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Das Mädchen aus der Pearl Street

Das Mädchen aus der Pearl Street

Titel: Das Mädchen aus der Pearl Street Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman Butters
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—, wo hätte Danny sich passende Gefährten suchen sollen? Ihm waren die gepflegten Elternhäuser nett erzogener Jungen verschlossen. Für ihn blieb nur die Straße--oder das Gemeindehaus.
    Oh, wie ich die Pearl Street hasse, dachte sie in stiller Wut, und laut äußerte sie dann:
    „Wir essen heute lieber früher als sonst. Es kann sein, daß ich eher Weggehen muß!“
    Sie ging in die Küche und schlitzte mit dem Messer ein paar Frankfurter Würstchen auf, um sie in dem zerbeulten Backofen aufzubraten. Sie hoffte, in nicht allzu ferner Zukunft zum Kauf eines neuen Herdes beisteuern zu können, nachdem vorige Woche die letzte Rate für den Kühlschrank abgezahlt worden war. Obgleich Mutter sehr selten kochte, hatte sie doch Freude an hübschen, sauberen, modernen Dingen. Wie würde sie sich über einen chromblitzenden Gasherd freuen, komplett mit allen Schikanen einschließlich einer Uhr, die wie eine denkende Person auf Bestellung automatisch die Brenner ab- und anschaltete. Mit Geld, verdammt noch mal, mit Geld konnte man wirklich alles! Hm, außer Minderwertigkeitsgefühle loswerden! Das mußte sie sich leider im stillen eingestehen. Sie dachte an Cy und alles, was er ihr am vergangenen Abend gesagt hatte. Vielleicht hatte er recht? Vielleicht war es wirklich so, daß sie nirgendwo glücklich sein konnte, ehe sie nicht ihre innere Einstellung änderte? Nun, sie wollte sichergehen. Nach wie vor war ihr erstes Ziel, sich selbst und ihre Familie aus diesem verhaßten Elendsviertel herauszukriegen, und dann, ja, dann wollte sie gern auch dem guten Zweck des Gemeindehauses zum Erfolg verhelfen. Sie konnte sich bereits im Geiste die Pearl Street entlangschweben sehen, in einem tadellos sauberen, weißen, gestärkten Kleid. Sie würde wie eine gute Fee durch die Tür des Gemeindehauses ein treten und die Treppe hinaufsteigen zu einem kleinen Zimmer, in dem ein Dutzend Kinder sie sehnlichst erwarteten. „Oh, Miß Boscz!“ würden sie ihr im Chor entgegenrufen, „oh, was für ein wunderschönes Kleid Sie anhaben! Dürfen wir es anfassen?“ Und irgendwann später würde sie dann eines der Kleinen in Tränen finden, es in die Arme nehmen und tröstend versichern: „Ich habe selbst einmal in der Pearl Street gewohnt!“ Und das Kind würde in ungläubigem Staunen die Augen aufreißen und sich wundern: „Nein, Miß Boscz, Siiie? Das kann doch nicht wahr sein!“
    Lady Wohlhabenheit! Ja, sie war wirklich ein Snob. Eben jene verwahrlosten Kinder warteten vermutlich in dieser Stunde in dem kleinen Raum des Gemeindehauses auf jemanden, der ihnen ein Spiel und die primitivsten Anstandsregeln beibringen wollte, ob derjenige nun ein schickes weißes Kleid anhatte oder nicht. Aber sie selbst hatte nichts anderes im Sinn, als einmal nur noch als Besucher hierherzukommen, statt sich zwischen den heißen Häusern der Pearl Street eingeengt zu fühlen wie eine Gefangene. Mit aller Macht strebte sie nach Sauberkeit und Kühle und genügend Raum.
    Vergiß doch diesen Cy Whitney, befahl sie sich grimmig, indem sie feindselig die Spitze des Büchsenöffners in eine Dose Erbsen spießte. Danny stand schweigsam neben ihr, als sie das Gemüse in einen Topf kippte und heiß werden ließ. Dann aßen sie zu Abend, wuschen und trockneten das Geschirr, und noch immer hatte es nicht zu regnen aufgehört, und noch immer war Thomas nicht heimgekommen. Kitty wußte, wie es Mutter gegen den Strich gehen mußte, gegen elf Uhr wegzugehen, ohne daß sie beide Buben daheim wußte. Es schien, als glaube sie, das Haus könne die beiden irgendwie beschützen.
    „Ein guter Abend zum Fernsehen“, rief Kitty Danny möglichst heiter zu. „Mam kann noch gut zwei Stunden bei dir bleiben!“
    Sie zog ihre Überschuhe an, suchte einen Schirm und umarmte impulsiv ihre Mutter.
    „Nacht, Mam, schaff nicht so arg“, sagte sie.
    Die Mutter schien sich zu freuen.
    „Du bist ein gutes Kind, Katherine“, lächelte sie, „paß auf, daß du nicht allzu naß wirst.“
    Kitty zog hinter sich die Tür zu. Das Verandalicht beleuchtete den Vorgarten, der sich in einen glänzendschwarzen Teich verwandelt hatte. Dahinter gurgelte ein zumindest wadentiefer Fluß, wo einst die Straße gewesen war. In der Mitte sah sie ein Auto stehen. Gut, dachte sie beruhigt, sicher brachte irgendein Bekannter Thomas nach Hause, und Mutter konnte nun ohne Sorge zur Arbeit gehen. Dann aber sah sie, daß der Wagen grün war wie der von Piccolo. Ihre Hand griff nach ihrer Kehle, und sie

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