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Das Mädchen aus dem Meer: Roman

Das Mädchen aus dem Meer: Roman

Titel: Das Mädchen aus dem Meer: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Hohlbein
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Dieses Zeichen …« Sie drehte sich halb um und verrenkte sich den Hals, damit er die Rune in ihrem Nacken sehen konnte. »Wenn sie dieses winzige Symbol vom Mana aus hätten sehen können, als sie uns vorhin durch die Fernschauer erspähten, dann wären sie längst hier, verlass dich drauf. Aber das konnten sie nicht. Es ist einfach zu klein. Du kannst es nicht lesen, aber es bedeutet Rah . Ich zähle zur Familie des Faros, ich bin die künftige Faronin von Lijm und Jama …
    Hätten sie es sehen können, wären wir schon in Cypria. Wenn wir da sind, werde ich dich zu meinem persönlichen Dienstjungen ernennen, ob es den anderen Faronen passt oder nicht. Es wird die erste Neuerung sein, die unter meinem Schutz und meiner Führung vonstattengehen wird. Primitive werden aufgeklärt und in unsere Gesellschaft integriert. Sie sollen lernen und leben wie richtige Menschen, nicht wie Kreaturen zweiter Klasse, die zufällig so ähnlich aussehen, als ob sie Menschen wären. Und ich werde mit der Mär von Walla aufräumen. Das Verstümmeln und Töten wird ein Ende haben. Und es wird keinen Krieg mehr geben. Nie wieder.«
    Froh nickte. »Möchtest du meine Geschichte hören?«, erkundigte er sich.
    Chita setzte sich wieder gerade hin. »Natürlich, sicher, ja …«, antwortete sie, aus dem Konzept gebracht.
    »Sie dauert auch nicht lange«, erklärte Froh.
    »Nun erzähl schon!«, forderte Chita ungeduldig.
    »Ich habe etwas vom Opferfelsen gestohlen, um es einem Mädchen zu schenken«, gestand Froh. »Etwas, das den Göttern gehörte.«
    »Also uns.«
    »Nein. Den Göttern «, berichtigte Froh sie stur.
    »Und dann belastete dich das schlechte Gewissen so sehr, dass du mutterseelenallein aufs Meer hinausgefahren bist, um ein anderes Land zu finden?«, riet Chita.
    »Um zu bereuen und zu sterben«, verbesserte Froh sie ruhig. »Um bis ans Ende der Welt zu rudern. Und darüber hinaus.«
    »Das ist unmöglich«, winkte Chita ab. »Das habe ich dir doch schon erklärt.«
    »Wir werden sehen …«, antwortete Froh.
    »Werden wir nicht!«, beharrte Chita. »Man wird uns retten. Beide.«
    »Möchtest du meine Geschichte nun hören?«, wiederholte Froh.
    Chita runzelte die Stirn. »War sie das noch nicht?«
    »Ich fühlte mich schlecht, das ist richtig«, fuhr Froh fort. »Aber das war längst nicht alles.«
    »Sondern?«, drängte Chita.
    »Am Morgen, nachdem ich diese Muschel stahl, von der ich Niedlich erzählte, ich hätte selbst danach getaucht …«, antwortete Froh und hörte für einen kurzen Augenblick auf zu lächeln. »An diesem Morgen brachte meine Schwester ein Kind zur Welt. Es war ein Junge. Und er war tot.«
    »Aber was hat das eine denn mit dem anderen zu tun?«, wunderte sich Chita.
    »Es war ein Zeichen«, erklärte Froh.
    Chita stöhnte auf. »Zeichen hier, Zeichen da, Zeichen trallalalala …«, wandte sie genervt ein. »Schau mal, da oben! Siehst du diese Wolke? Der ganze Himmel ist strahlend blau, und da ist nur diese eine, einsame Wolke. Ist das auch ein Zeichen? Willst du nun nackt auf einem Bein stehen und dir singend vor den Hinterkopf schlagen?«
    »Sollte ich?«, wunderte sich Froh. »Was für ein Ritual soll das sein? Betet man bei euch zu Hause so zu den Göttern?«
    »Wir beten nicht!« Chita schrie fast. Nach ihrem Verstand schien die Fremde nun auch noch die Beherrschung zu verlieren. Besser, er hielt sich ein wenig zurück, dachte Froh und lächelte ihr zu.
    »Es gibt keine Götter, es gibt keine Zeichen! Es gibt nur Menschen, die die Welt nicht verstehen!«, behauptete Chita.
    »Das muss ich auch nicht«, winkte Froh bescheiden ab. »Ich bin nur ein einfacher Fischer.«
    Chita stieß geräuschvoll die Luft durch die Zähne und lehnte sich kraftlos gegen die Bootswand. Sie stützte einen Ellbogen auf das Holz, bettete ihre Stirn in die Hand und schüttelte schwach das goldene Haar. Eine Weile schwieg sie. Dann sah sie ihn traurig an.
    »Meine Mutter hat auch ein drittes Kind geboren, Froh«, sagte sie leise. »Es war ein Mädchen. Und es war tot.«

13
    E s geschah zwei oder drei Jahre nach meiner Prügelei mit Cocha. Ja: Ich muss wohl zehn Sommer alt gewesen sein, denn die ersten Spezialisten hatten sich schon einen ersten Überblick über die Aufzeichnungen verschafft, die Moijo so eifrig über mich und meine Entwicklung gesammelt hatte. Schon im kommenden Jahr sollten sie anhand seiner Leistungen und besonderen Fähigkeiten über Soras Zukunft entscheiden. Für mich war es noch vier Jahre hin.

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