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Das Mädchen aus dem All

Das Mädchen aus dem All

Titel: Das Mädchen aus dem All Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Jefremow
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verbrannt.«
    »Das habe ich schon öfter gehört. — Da ist ja schon die Gabelung! Wo haben Sie Ihre Schuhe, Erg?«
    »Im Garten. Ich muß jetzt wohl umkehren.«
    »Auf Wiedersehen, Erg! Meine Aufgabe hier ist beendet, jetzt beginnt Ihre. Wo werden wir uns wiedersehen? Etwa erst beim Start des neuen Sternschiffs?«
    »Aber nein, Weda! Ich fahre jetzt mit Nisa für drei Monate in ein Polarsanatorium. Besuchen Sie uns und bringen Sie Dar Weter mit.«
    »In welches Sanatorium? Ins ›SteinerneHerz‹ an der Nordküste Sibiriens? Oder nach Island ins Herbstlaub?«
    »Für den nördlichen Polarkreis ist es schon zu spät. Man schickt uns auf die südliche Halbkugel, wo bald der Sommer beginnt, ins Sanatorium ›Weißer Morgen‹ auf Graham-Land.«
    »Gut, Erg. Vorausgesetzt, daß Dar Weter nicht sofort zum Bau des neuen Satelliten 57 abreist. Wahrscheinlich muß erst noch das Material bereitgestellt werden.«
    »Ein schöner Erdenmensch! Bringt fast ein Jahr am Himmel zu!«
    »Bitte keine Ironie! Immerhin ist diese Entfernung gar nichts im Vergleich zu der, die uns beide getrennt hat.«
    »Bedauern Sie es, Weda?«
    »Warum fragen Sie, Erg? Jeder von uns hat zwei Seelen in seiner Brust: Die eine drängt nach dem Neuen, die andere bewahrt das Alte und ist froh, wenn sie zu ihm zurückkehren kann. Und doch hält eine Rückkehr nie das, was man sich von ihr verspricht. Sie wissen es so gut wie ich.«
    Leichtfüßig eilte die junge Frau zu dem Weg, wo die Elektrobusse fuhren. Ein automatisch betriebener Wagen hielt vor ihr, und noch längere Zeit sah Erg Noor das rote Kleid hinter der durchsichtigen Wagenwand.
    Auch Weda blickte vom Wagen aus zu Erg Noor zurück. Dabei ging ihr der Kehrreim eines Gedichts aus der Ära der Partikularistischen Welt nicht aus dem Sinn. Es war unlängst übersetzt und von dem Komponisten Ark Gir vertont worden. Dar Weter hatte ihr die Worte einmal als Antwort auf einen sanften Vorwurf zitiert:
    Weder Engel des Himmels noch Geister im Grund,
    uns zu trennen vermögen sie nie.
    Nicht brechen können sie meinen Bund
    mit der reizenden Annabell Li!
    So forderte der Mann von einst die Kräfte der Natur heraus, die ihm seine Geliebte genommen hatte, der Mann, der sich mit dem Verlust nicht abfinden konnte und der dem Schicksal nicht Tribut zollen wollte.
    Der Elektrobus näherte sich bereits einer Abzweigung der Spiralstrecke. Weda Kong aber stand noch am Fenster.
    Engel, so hießen in früheren Zeiten die vermeintlichen Himmelsgeister und Verkünder des göttlichen Willens. Das Wort »angelos« bedeutete im Altgriechischen aber auch »Bote«.
    Boten des Himmels, des Kosmos — so könnte man Erg Noor, Mwen Mass und Dar Weter nennen. Besonders aber Dar Weter wenn er am nahen Erdenhimmel den Satelliten 57 neu aufbaut. — Weda mußte unwillkürlich lächeln. »Aber dann sind wir Historiker die Geister im Grund«, sagte sie laut und lachte fröhlich auf. »Jawohl — Engel des Himmels und Geister im Grund! Nur wird das Dar Weter kaum gefallen.«
     
    Die niedrigen Zirbelkiefern mit den schwarzen Nadeln — besonders kältebeständige Bäume, die für die Antarktis gezüchtet worden waren — rauschten feierlich unter dem gleichmäßigen Wind. Die kalte Luft brachte jene Reinheit und Frische mit sich, wie man sie nur am offenen Meer oder auf hohen Bergen findet.
    Das Gebäude des Sanatoriums »Weißer Morgen« reichte bis zum Meer hinab. Durch die stromlinienförmig geschweiften gläsernen Wände erinnerte das Haus an einen Ozeanriesen der Vergangenheit. Die blaßrosa Färbung der Fensterrahmen, Treppen und Säulen stand bei Tag in scharfem Kontrast zu den braun-violetten Andesitfelsen. Jetzt aber, im späten Frühjahr, tauchte der Polartag alle Farben in eigenartiges weißliches Licht und glich sie einander an. Nur für eine Stunde verbarg sich die Sonne hinter dem Hochplateau im Süden. Dann dehnte sich in weitem Bogen über den ganzen südlichen Teil des Himmels ein herrliches Leuchten aus, der Widerschein mächtiger Gletschermassen des antarktischen Festlandes. Die Menschen hatten sie so eingeschränkt, daß nur noch ein Viertel der früheren Eisberge übriggeblieben war. Der eisige weiße Morgen, nach dem auch das Sanatorium benannt war, verwandeltedie Umgebung in eine gespenstisch blasse, schattenlose Welt.
    Vier Personen gingen langsam den gewundenen Weg zum Ozean hinunter. Die zwei Männer blieben einige Schritte hinter den beiden Frauen zurück. Ihre Gesichter wirkten wie aus Granit gehauen, die

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