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Das Mädchen aus dem Meer: Roman

Das Mädchen aus dem Meer: Roman

Titel: Das Mädchen aus dem Meer: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Hohlbein
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erkannte ich widerwillig, dass ich überhaupt keine andere Wahl hatte, als Markanneschs Angebot anzunehmen und zu bleiben, bis ich mich einigermaßen von den Strapazen meiner Reise erholt hatte. Ich hatte erschreckend viel Gewicht verloren, aber so sehr ich mich über die regelmäßigen Mahlzeiten freute, mit denen man mich versorgte, konnte ich sie doch kaum genießen. Mein Magen war einfach nicht mehr an größere Mengen fester Nahrung gewöhnt, und darum regenerierte ich mich nur langsam. Wenn ich mich verhalten durch die Anlage tastete, fiel es mir schwer, die schier endlosen Rampen zu bewältigen, die von einer Ebene zur anderen führten, und jedes Mal, wenn ich mich zu hastig aufrichtete, schwindelte mir so sehr, dass mir schwarz vor Augen wurde. Oft gaben meine Beine unter mir nach. Kurz: Es ging mir zu schlecht, als dass ich aus dem Stand hätte kehrtmachen können. Der strapaziöse Marsch forderte eben seinen Tribut, und letztlich zahlte ich ihn noch den halben Winter lang ab.
    Zeit, in der ich meine Meinung über dieses Land der Wilden grundsätzlich revidierte.
    Gormo alias Markannesch gab bald nach meiner Ankunft ein Schreiben an meinen Vater auf, dem auch ich einen Brief hinzufügte, in dem ich bestätigte, dass ich mich in Montania befand und anbot, zwischen den Parteien zu vermitteln. Zwar lag es mir zu diesem Zeitpunkt noch fern, dem Alten seinen Verrat an meinem Vater vollständig zu verzeihen, aber ich war vernünftig genug, um meine persönliche Wut hintenanzustellen und mich auf das zu besinnen, was mich ursprünglich hierhergetrieben hatte: Es ging um Wahrheit und Gerechtigkeit, und vielleicht hatte Markannesch recht, wenn er sagte, dass ich vermutlich die Einzige war, die positiv auf meinen Vater einwirken konnte.
    Wenngleich er sich selten persönlich mit mir beschäftigt hatte, wusste ich doch, dass er immerzu seine schützende Hand über mich gehalten hatte. Obwohl er Sora inzwischen als seinen leiblichen Sohn anerkannt hatte, war doch sehr wahrscheinlich, dass nicht mein Bruder, sondern ich einst sein Erbe antreten würde, und glaubte, dass er aus allen Wolken fallen und vor Glück weinen würde, wenn er nun erfuhr, dass ich tatsächlich noch lebte. Sobald er sich beruhigt hatte, würde er auf Augenhöhe – und vor allem fair – mit mir verhandeln und sich zumindest auf den einen oder anderen Kompromiss einlassen. Darum zumindest bat ich ihn in meinem Schreiben, und ich zweifelte nicht daran, dass er mir diesen Wunsch erfüllen würde.
    Allein wäre ich dazu natürlich überhaupt nicht in der Lage gewesen; es mangelte mir am nötigen Wissen und an diplomatischem Geschick sowieso. Aber ich wusste, dass ich in jeder Situation mit Cochas Unterstützung rechnen konnte. Und das nicht nur, weil eine friedliche Einigung ganz in seinem Sinne gewesen wäre, sondern auch, weil unser Streit schnell wieder in Vergessenheit geraten war und er sich wie eh und je um mich sorgte und für mich da war – obwohl es natürlich immer wieder Momente gab, in denen die Geschichte um Anna uns einholte und neuen Streit zu verursachen drohte. Ich hatte mich dumm und egoistisch verhalten, das ist richtig. Und ich hatte eingesehen, dass ich ihm seine Trauer um meine größte Konkurrentin zugestehen musste. Aber manchmal war ich trotzdem eifersüchtig, wenn er ihren Namen erwähnte, und ich reagierte nicht immer so, wie ich es mir von mir selbst gewünscht hätte.
    Aber im Großen und Ganzen verstanden wir uns, und ich genoss die Zeit, die ich in seinen Armen – und natürlich auch in seinem Bett – verbrachte, zumeist in vollen Zügen. Es gab so vieles, was mich bekümmerte: Rossa, der mir nach wie vor mit schmerzlicher Abneigung begegnete, der drohende Krieg, der ungewöhnlich kalte, lange Winter, der nicht nur in Montania, aber eben gerade dort, eine große Hungersnot verursachte … Doch in Cochas Armen hatte all das keinen Belang, und immer, wenn die Sorgen und Zweifel zu sehr an mir nagten, flüchtete ich mich einfach unter seine Decke und schöpfte allein aus seiner unmittelbaren Nähe neue Kraft und neuen Mut. Er war meine Energiequelle, meine persönliche, rosige, rothaarige Sternensilberkugel.
    Wobei: Auch er hatte natürlich mächtig abgenommen. Er war so dünn geworden, dass sich seine Leisten knochig durch seine helle Haut abzeichneten, aber für mich war er immer schön, egal, ob er dick oder dünn war, ob sein Haar in wilden Büscheln vom Kopf abstand oder zuletzt vorübergehend einer Glatze weichen

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