Das Mädchen-Buch
Ekel vor Vaginalflüssigkeit oder der Samenflüssigkeit fortsetzen und einen selbstverständlichen Umgang mit Sexualität erschweren.
Sexualerziehung
Die Sexualerziehung geht in eine neue Phase. Die Mädchen fangen an, Fragen zu ihrem Körper zu stellen. Sie wollen wissen, woher die Babys kommen, und sie interessieren sich für den andersgeschlechtlichen Körper.
Warum habe ich eine Scheide und der Papa einen Penis? Woher kommen die Babys? Wie lebt das Baby im Bauch? Es gibt anschauliche und witzige Aufklärungsbücher, die Eltern mit ihren Kindern betrachten können. Die Fragen der Kinder kommen oft direkt, manchmal überraschend. Und Eltern haben nicht zu allem eine Antwort parat. Müssen sie auch nicht. Ihre Tochter spürt, ob sie die Fragen stellen kann und ob Sie sich ehrlich darum bemühen, eine Antwort zu finden. | 73 |
Papa ist der Beste
Als meine Tochter fünf Jahre alt war, fuhren wir zusammen mit Luca, dem damals dreijährigen Bruder, im Auto. Die Kinder saßen hinten und unterhielten sich angeregt. Als wir an einer Ampel standen, hörte ich Jana zu ihrem Bruder sagen: »Den Papa hab ich ja am liebsten.« Kurze Pause. »… und dann kommt die Luzie«, ging das Gespräch weiter – die Luzie, das war die Babysitterin der Kinder – und wieder eine längere Pause. Schließlich folgte der Satz von Jana: »Die Mama hab ich auch ein bisschen lieb.« Und Luca, der seine Schwester anhimmelte und in allen möglichen Dingen versuchte, es ihr gleichzutun, pflichtete ihr bei. Ich versuchte, ruhig zu bleiben und mich nicht in das Gespräch einzumischen. Und sagte mir in Gedanken mehrere Male: »Du musst jetzt ganz stark sein.«
Der Elektrakomplex
Der Psychoanalytiker C. G. Jung prägte den Begriff Elektrakomplex als Pendant zu Freuds Ödipuskomplex. Elektra ist in der griechischen Sage die Tochter des Agamemnon, des Königs von Mykene, und dessen Frau, der Klytämnestra. Elektra half ihrem Bruder Orest bei der Ermordung ihrer Mutter und ihres Stiefvaters als Rache dafür, dass diese Agamemnon getötet hatten.
Beide, Jung und Freud wurden für ihre Theorien, die sie mit unterschiedlichen Trieben verknüpften, scharf kritisiert und Freud selbst lehnte den Elektrakomplex seines Kollegen Jung, samt dessen Theorie über die starke Bindung des Mädchens an ihren Vater bei gleichzeitiger Feindseligkeit der Mutter gegenüber, ab. Wenn wir den »Elektrakomplex« nicht überinterpretieren und ihn nur als Bild für Verhaltensweisen und Gefühle sehen, die ein kleines Mädchen und später auch ein pubertie | 74 | rendes gelegentlich empfindet, ist er aber ganz nützlich, um zu verdeutlichen, was Eltern von Mädchen immer wieder beobachten:
Das kleine Mädchen verliebt sich in seinen Vater! Sie möchte auf seinem Schoß sitzen, an seiner Hand gehen, etwas mit ihm alleine unternehmen. Vielleicht möchte sie ihn auch heiraten und in solchen Situationen muss die Mutter als Konkurrentin eben manchmal auch einfach »weg« sein.
Wie ist das zu erklären? Die Mutter ist für ihre Kinder die erste Frau, das erste weibliche Vorbild, und der Vater das erste männliche Vorbild. An ihnen probieren die Kinder – unbewusst – aus, wie Beziehungen funktionieren: »Wie geht das mit dem Lieben, Werben und Heiraten?« Es ist eine Art Probehandeln.
»Ich glaube, dass die Mädchen an den Vätern den Umgang mit Männern üben. Sie erfahren und erleben: ›Wie kann ich mit dem reden?‹, ›Wie reagiert der darauf jetzt?‹. Das finden sie interessant. Ich glaube, die üben mit den Vätern auch flirten: ›Wie reagiert der, wenn ich so guck?‹, ›Wie reagiert der, wenn ich das sag?‹, ›Guck mal, wenn ich die Bemerkung mach, lacht der … dann mach ich die doch noch mal‹.«
VATER, 44 JAHRE, EINE TOCHTER
Damit Eltern mit solchen oder ähnlichen Situationen angemessen umgehen können, ist es wichtig, dass sie sich klarmachen, das es um keine wirkliche Konkurrenz zwischen ihnen geht. Wenn Eltern ihren Kindern die Chance einräumen, sich auszuprobieren, bestärken sie sie damit in ihrer Suche nach ihrer Geschlechtsidentität. Andererseits ist es natürlich ihre Aufgabe, eine Tragödie griechischen Ausmaßes zu verhindern. Wird die Tochter von einem der Eltern also als tatsächlicher Partner | 75 | ersatz benutzt, als echtes Gegenüber bei Problemen aller Art, ist das fatal für die Entwicklung des Kindes. Denn es gehört zur Kindheit, Verständnis Erwachsener zwar erwarten zu können, aber es darf umgekehrt nicht Aufgabe der Kinder
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