Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Mädchen aus dem Meer: Roman

Das Mädchen aus dem Meer: Roman

Titel: Das Mädchen aus dem Meer: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Hohlbein
Vom Netzwerk:
Sternensilberkugel uns umschloss … Diese unglaubliche Spannung, die jeden Raum ausfüllte, den wir gemeinsam betraten …
    Das spürte er doch auch, oder? Jeder bekam das mit. Alle beobachteten uns heimlich, und es waren bestimmt nicht alle in Cocha verknallt.
    Wieder rief jemand meinen Namen, und dieses Mal konnte ich nicht so tun, als hätte ich nichts gehört, denn nun war die Stimme gleich hinter mir. Außerdem umschloss eine Hand meinen Unterarm und hinderte mich daran, einfach weiterzulaufen. Ungehalten fuhr ich herum und sah mich Golondrin gegenüber, der sich die Dreiundachtzig mit Cocha und einem anderen Jungen teilte.
    Die Krieger beschleunigten ihre Schritte. Einer zog ein Spuckrohr, das einen Betäubungspfeil geladen hatte, und ein anderer gleich sein Schwert. Aber ich bedeutete ihnen mit einer harschen Geste zurückzubleiben, und wandte mich wütend an Golondrin.
    »Was willst du?«, fuhr ich ihn an. »Nimm deine schmutzigen Finger von mir und lass mich weitergehen!«
    Golondrin, gewissermaßen das männliche Pendant zu Anna, der langweiligen Tümpelente, nickte zwar, hielt mich aber weiter fest.
    »Ich verstehe, dass du wütend bist«, behauptete er verständnisvoll, obwohl wir uns gar nicht kannten, und warf einen unsicheren Blick zu meinen Bewachern hin. »Möchtest du einen Kirschsaft?«, erkundigte er sich und nickte in Richtung seines Schülerhauses. »Oder eine Honigmilch? Ich würde gern mit dir reden.«
    »Und ich würde dir gern eine scheuern, aber dann erschießen dich meine Krieger«, gab ich zurück und sah wieder Cocha nach – aber er und Anna waren plötzlich wie vom Erdboden verschluckt. Bestimmt bewohnte sie auch eines der Häuser am Ende der Achten Straße, dachte ich maßlos enttäuscht und wütend, und nun waren sie hineingegangen und hatten ihre Zimmertür hinter sich verschlossen und warfen sich kichernd auf ihr Bett und lästerten über mich, während sie … während sie …
    Ich spürte, wie ich vor Wut und Enttäuschung zu zittern begann, und Golondrin legte sanft die freie Linke zwischen meine Schulterblätter.
    »Es ist nicht so, wie du denkst«, beschwor er mich leise und schob mich durch den Vorgarten der Dreiundachtzig. »Es gibt keinen Grund, eifersüchtig zu sein. Cocha ist ein feiner Kerl. Und er mag dich. Aber tu dir selbst einen Gefallen und spioniere ihm nicht hinterher.«
    Zweifelnd sah ich ihn an. Noch immer hätte ich ihm am liebsten eine geschmiert, weil er mich daran gehindert hatte, Cocha und Anna zur Rede zu stellen. Aber andererseits hatten seine Worte auch Neugier in mir geweckt: Er wusste, dass Cocha mich mochte, und ich brannte darauf zu erfahren, wie viel von dem, was Cocha über mich dachte, er sonst noch wusste.
    »Eine Honigmilch«, wiederholte Golondrin sein Angebot. »Und danach gehen wir zusammen ins Musikhaus. Cocha kommt später nach. Versprochen.«
    Das war natürlich ein Argument. Also nahm ich seine Einladung zähneknirschend, aber mit einem Hauch neuer Hoffnung an und folgte ihm ins Haus.
    Doch die Stunden mit Golondrin verliefen enttäuschend wenig aufschlussreich. Entweder vertraute Cocha ihm doch nicht so sehr, wie ich gedacht hatte, oder Golondrin hatte ihm sein Schweigen zugesichert. Jedenfalls wiederholte er sowohl im Schülerhaus als auch im Musikhaus immer nur, was er mir schon draußen auf der Straße erklärt hatte. Egal, wie penetrant ich ihn mit Fragen löcherte: Cocha mochte mich, ich sollte Anna in Ruhe lassen, und ich sollte ihm nicht nachstellen, weil er mir alles, was ich wissen musste, über kurz oder lang selbst anvertrauen würde. Mehr war einfach nicht aus ihm rauszukriegen.
    Aber das reichte mir nicht. Ich war immer noch wütend auf die beiden. Jetzt sogar mehr denn je, denn inzwischen konnte ich mir die Überraschung mit den Pferden abschminken. Es war längst zu spät zum Reiten – dabei hatte ich mir den Extraausflug hart erarbeitet.
    Als die beiden spät in der Nacht tatsächlich im Musikhaus erschienen, in dem ich nicht etwa tanzte, sondern übellaunig in einer schlecht beleuchteten Ecke wartete, war mein erster Impuls deshalb immer noch, mich durch die Menge der tanzenden und lachenden Schüler zu boxen und Anna die Nase zu brechen. Den ersten Teil meines Plans setzte ich sogar in die Tat um (obwohl ich nicht viele Leute schubsen konnte, denn sobald ich mich vom Fleck bewegte, teilte sich die Menge schon von selbst, was wohl daran lag, dass die vermaledeiten Krieger mir sogar ins Musikhaus folgten). Auch

Weitere Kostenlose Bücher