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Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition)

Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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Freien Stadt Berlin«, stotterte der Bursche die eingelernten Worte dahin. »Er sagt, er hat alles Nötige eingepackt, und Ihr sollt nun also an den Krögel fahren und es Euch dort recht gut gehen lassen.«
    »An den Krögel?«
    »Das ist die Gasse am Olden Markt«, erwiderte der Junge mit einem Grinsen, das Utz nicht zu deuten wusste. »Die, wo Euer Kontor steht. Und das Badehaus.« Damit warf er den Packen Utz in den Schoß und streckte die Hände nach einer Münze als Botenlohn aus.
    Utz hatte kein Geld, um es an den Bengel zu verschenken, den schließlich Bechtolt entlohnen musste, nicht er. Dass der Freund ihn nicht wie vereinbart abgeholt hatte, ließ ein flaues Gefühl in seinem Magen zurück. Ängstlich schlug er die Leinwand auf und entdeckte zu seiner Erleichterung Schlüssel und Urkunde. Obenauf lag ein gelblicher Streifen Papier, auf dem die Adresse noch einmal in schwarzer Tinte notiert stand: Am Krögel, drittes Haus, Older Markt.
    Die Kälte wurde schärfer. Utz riss sich zusammen, nahm die Zügel auf und scheuchte den Jungen mit einer Handbewegung fort. Als der nicht ging, fragte er ihn: »Zum Olden Markt fahre ich die Straße hinunter und dann nach Süden in Richtung Nikolaikirche, richtig? Es ist ein Jahr her, dass ich das letzte Mal hier war, ich finde mich noch nicht ganz zurecht.«
    »Wird schon richtig sein«, erwiderte der Junge und zuckte die Achseln. »Zum Olden Markt komm ich selbst schon längst nicht mehr, denn das wahre Leben spielt sich ja jetzt um die Marienkirche ab.«
    Gewiss war der Junge wütend, weil er für seine Mühe keinen Lohn erhalten hatte. Utz würde ihm nicht länger zuhören, sondern den Weg einschlagen, den er in Erinnerung hatte. Er packte die Peitsche und versetzte dem altersschwachen Pferd einen Hieb, dass es aus dem Stand in Trab sprang und er und Magda vornüberfielen. »Verzeih!«, rief er und fing die Schwester auf, ehe sie vom Wagen stürzte.
    Magda sah ein wenig bleich aus, doch rasch fasste sie sich. »Ganz schön holprig geht’s zu, in deinem Berlin.«
    Bemüht lachte er auf. »Das liegt nur daran, dass du einen jämmerlichen Kutscher hast. Die Straße ist bis zu dem Markt, wo unser Haus steht, gepflastert. Was sagst du dazu?«
    »Du bist ein großartiger Kutscher«, erwiderte Magda mit vor Kälte zitternden Lippen. »Du hast uns hergebracht, ohne dich auch nur ein einziges Mal im Weg zu irren.«
    Sie hielt so viel von ihm. Er würde sie nicht enttäuschen!
    Berlin ging schlafen, Lichter erloschen, und vom Markt her drang schon das Geläut zur Nacht. So leid es ihm tat, Utz musste dem Klepper noch einen Hieb versetzen. Er wollte endlich sein Ziel erreichen, wollte seine Schar warm und sicher unter seinem Dach wissen.
    Der Marktplatz, auf dem er nicht nur Bechtolt, sondern auch dessen Schwester, die bezaubernde Fronica, und den dazugehörigen Schwager, den alten Lebus, kennengelernt hatte, lag dunkel und verlassen vor ihnen. Er und Magda erhoben sich und hielten Ausschau, doch kein Mensch war zu sehen, der ihnen den Weg hätte weisen können. Seufzend zügelte Utz das Pferd, um sich selbst auf die Suche zu begeben, da kam aus einer finsteren Gasse doch noch ein Mann auf sie zu.
    Er war so groß und kräftig gebaut, dass er einen jeden von ihnen leicht hätte überwältigen können. Seine graubraune Kleidung hob sich im Zwielicht kaum ab. Während in Utz das Misstrauen anschwoll, beugte sich Lentz aus dem Wagen. »Verzeiht, Bruder. Wie es aussieht, finden wir uns in Eurer Stadt nicht zurecht. Könntet Ihr uns wohl den Weg weisen, auch wenn wir nichts bei uns haben, um Euch den Dienst zu vergelten?«
    Der Mann trat zu Utz an den Bock. »Wohin wollt Ihr?« Seine Aussprache kündete von Bildung, und seine Stimme wäre ausnehmend schön gewesen, hätte sie nicht vor Überheblichkeit gestrotzt. Da Lentz den Mann als »Bruder« angesprochen hatte, erwartete Utz einen Mönch, doch der Mann trug keine Tonsur.
    Utz hielt ihm das Papier mit der Adresse hin, ließ es aber nicht los, da er dem Fremden noch immer nicht traute. »Am Krögel«, las der. Er musste erstaunlich scharfe Augen haben, wenn er die Buchstaben in der Finsternis entziffern konnte. »Die Gasse liegt hinter dem Haus des Marktmeisters, aber mit dem Fuhrwerk kommt Ihr dort nicht hinein. Lasst mich das Pferd ausschirren. Eure Habe werdet Ihr tragen und den Wagen unterstellen müssen.«
    »Hände weg von meinem Pferd!« Der Fremde hatte die Deichsel berührt, um sich am Zaumzeug zu schaffen zu machen, doch

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