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Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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Stücke davon ab und schob sie sich in die Backen vor die Zähne: »Guck, jetft bin ich perfekt«, lachte er. »Ich muff nur noch ein biffchen fschwerfällig gehen«, fügte er hinzu und änderte seinen Gang.
    »Das ist ja verrückt!«, rief Benedetta.
    »Wenn man fich verkleidet, reift ef nicht, wenn man fich …«
    »Ich verstehe kein Wort«, sagte Benedetta.
    Mercurio nahm die Apfelstücke wieder aus dem Mund und warf sie fort. »Nein, so funktioniert das nicht. Noch eine Regel: Nicht übertreiben. Wenn der Wirt mich nicht versteht, dann ist alles für die Katz. Was ich sagen wollte, wenn man sich verkleidet, reicht es nicht, einfach nur etwas anderes als sonst anzuziehen. Du musst die Sachen zu deinen eigenen machen und dich darin so selbstverständlich bewegen, als würdest du jeden Tag solche Kleider anziehen.«
    »Also muss ich mich in diesem Kleid wie eine Herzogin bewegen?«, fragte Benedetta.
    »Na ja, ein wenig mit dem Hintern wackeln könntest du schon.«
    »Ach, du kannst mich mal, Mercurio«, schnaubte Benedetta empört, aber nach ein paar Schritten grinste sie und fing an, sich in den Hüften zu wiegen.
    Sie bogen in den Vico de’ Funari ein. »Warte hier. Und bleib in Sichtweite«, sagte Mercurio zu Benedetta. »Und ihr beiden lasst euch nicht blicken.«
    Der Besitzer des Wirtshauses im Vico de’ Funari war ein kräftiger Mann, selbstbewusst und mit dem geröteten Gesicht eines Säufers. Er stand zwischen zwei großen quadratischen Eingängen, die von Falttüren verschlossen wurden. Mehrere Diener schoben diese gerade zur Seite. Das Wirtshaus Zu den Dichtern war hell und geräumig. Früher hatte es als Lagerraum gedient. Die beiden riesigen, an der rechten Wand aufgestellten Weinfässer sollten den Reichtum des Besitzers demonstrieren.
    »Einen guten Tag, Bruder«, hörte der Wirt eine Stimme hinter sich.
    »Ich habe weder Brüder noch Schwestern«, erwiderte der Wirt feindselig, als er sich plötzlich einem jungen Priester gegenübersah.
    »Unser Herr will dir ein Angebot machen«, sagte Mercurio mit einem süßlichen Lächeln.
    Der Wirt betrachtete ihn von oben bis unten. »Wenn du hier nach milden Gaben suchst, klopfst du an der falschen Tür, Pfaffe«, erwiderte er und wollte ihm schon den Rücken zukehren.
    »Du hast mich nicht verstanden, guter Mann. Unser Herrgott ist es, der dir in seiner unendlichen Güte eine Gelegenheit bieten will«, sagte Mercurio.
    Der Wirt sah ihn stirnrunzelnd an. »Was für eine Gelegenheit?«
    »Er gibt dir die Möglichkeit, ein Unrecht wiedergutzumachen, Bruder.«
    Der Wirt wurde misstrauisch. Er verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich zurück. Mit aufeinandergepressten Lippen starrte er den jungen Priester an.
    Mercurio sagte nichts und hielt seinem Blick stand.
    »Von was für einem Unrecht faselst du da?«, gab der Wirt sich schließlich geschlagen.
    Mercurio lächelte beglückt. »Seine Erlauchteste Heiligkeit, der Bischof von Carpi, Monsignor Tommaso Barca di Albissola, dem ich als Sekretär zu dienen die höchste Ehre habe, in saecula saeculorum atque voluntas Dei …«
    »Hör auf, lateinisch zu schwatzen, und rede klar und deutlich. Und mach es kurz«, verlangte der Wirt, der angesichts des langen Namens einiges von seiner Bestimmtheit eingebüßt hatte.
    »Da gibt es nicht viel zu sagen. Du musst dir nur diese junge Frau ansehen, dann weißt du schon Bescheid.« Mit diesen Worten drehte er sich zur Straßenecke um und zeigte auf Benedetta. »Erkennst du sie wieder?«
    »Warum sollte ich?« Der Wirt versteifte sich.
    »Weil du gestern Abend ein Goldstück einbehalten hast, das sich in ihrem rechtmäßigen Besitz befand«, erklärte Mercurio.
    »Ich will verdammt sein, wenn das wahr ist …«
    Mercurio schüttelte den Kopf und kräuselte vermeintlich enttäuscht die Lippen. »Unser Herrgott bietet dir durch die Hand seines demütigen Dieners, also durch mich, eine solche Gelegenheit, und du vergeudest sie so töricht? Ich repräsentiere Gottes Hand und die Geldkatze Ihro Exzellenz. Das Geldstück, das du dem Mädchen abgenommen hast, gehört dem Bischof, der sich wie jedes Jahr in Rom aufhält, um den Heiligen Vater zu besuchen. Und der Bischof weiß noch nichts von der Angelegenheit …«
    Der Wirt wusste nicht, was er tun sollte. Er fürchtete, man wolle ihn hinters Licht führen, wollte aber auch nicht wagen, sich einen mächtigen Mann der Kirche zum Feind zu machen. Einerseits wollte er sich nicht von einer so leicht errungenen Goldmünze

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