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Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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Wunde obwohl es brennend schmerzte.
    »Was machst du da, Schwachkopf?«, fragte Scarabello und hob den Dolch.
    Donnola zog die Hand heraus. Seine Finger waren mit verseuchtem Blut beschmiert. Er stürzte sich auf Scarabello, während das Messer auf der Höhe der Leber in seine Seite eindrang und der Stoß ihm den Atem raubte. Doch er fand noch genügend Kraft, um sich an Scarabello festzuklammern und ihm seine infizierte Hand in den Mund zu stecken, seine Lippe zu packen und ihm mit den blutigen Nägeln die Kruste wieder aufzureißen.
    »Du … hast verloren …«, sagte er, während er nun auf dem Boden zusammensank.
    »Was redest du da, du armes Schwein?«, fragte Scarabello verächtlich.
    »Keine Regeln … Das hast du selbst gesagt …« Donnola spürte, wie der Tod in seinem dunklen Gewand nach ihm griff. Er wusste, er war ein Held, auch wenn niemand es jemals erfahren würde. Als er die Augen schloss, lag ein friedliches Lächeln auf seinem Gesicht.
    Scarabello sah ihn sterben, während er sich das Blut an der Lippe stillte, und ihn befiel eine üble Vorahnung. »Schafft die Leiche zum Torre delle Ghiandaie. Legt ihn dort auf die Treppe.«
    »Wird heute Nacht erledigt«, erwiderte der Einäugige.
    »Nicht heute Nacht! Jetzt!«, brüllte Scarabello.
    »Wie sollen wir denn am helllichten Tag eine Leiche transportieren …?«
    »Dann schneidet ihm eben den Kopf ab«, brüllte Scarabello, dessen Gesicht von den eingesteckten Schlägen langsam anschwoll. »Schaffst du es wenigstens, am helllichten Tag einen Kopf in einem Sack irgendwohin zu bringen, du erbärmlicher Feigling?«

65
    N ein! Nein!« Giuditta weinte verzweifelt, und Mercurio drückte ihren Kopf an seine Brust, damit man ihr Schluchzen nicht hörte.
    »Psst … Psst …«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Erzähl mir alles … aber leise …«
    Die Tauben trippelten aufgeregt auf ihren Stangen hin und her.
    Als Giuditta sich schließlich einigermaßen beruhigt hatte, befreite sie ihren Kopf aus Mercurios Umarmung und sah ihn mit geröteten Augen an. Doch in ihrem Gesicht stand nicht so sehr Schmerz als vielmehr blankes Entsetzen. »Donnola …«, stieß sie hervor.
    »Was ist mit Donnola?«
    »Tot …«
    »Tot?«
    »Ermordet … Die haben ihn … Die haben ihn …« Giuditta rang um Fassung. Sie versuchte tief durchzuatmen und die immer noch aufsteigenden Tränen zu unterdrücken. »Die haben ihn … geköpft! Die haben ihm … den Kopf abgeschnitten und …« Nun wehrte sie sich nicht länger gegen die Tränen und weinte wieder hemmungslos.
    Mercurio drückte sie an seine Brust. Jetzt waren auch seine Augen vor Schreck geweitet. »Donnola …«, sagte er. »Ich … ich … Wer tut so etwas?«
    »Mein Vater hat gesagt, dass es ein Verbrecher war …«, schluchzte Giuditta.
    »Wer denn?«
    »Scannarello … oder so …«
    »Scarabello?«, fuhr Mercurio auf. »Scarabello? War das der Name, den dein Vater genannt hat?«
    Giuditta machte sich los und sah ihn an. »Du … kennst ihn?«
    Mercurio spürte plötzlich, wie ihm eine zentnerschwere Last auf die Schultern drückte. Er lauschte auf den Hass und die Wut, die wieder von ihm Besitz ergriffen.
    »Mercurio«, flüsterte Giuditta so leise, als würde sie beten.
    Mercurio umarmte sie und drückte sie fest an sich. »Sorge dich nicht«, sagte er beruhigend. Doch er wirkte vollkommen abwesend.
    Beim Morgengrauen, als der Schlag der Marangona-Glocke durch ganz Venedig dröhnte, verließ Mercurio das Ghetto. Er begab sich zum Campo San Aponal, setzte sich vor den Laden von Paolo dem Kräuterkrämer und knabberte an einem Ingwerküchlein, das er in einer Bäckerei hinter Rialto gekauft hatte. Mit der anderen Hand umklammerte er fest sein in der Tasche verborgenes Messer, das er bei einem Waffenschmied erstanden hatte.
    Paolo sah ihn durch das Fenster seines Hauses und kam mit einer Tasse Brühe heraus.
    »Ich muss Scarabello sprechen«, sagte Mercurio zu ihm.
    »Er wird bald hier sein«, erwiderte Paolo. »Der Einäugige ist gestern zu dir nach Mestre gefahren und wollte dir deinen Anteil aus noch so einem Gaunerstück geben.«
    »Das war kein Gaunerstück!«, fuhr Mercurio wütend auf. »Das ist sauberes Geld. Ehrlich verdient. Aber sogar das muss Scarabello mit seinen Schandpfoten beschmutzen.«
    »Nicht so laut, um Himmels willen«, murmelte Paolo mit gesenktem Kopf. Er öffnete seinen Laden und setzte sich wie jeden Tag hinter seine leere Theke.
    Mercurio sah ihn an. »Du siehst aus wie ein Gespenst«, bemerkte

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