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Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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davon überzeugen, dass er abhaut«, sagte er.
    Mercurio blieb ein paar Momente wie gebannt stehen, als müsste er diesen schrecklichen Schlag erst einmal verdauen.
    Scarabellos Männer starrten ihn an wie ein exotisches Tier. Keiner von ihnen wäre mit dem Leben davongekommen, wenn er ein Messer gegen Scarabello gerichtet hätte.
    Mercurio verließ Paolos Laden.
    Kurz darauf rannte er los in Richtung Castelletto.
    Als er keuchend den fünften Stock des Torre delle Ghiandaie erreichte, schlug sein Herz bis zum Hals. »Doktor! Doktor!«, hatte er schon im Erdgeschoss losgeschrien, sodass er oben von Lanzafames Soldaten, Lanzafame selbst und Isacco bereits erwartet wurde.
    »Junge, wann wirst du endlich kapieren, dass ich nicht mit dir reden will?«, herrschte Isacco ihn sofort an.
    Mercurio krümmte sich schnaufend und versuchte, wieder zu Atem zu kommen. »Scarabello … hat gesagt …«
    »Arbeitest du etwa für diesen Verbrecher?«, unterbrach ihn Isacco. »Das hätte man sich auch denken können! Ihr seid wie füreinander geschaffen.«
    »Jetzt lass ihn doch ausreden«, ging Lanzafame dazwischen.
    »Scarabello«, fing Mercurio noch einmal an, »hat gesagt, dass keiner mehr sicher ist … solange Ihr nicht nachgebt …« Er starrte ihn an und schüttelte dann den Kopf. »Giuditta …«, murmelte er.
    Isacco stürzte sich auf Mercurio und packte ihn am Kragen. Am Tag zuvor hatten sie Donnolas verstümmelte Leiche in den Ruinen der Fabbriche Vecchie gefunden. Isacco stieß einen gequälten Laut aus, eine Mischung aus einem Knurren und einem Röcheln. Seine Augen waren gerötet vom Schmerz der Erschöpfung. »Dein Spießgeselle hat Donnola ermordet«, sagte er mit brüchiger Stimme. »Er hat seine Leiche geschändet … Ich habe ihm …« Isacco stockte. Er hatte nicht die Kraft zu erzählen, wie er gelitten hatte, als er Donnola den Kopf wieder an den Leib genäht hatte. Er ballte die Fäuste und presste die Kiefer zusammen, um den furchtbaren Schmerz zu unterdrücken. Beim Zusammenfügen der Leiche hatte er entdeckt, dass Donnola ebenfalls erkrankt war. Der spitzköpfige kleine Mann war bereits vom Tod gezeichnet. Aber er hatte keinen Ton davon gesagt, weil er sich bis zuletzt nützlich machen wollte. »Und jetzt kommst du hierher und willst mir drohen …« Isacco presste die Kiefer zusammen. »Nein!«
    Mercurio befreite sich aus Isaccos Griff. »Was für ein unglaublicher Mistkerl seid Ihr eigentlich!«, schrie er. »Was für ein verfluchter, arroganter Drecksack!«
    »Junge, jetzt beruhige dich mal«, ging Lanzafame abermals dazwischen.
    »Scarabello könnte Giuditta etwas antun! Wollt Ihr das endlich begreifen?«, schrie Mercurio aus ganzem Herzen.
    Isacco, der gerade wieder auf ihn losgehen wollte, hielt inne. Dann richtete er seine Augen auf Lanzafame.
    Der Hauptmann wurde von widersprüchlichen Gefühlen hin und her gerissen.
    Isacco drehte sich zu den Prostituierten um. Die Frauen sahen ihn erschrocken an und warteten atemlos, was er tun würde.
    »Verlasst uns nicht, Doktor …«, sagte eine von ihnen.
    »Doktor …«, sagte Mercurio und machte wieder einen Schritt auf ihn zu.
    »Hat er Giuditta erwähnt?«, fragte ihn Isacco.
    »Nein, aber …«
    Isacco deutete mit dem Finger auf ihn. All seine innere Anspannung richtete sich jetzt gegen Mercurio. »Verschwinde sofort«, sagte er leise, aber eindringlich. »Verschwinde, du elender Kerl. Und richte deinem Herrn aus, dass er uns nicht schrecken kann. Verschwinde, oder du wirst für Donnola bezahlen.«
    Lanzafame stellte sich zwischen Isacco und Mercurio. »Geh, Junge«, sagte er zu ihm.
    Doch Mercurio blieb stehen. »Gebt nach, Doktor. Gebt nach. Ihr kennt ihn nicht.«
    »Geh jetzt«, wiederholte Lanzafame entschlossen und stieß ihn fort.
    Während Mercurio Stufe für Stufe die Treppen hinabstieg, drehte er sich immer wieder um. Alle Augen waren auf ihn gerichtet. Es hatte keinen Zweck, ihnen zu sagen, dass er gar nicht zu Scarabellos Männern gehörte. Sie hätten es ihm ja doch nicht geglaubt. Und im Grunde hatten sie recht.
    »Seid Ihr sicher, Doktor?«, fragte Lanzafame, als sie allein waren.
    Isacco entgegnete nichts. Er was blass. Mit gesenktem Kopf wandte er sich ab und arbeitete dann ohne Unterbrechung bis zum Abend. Er verarztete die Kranken, trug Salben auf, wusch Wunden aus, überprüfte den Zustand jeder seiner Patientinnen. An diesem Tag hörte man kein einziges Lachen im fünften Stock. »Pass auf, dass du dich nicht verrennst, Isacco«, sagte

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