Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
Vom Netzwerk:
sind seltsame Tiere. Aber ich mag sie. Wenn ihnen ein Hindernis im Weg steht, laufen sie niemals darum herum. Sie rennen mit den Hörnern darauf los und trampeln es einfach nieder. So bin ich auch.« Er kniff Mercurio in die Wange und zwinkerte ihm zu. »Also, wenn du zufällig mit dem Doktor reden solltest, dann erzähl ihm die Geschichte von den Widdern. Du wirst sehen, er wird es verstehen.« Er bedeutete seinen Männern, ihm zu folgen, hielt dann aber noch einmal inne, als wäre ihm plötzlich noch etwas in den Sinn gekommen. »Ich habe übrigens erfahren, dass deine andere hübsche Freundin die Geliebte des verrückten Fürsten geworden ist. Sie hat einen ausgefallenen Geschmack! Und sie ist sehr mutig!«
    »Die Geliebte!«, Mercurio verspürte einen seltsamen Stich in der Brust. »Das kann nicht sein …«
    »Ah, noch so ein wunder Punkt …«
    »Benedetta interessiert mich überhaupt nicht«, erwiderte Mercurio übertrieben heftig.
    Scarabello lachte laut auf.
    »Die interessiert mich einen feuchten Dreck!«, schleuderte ihm Mercurio entgegen.
    Scarabello packte ihn bei der Kehle. »Ganz ruhig, Bürschchen«, sagte er eiskalt. »Allmählich amüsiert mich das nicht mehr.« Mit diesen Worten ließ er ihn los und eilte dann mit so schnellen Schritten davon, dass der schwarze Pelzmantel und die silbernen Haare hinter ihm herflatterten.
    Mercurio blieb wie gelähmt mitten auf dem Platz stehen und starrte auf den Brunnen aus istrischem Kalkstein, ohne ihn wahrzunehmen. Er war verwirrt. Etwas wühlte ihn auf, und er konnte nicht festmachen, was es war.
    »Was machen wir jetzt?«, fragte Tonio, der an seine Seite gekommen war, ohne dass Mercurio es bemerkt hatte.
    Mercurio drehte sich abrupt zu ihm um. Wütend starrte er Tonio an, die Augen zu schmalen Schlitzen zusammengezogen. »Ach, lasst mich doch in Ruhe«, zischte er. »Macht doch, was ihr wollt.«
    Dann wandte er sich um und eilte wütend zur Roten Laterne, dem Gasthaus, in dem er mit Benedetta gewohnt hatte.
    »Wo ist sie?«, fragte er den alten Wirt, der wie immer neben dem Eingang saß.
    »Wer?«
    Mercurio versetzte dem Stuhl einen Tritt, woraufhin der Alte zu Boden stürzte. »Wo ist sie?«
    »Sie ist vor einiger Zeit mit einem von Fürst Contarinis Männern weggegangen.« Der Mann krümmte sich jammernd und rieb sich einen Ellenbogen.
    »Wohin?«
    »Das weiß ich nicht«, erwiderte der Mann, bevor er sich eingeschüchtert erhob und den Stuhl wieder aufstellte. »Ich schwöre es …«
    Mercurio beachtete ihn nicht weiter und ging davon. Als er nach Rialto kam, bog er links ab, setzte sich auf ein leeres Fass am Riva del Vin und beobachtete die vorüberfahrenden Boote.
    Er dachte an Benedetta, an ihre vollen Lippen und ihren marmorweißen Busen. Und wieder fühlte er jenen Druck auf der Brust und jene verstörende Unruhe der letzten Nacht.
    Ich habe dich nicht beschützt, wie ich es Scavamorto versprochen habe, dachte er und fühlte sich schuldig.
    Dann erinnerte er sich wieder daran, wie Benedetta ihn geküsst hatte. Wie entschlossen und gefühllos sie ihren Plan verfolgt hatte, Giuditta glauben zu machen, sie wäre seine Geliebte.
    Ein unbestimmtes Gefühl von Gefahr überkam ihn. Und von Angst.

52
    H ier hast du einen Becher mit Myrrhe und Wein, wie er unserem Herrn Jesus Christus dargeboten wurde, als er Golgatha erreicht hatte, um ihm die bevorstehenden Qualen zu erleichtern«, sagte Fürst Contarini und deutete auf ein feines, mundgeblasenes Glas aus Murano, das ein Diener auf einem Tablett vor sich hertrug.
    Bruder Amadeo packte das Glas und leerte es auf einen Zug.
    Der missgestaltete Prinz lachte. »Allerdings hat unser Herr es abgelehnt, seinen Schmerz zu betäuben.« Er lachte noch einmal. »Doch eigentlich finde ich deine Entscheidung weise.« Er drehte sich zum Kamin, in dem ein lebhaftes Feuer loderte, und gab einem seiner Männer ein Zeichen. Dann zog er zwei dicke Handschuhe aus Rindsleder über, wie sonst Schmiede sie für die Arbeit verwendeten.
    Der Mann holte mit einer Zange einen angespitzten, rötlich glühenden Eisenstab mit dem Durchmesser eines dicken Nagels aus dem Kamin und übergab ihn dem Fürsten.
    Einer der Hunde im Raum bellte laut auf.
    »Haltet ihn fest«, sagte der Fürst.
    Je zwei Männer packten den Mönch an den Armen und drückten seine Hände mit der Innenseite nach oben auf zwei Holzklötze.
    Zolfo presste sich ängstlich an Benedetta.
    Bruder Amadeos Atem ging heftig, er hatte die Augen weit aufgerissen, als der

Weitere Kostenlose Bücher