Das Mädchen aus dem Meer: Roman
Also halt am besten die Klappe und hör gut zu. Umso schneller wirst du mich wieder los.«
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V on meinen widersprüchlichen Gefühlen für Cocha völlig überfordert, empfand ich die ersten Tage in Silberfels als recht anstrengend. Als mein Pate war es seine Aufgabe, mir alles zu zeigen und zu erklären, was relevant oder interessant für mich war: die Lernhäuser, die ich allmorgendlich zusammen mit Hunderten anderer Novizen und Novizinnen aufsuchte, das Speisehaus, in dem wir alle uns viermal am Tag kulinarischen Hochgenüssen hingaben, das runde, aufwändig gestaltete Theater, in dem wir am ersten Abend offiziell empfangen wurden und in dem wir uns viele andere Abende mit abenteuerlichen wie lehrreichen Geschichten aus fernen Ländern vertrieben, die teilweise von echten Primitiven an Ketten gespielt wurden, was sehr aufregend für mich war, denn ich hatte noch nie einen Primitiven gesehen. Außerdem natürlich mein Schülerhaus, das die Nummer Zweihundertzwölf trug und das ich mir mit Cyra und Mimmo teilte – zwei anderen Mädchen aus sehr guten Elternhäusern. Natürlich machte er mich auch mit dem Badehaus und seinen riesigen, warmen Badebecken und dem Massagebereich vertraut, der insbesondere bei den Freizeitsportlern sehr beliebt war, und auch mit dem hervorragend ausgestatteten Expertenhaus mit all seinen Laboratorien, die wir unter Aufsicht nutzen durften, um die unterschiedlichsten Dinge auszuprobieren. Außerdem beherbergte Silberfels die größte und umfangreichste Bibliothek des ganzen Kontinents. Sie verfügte sogar über einen unterirdischen Bereich, in dem besonders wichtige und besonders alte Schriftstücke vor Licht und Luftfeuchtigkeit geschützt aufbewahrt wurden – darunter die ältesten der Menschheit.
Cocha zeigte mir auch das Haus der Körperkundigen; allerdings nur von außen. Es diente ausschließlich der Forschung; der Zutritt war uns allen verwehrt. Wer erkrankte oder sich verletzte, wurde im Ruhehaus nebenan versorgt, das sich allerdings auch mehr als nur sehen lassen konnte.
Nachdem ich mich an Cochas ständige Gegenwart und das damit einhergehende Gefühlschaos gewöhnt hatte, begann ich Silberfels in vollen Zügen zu genießen.
Ich war als verwöhntes Mädchen gekommen, doch erst in dieser Stadt erfuhr ich, was Luxus wirklich bedeutet. Bildung ist unser wichtigstes Gut, das Fundament unserer großartigen Kultur, und das spürt man nirgendwo auf der Welt deutlicher als in der Stadt der Kinder, wie Silberfels auch genannt wird. Selbst aus den anderen Staaten Cypriens schickten die Reichsten der Reichen ihre Kinder hierher, um ihnen die bestmögliche Ausbildung zuteilwerden zu lassen. Wir alle waren ausschließlich dort, um zu lernen, und nichts lernt besser als ein gesunder, zufriedener Geist. Solange wir die Leistungen erbrachten, die man von uns erwartete, fehlte es uns an absolut nichts.
Sicher: Auch in Hohenheim hatte ich ein angenehmes Leben geführt. Aber so aufregend und abwechslungsreich wie in Silberfels war es beileibe nicht gewesen. Rückblickend war die erste Zeit meines Novizendaseins mindestens die zweitbeste meines Lebens.
Infolge meiner außergewöhnlichen Abstammung genoss ich außerdem das eine oder andere zusätzliche Privileg – den Ochsenkarren zum Beispiel, der mich unter Aufsicht der vier Krieger, die mich vom ersten Tag an diskret, aber aufmerksam bewachten, schnell und bequem von jedem beliebigen Gebäude zum anderen brachte. Sobald ich morgens unser Haus verließ, waren der Karren und die Krieger schon da, und abends wachten jeweils zwei der Männer vor der Tür meines Hauses, bis die letzte Lampe erloschen war.
Selbst in der Nacht konnte ich mich darauf verlassen, dass zumindest einer von ihnen in der Nähe blieb, wie ich feststellte, als einer der Neider, die es hier, wie überall sonst auf der Welt, natürlich auch gab, irgendwann zu später Stunde ein paar faule Eier gegen mein Fenster schleuderte. Sein Name war Horb oder Hörb, ich weiß es nicht mehr genau. Der Krieger erwischte ihn an einem Ohr, als er sich nach seinem üblen Fehltritt, der wohl eine Mutprobe gewesen war, in den nicht weit entfernten Wasserlauf zu flüchten versuchte, und er trat noch in derselben Nacht die Heimreise nach wohin auch immer an – nach nur vier Wochen in Silberfels und mit nur noch einem einzigen Ohr.
Die Mädchen, mit denen ich mir eines der Häuser teilte, waren ebenfalls die, mit denen ich an vier Tagen in der Woche die Kunst der Sprachen lernte. Der
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