Das Mädchen aus dem All
früherer Zeiten vermieden.
Ein Gefunkel von goldenen und blauen Lichtern, zwischen denen sich einige grüne verloren, zeichnete Weda aus. Glühend vor Erregung trat sie zu ihren Freundinnen. Da kam auch Mwen Mass näher und wurde freundlich begrüßt.
Der junge Mann schaute sich um; er suchte seinen Lehrer und Vorgänger, doch Dar Weter war nirgends zu sehen.
»Wo haben Sie Dar Weter versteckt?« wandte sich Mwen Mass scherzhaft an die drei Freundinnen.
»Und wo haben Sie Ren Boos gelassen?« antwortete Ewda Nal mit einer Gegenfrage. Mwen Mass wich ihrem durchdringenden Blick aus.
»Weter gräbt unter Südamerika herum, er gewinnt Titan«, sagte Weda Kong; in ihrem Gesicht zuckte es leicht.
Tschara Nandi legte wie schützend einen Arm um die hübsche Historikerin.
Dann warf sie einen Blick auf die Uhr in der Kuppel des Saales und erhob sich.
Die Kleidung Tscharas verblüffte Mwen Mass. Auf den braunen Schultern des Mädchens lag eine Platinkette, die den Hals frei ließ. Der Anhänger war ein leuchtend roter Turmalin.
Die feste Brust war fast unbedeckt. Von dem Anhänger bis zum Gürtel zog sich einStreifen dunkelvioletten Stoffs. Ebensolche Streifen verliefen mitten über jede Brust. Der Rücken war tief ausgeschnitten. Die schmale Taille umgab ein weißer Gürtel mit schwarzen Sternen und einer Platinschnalle in Halbmondform. Auf dem Rücken war an dem Gürtel ein langer Überwurf aus schwerer weißer Seide befestigt, der ebenfalls mit schwarzen Sternen verziert war. Bis auf die Kette und die blitzenden Schnallen an den schwarzen Schuhen trug die Tänzerin keinen Schmuck.
»Gleich bin ich an der Reihe«, sagte Tschara ruhig und ging zum Durchgang. Sie warf noch einen Blick auf Mwen Mass und verschwand, von tausend Blicken begleitet.
Auf der Bühne erschien eine Turnerin, ein anmutiges junges Mädchen von höchstens achtzehn Jahren. Von goldenem Licht überflutet, vollführte sie eine wirbelnde Kaskade von Sprüngen, Drehungen und Radschlägen, wobei sie beim Rhythmuswechsel der Musik in ausgefeiltem Gleichgewicht verharrte. Die Zuschauer billigten die Darbietungen durch eine Unzahl goldener Lichter, und Mwen Mass überlegte, daß es für Tschara Nandi nicht leicht war, gleich nach der erfolgreichen Turnerin aufzutreten. Ein wenig beunruhigt ließ er seine Blicke durch den gefüllten Saal schweifen und bemerkte plötzlich im dritten Sektor den Künstler Kart San. Der begrüßte ihn mit fröhlichem Kopfnicken.
Dann erlosch das Licht. Der durchsichtige Boden aus organischem Glas erstrahlte in Karmesinrot. Von der Rampe ergoß sich purpurnes Licht, flutete hin und her im Einklang mit dem Rhythmus der Musik, den hellen Tönen der Geigen und dem tiefen Klang der Baßsaiten. Von der Dynamik und dem Tempo der Musik ein wenig benommen, bemerkte Mwen Mass nicht sofort, daß in der Mitte der Bühne Tschara stand.
Sie begann den Tanz mit einer solchen Schnelligkeit, daß die Zuschauer den Atem anhielten. Nicht nur Beine und Arme bewegten sich, der ganze Körper des Mädchens schien von der feurigen Musik erfaßt. In den Lichtreflexen der Bühne nahm Tscharas rötliche Hauttönung eine kupferne Schattierung an. Mwen Mass’ Herz schlug schneller. Diese Hautfarbe erinnerte ihn an die Menschen auf dem märchenhaften Planeten des Epsilon Tucanae. Damals hatte er erfahren, daß es eine Vergeistigung des Körpers gibt, der durch Bewegungen die feinsten Nuancen des Gefühls und der Phantasie, der Leidenschaft und der Suche nach Glück zum Ausdruck bringen kann.
Mwen Mass erkannte, daß bei der irdischen Menschheit ebenfalls vielfältige Formen, reich an Schönheit, existieren, die den in seinem Innersten bewahrten Erscheinungen auf dem fernen Planeten glichen. Doch sein Traum konnte nicht so einfach ausgelöscht werden. Tschara, die das Antlitz der rothäutigen Tochter des Planeten des Epsilonsterns annahm, bestärkte den Leiter der Außenstationen in seinem früheren Entschluß.
Ewda Nal und Weda Kong, beide selbst ausgezeichnete Tänzerinnen, sahen zum erstenmal Tschara tanzen und waren begeistert. Weda, in der die Anthropologin und Historikerin erwacht war, stellte die These auf, in ferner Vergangenheit habe es in Gondwana, in den südlichen Ländern, stets mehr Frauen gegeben als Männer. Im Kampf mit den vielen Raubtieren wurden die Männer dezimiert. Später, als sich in diesen Ländern die altorientalischen Despotien herausbildeten, fanden viele der Männer den Tod in grausamen Kriegen, deren Ursache oft
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