Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
Vom Netzwerk:
zustimmendes Nicken. »Der Meister Zimmermann wird ihn an den Meister der Kalfaterer übergeben und dann, nachdem er an Bord gegangen ist, wird er an die anderen Meister weitergereicht.« Tagliafico schob Mercurio zu dem Mann hin, mit dem er gerade gesprochen hatte.
    »Ich bin der Oberste Zimmermann Mastro Scoacamin«, sagte dieser. »Tagliafico hat dir eine große Ehre erwiesen. Vergilt ihm das, indem du ihm aufmerksam bei der Arbeit zusiehst. Keiner ist besser als er darin, den Grundriss eines Schiffsrumpfs zu entwerfen.«
    Der Proto war inzwischen schon weitergegangen. Er kniete sich immer wieder hin, maß hier und dort etwas nach und zeichnete dann mit der kleinen Schubkarre bestimmte Linien längs der Spur an, die Mercurio gezogen hatte, bis ein ganzes Spinnennetz entstanden war. Schließlich war die Arbeit beendet, und der Schweiß stand ihm auf der Stirn. Auch Gesicht und Bart waren mit Roterde verklebt, sogar seine Augengläser und sein schwarzes Gewand.
    Als er die Hände zum Himmel hob, klatschten alle laut Beifall.
    Mercurio sah den Meister der Schiffszimmerleute fragend an.
    »Das Schiff ist fertig«, erklärte der und zeigte auf die roten Linien auf dem Boden. »Das ist eigentlich schon das ganze Schiff. Für uns bleiben jetzt die leichteren Aufgaben.« Er wandte sich an seine Leute und brüllte: »Los, an die Arbeit!«
    Gleich darauf waren drei schwere Lastkarren mit dicken quadratischen und schmaleren rechteckigen Balken zur Stelle.
    »Ihr da, legt den Kiel!«, ordnete der Meister der Zimmerleute an.
    Die Schiffszimmerleute nahmen einen riesigen Balken mit rechteckigem Querschnitt, legten ihn auf eine der roten Linien, die der Proto gezogen hatte, und schnitten ihn genau auf diese Linie zu. Danach fügten sie in unglaublicher Geschwindigkeit und mit beinahe tänzerischer Anmut einen Balken nach dem anderen auf- und ineinander, bohrten lotrechte Löcher hinein und verbanden die Kielbalken untereinander.
    »Achtersteven und Vordersteven!« Auf den lauten Befehl des Meisters der Zimmerleute baute eine andere Gruppe von ihnen zwei gerundete Elemente ein, die denselben rechteckigen Querschnitt aufwiesen wie der Kiel. Sie hatten ihre Arbeit noch nicht beendet, als wieder andere eine Reihe von Wangen einfügten, die am Kiel von einem kleineren Balken, dem sogenannten Kielschwein, zusammengehalten wurden.
    Nachdem Mastro Scoacamin die Arbeit seiner Leute überprüft hatte, ordnete er eine kurze Unterbrechung an, während der die Gehilfen, unter ihnen auch Mercurio, Holzspäne, Splitter und andere Überreste der Arbeiten zusammenfegten. Danach war keine Spur mehr von den Linien aus Roterde zu sehen. An ihrer Stelle erhob sich nun das Gerüst der zukünftigen Galeere in die Luft wie das Skelett eines gewaltigen Fabeltiers.
    Nun zog man das darüber, was als Schiffshaut bezeichnet wurde, bis schließlich die Glocke zur allgemeinen Mittagspause schlug.
    Nach einem schnellen Mahl brachte der Meister der Zimmerleute Mercurio zum Meister der Kalfaterer, die ihm schon vorher wegen ihrer pechverkrusteten Hände aufgefallen waren. Der Mann nickte ihm kurz zu und übergab ihn an einen Gehilfen.
    »Pass auf, dass du dich nicht verbrennst«, sagte der und gab ihm einen Eimer mit heißem, flüssigem Pech und einer schwarz verkrusteten Kelle darin. Jetzt begriff Mercurio, warum alle hier so schwarze Hände hatten. Der Junge goss das Pech in einen größeren Eimer, in dem ein anderer Gehilfe schon kreisförmig Werg ausgelegt hatte.
    Der Meister der Kalfaterer glitt mit der Hand in die Fugen der Schiffshaut. »Schöreisen!«, befahl er, und man reichte ihm eine Art überbreiten Meißel mit einer flachen Klinge. »Kalfathammer!« Und er bekam einen walzenförmigen Holzhammer. Der Meister nickte einem Gehilfen zu, der daraufhin einen heißen, pechgetränkten Wergstreifen hervorholte und ihn an die Schiffshaut hielt, wo ihn der Meister mit dem Schöreisen einklopfte.
    Mercurio betrachtete fasziniert den Schiffsrumpf: Da waren, teils am Boden, teils hoch oben auf Leitern, mindestens fünfzig Kalfaterer am Werk, die mit ihren Eisen und Hämmern die Fugen verschlossen, und mindestens die doppelte Anzahl an Gehilfen. Das Hämmern war ohrenbetäubend, und die Arbeiten gingen mit atemberaubender Schnelligkeit vorwärts.
    Danach hallte die Stimme des Proto laut über den Bauplatz: »Ins Dock!«
    Sofort herrschte gespannte Stille.
    Alle Arsenalotti drängten sich um den Schiffskörper. Ungefähr dreißig Männer hatten sich darum

Weitere Kostenlose Bücher