eine Frage: »Du gestehst also zu, Harzer, dass du seiner Heiligkeit, Propst Nikolaus Cyriacus, Gott hüte seine Seele, einen Schlag versetzt hast.«
    »Ja, das gesteh ich zu, mein Herr Rat. Ich hab ihm einen Schlag versetzt, ich hab ihn an der Schulter getroffen, und es tut mir von Herzen leid, denn seine Heiligkeit hatte mir ja nichts getan.«
    Ich bin stolz auf dich, Brüderchen, dachte Magda. Keine Schwester auf der Welt könnte stolzer sein als ich.
    »Das ist unser Diether, was Freunde? Das soll dem mal einer nachmachen, dazu braucht’s das Herz eines Adlers, oder etwa nicht?« Petter strahlte und sandte einen Fausthieb gen Himmel.
    »Darf ich auch?«, rief die kleine Gretlin und hüpfte mit ihrem prallen Leib auf und ab. Schweren Herzens sprang Magda vom Fass und half ihrer Schwägerin hinauf.
    Zu ebener Erde, hinter den dicht gedrängten Rücken, war es schwierig, ein Wort zu verstehen, zumal Wind und Regen einen Gutteil verschluckten. »Du vermagst also nicht zu sagen, ob die Schläge, die du Seiner Heiligkeit versetzt hast, nicht doch seinen Tod herbeigeführt haben«, hörte sie einen der Richter festhalten. Gleich darauf erhob sich die Stimme von Clewin Alvensleben: »Ich bitte um Berichtigung. Von Schlägen war nicht die Rede, nur von einem einzigen Schlag, der die Schulter traf.«
    Am liebsten hätte sie dem alten Herrn Beifall gezollt. Er machte seine Sache glänzend, sprach aus, was gesagt werden musste, und die Herren Räte wagten nicht, ihm das Wort zu verbieten. Eine Zeitlang hörte sie nichts mehr, dann schallte der Ruf des Herolds über den Platz. »Als Zeuge für guten oder bösen Leumund wird aufgerufen Herr Bäckermeister Petter Tietz aus Berlin, Mühlendamm.«
    Petter, der mit vor Eifer hochroten Wangen und fliegender Cotta durch die Reihen stürmte, war eins der Bilder, die ihr immer im Gedächtnis bleiben würden. Eines, das Hoffnung machte, über diesen Tag hinaus. Als er zurückkam, war er vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben sprachlos, dazu schweißüberströmt, doch sobald er sich gefangen hatte, stieß er heraus: »Unsere Sache geht gut, Schwesterchen. Wenn du den lästigen Petter fragst, dann geht unsere Sache gut.«
    Magda fragte niemanden lieber als den lästigen Petter, und ihre Sache ging gut, bis es zu regnen aufhörte. Die Wolkendecke riss auf, der Himmel bewies, dass er im September noch immer eine Ahnung vom Blau im Herzen trug, und in der unverhofft glitzernden Sonne wurden die Zeugen der Geistlichkeit in die Laube geleitet. Propst Hubertus von Berlin, der den Mord an seinem Amtsbruder hatte miterleben müssen, und die Bischöfe aus Kamin, Verden und Ratzeburg. In düstersten Tönen legten sie den Versammelten dar, was ihrer Doppelstadt drohte: Bedeutungslosigkeit. Der Sturz zurück in die Sümpfe Brandenburgs, die über dem Kopf der kleinen Erdkröte rasch zusammenschwappen würden. Das Ende der Hoffnung für die Stadt auf der sandigen Spreeinsel und auch für die Grenzmark, die viel zu unwirtlich war und zu weit im Osten lag, um die Mächtigen der Welt zu scheren.
    »Aber wir hatten hier früher mal viel Sonnenschein!«, rief ein Graubart über Magdas Schulter hinweg. »Und im Winter haben wir Schlehen und Holunder. Gibt’s die anderswo, so viel Schlehen bei den Eichen und so viel Holunder in den Kieferwäldern?«
    In der Laube hörte ihn zweifellos niemand, doch er brabbelte weiter vor sich hin, bis ihm die Stimme erlahmte. Vor Magda entstand eine Lücke und ließ sie sehen, wie sich Bechtolt samt zweier Gefährten einen Weg zur Laube bahnte. Sie tippte Hans, der vor ihr stand, auf den Rücken. »Steht es übel?«
    Der junge Mann zog die Schultern hoch. »Es ist nicht gerecht«, empörte er sich. »Die hohen Herren der Kirche reden gar nicht darüber, ob’s Diether gewesen sein kann, sondern darüber, dass der Kirchenbann der Stadt das Genick bricht und dass das nicht sein darf und Schluss.«
    Von dem, was Bechtolt sagte, hörte Magda wenig, doch das Wenige genügte. Diether Harzer stamme aus einer Familie von

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