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Das Mädchen aus der Pearl Street

Das Mädchen aus der Pearl Street

Titel: Das Mädchen aus der Pearl Street Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman Butters
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Putnam gedroht, jeden zu verdreschen, den er in der Nähe des Gemeindehauses erwischt.“
    „Pussy Putnam!“ schnaubte Kitty, „hast du vor dem etwa Bammel?“
    „N-n-nein“, machte Danny kleinlaut, „--n-n-nicht unbedingt!“
    „Pussy! Wenn ich ihn bloß sehe mitsamt seiner blödsinnigen karierten Kappe!“ ereiferte sich Kitty. „Sag mal, könnt ihr Buben denn keinen besseren Leithammel für eure Horde finden? Irgendwer müßte euch in anderer Richtung in Schwung bringen. Ich fände es wunderbar, wenn du derjenige wärst, Danny!“
    „Vielleicht...“
    Er stand auf und begann nervös vor dem Sofa auf und ab zu gehen. „Was gibt’s denn heute zum Abendessen?“ lenkte er schließlich ab.
    Kitty zögerte einen Augenblick und ging dann in die Küche zu der alten Teekanne im obersten Fach des Schrankes, in der das Haushaltungsgeld aufbewahrt wurde. Sie würde erst in zwei Wochen ihren Lohn bekommen, aber Thomas hatte heute 50 Dollar beigesteuert. Sie nahm einen Dollar davon weg und drückte ihn Danny in die Hand.
    „Keine Besorgungen heute, Danny“, sagte sie gönnerhaft, „aber du darfst um 8 Uhr ins Kino gehen. Ins Kino und hinterher ein Eiscreme-Soda!“
    „Wirklich?“ Er strahlte.
    „Ja, wirklich, Danny.“
    „Aber--aber--, nun, es ist nicht gerecht“, druckste er und hielt ihr die grüne Dollarnote wieder hin, „du schuftest die ganze Nacht, und ich soll ins Kino gehen!“
    „Thomas spendiert es dir“, beruhigte sie ihn mütterlich, „mach dir nicht so viele Gedanken. Schließlich hast auch du den ganzen Tag geschafft und keinen Cent davon für dich. So, und nun nimm’s schon!“
    „Danke, Kitty. Vielen Dank. Ehrlich--du bist die Allerbeste!“
    „Mach keine Sprüche“, lachte sie, „unterhalte lieber Mama, während ich jetzt ein Bad nehme. Sie wird gleich ’runterkommen, und du weißt, sie hat dann gern jemanden, mit dem sie reden kann.“
     
    Kitty fühlte sich etwas besser, als sie aus dem Bus stieg und durch das große Fabriktor schlenderte. Nach Sonnenuntergang hatte die Luft sich etwas abgekühlt, und ein sanfter, erfrischender Wind fächelte ihr übers Haar. Mrs. Janeway war mit dem gleichen Bus gekommen, aber weder Dean noch Piccolo ließen sich sehen. Sie wurden wohl mit dem Auto hergebracht, vermutete sie, nachdem die beiden den ganzen Tag über von ihren Müttern wie kranke Küken von einer übereifrigen Glucke umsorgt und umhätschelt worden waren. Sicherlich hatten sie sich ein dutzendmal fragen lassen, ob sie auch gewiß genug gegessen und geschlafen hätten und ob sie sich um Himmels willen auch wirklich kräftig genug fühlten, heute abend wieder in einer Fabrik zu arbeiten, oder ob sie nicht doch lieber ihre absurde Idee aufgeben wollten. Kitty war einmal mit dem Bus an Deans Haus vorbeigefahren, nachdem sie seine Adresse vorher aus dem Telefonbuch herausgesucht hatte. Er wohnte in der Terrassenstraße, gleich neben dem Gesellschaftsgebäude des höchst exquisiten Country-Clubs, in einem weit ausladenden Backsteinhaus mit riesigen Glasschiebefenstern und einem steinernen Patio. Hier, in den Neuenglandstaaten, wo man gewöhnlich nur mit Holz und Kunstfaserplatten baut, war ein Backsteinhaus das untrügliche Zeichen dafür, daß die Eigentümer jener gesicherten Klasse gutsituierter Bürger angehörten. Das Tracysche Haus war dazu noch besonders elegant und großzügig angelegt. Auf der tadellos geschnittenen, samtigen Grasfläche hatte Kitty Federballschläger liegen sehen, und die gepflegten Blumen wuchsen nicht etwa wie gewöhnlich einfach aus dem Boden hervor, sondern aus mächtigen, sehr geschmackvollen Keramikschalen. Wie mußte es wohl sein, in einer solchen Umgebung zu leben?
    Vor dem Glaskasten mit der Kontrolluhr stand eine lange Schlange. Kitty schloß sich an und wartete geduldig. Acht Stunden Hitze lagen vor ihr--würde sie durchhalten können?
    „He, Kitty!“ rief jemand direkt hinter ihr. Es war Dean.
    „Hallo!“ sagte sie und sortierte krampfhaft in ihrem Kopf sämtliche Redensarten, die man einem solchen Gruß anhängen konnte, aber nichts schien ihr zu passen. Weil ihr in der Aufregung nichts Besseres einfiel, fragte sie: „Wo ist Piccolo?“
    „Er parkt den Wagen. Dürfen wir Sie vielleicht morgen früh nach Hause fahren?“
    „Oh, das wäre fein!“ freute sie sich. Gleich darauf legte sich aber ein Schatten über ihr Gesicht. „Wenigstens bis in die Innenstadt“, fügte sie zögernd und vorsichtig hinzu.
    Die Klingeln schrillten, und

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