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Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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besser ist als du. Nur dann wird er dir zuhören.«
    »Ich versuch’s …«
    »Und du solltest ihn lieber gleich um alle Gefallen auf einmal bitten …«, fuhr Scarabello fort. »Wenn dir also noch mehr einfällt, worum du ihn bitten willst …«
    »Gut.«
    »Warte …« Scarabello nahm Mercurios Hand. Er wandte sich an Isacco und Lanzafame. »Lasst uns bitte allein …«
    Die beiden verließen den Raum.
    Scarabello öffnete sein Hemd, fasste nach der goldenen Kette um seinen Hals und versuchte sie sich abzureißen, doch er war zu schwach, und die Kettenglieder entglitten seinen mit Schwären übersäten Fingern. Er rang keuchend nach Atem und bedeutete Mercurio, ihm zu helfen.
    Der nahm ihm vorsichtig die Kette ab, wobei sich eine Strähne von Scarabellos langem weißem Haar darin verfing und sich vom Kopf löste. Mercurio zog sie hastig heraus in der Hoffnung, dass Scarabello nichts bemerkt hatte.
    »Zeig ihm das … Zeig das Jacopo … Giustiniani …« Scarabello deutete auf das Siegel an der Kette, das er um den Hals getragen hatte. »So heißt er … Aber nenn hier niemals seinen Namen … Du musst …«, er senkte die Lider, als müsste er erst nach dem richtigen Wort suchen, »du musst ihn … beschützen …«
    »Gut«, sagte Mercurio und sah auf das Siegel. Es war eine kostbare Arbeit aus Gold, und der Stein in der Mitte war ein blassroter Karneol, auf dem ein doppelköpfiger Adler mit ausgebreiteten Flügeln eingraviert war.
    »Sollte ich vorher sterben … kannst du ihn mit diesem Siegel noch einige Zeit in dem Glauben lassen, dass ich noch am Leben bin …«, keuchte Scarabello.
    »Du wirst nicht sterben«, sagte Mercurio noch einmal.
    »Wir sterben alle … früher oder später …«
    Mercurio verließ Scarabello schweren Herzens. Er wusste, das jetzt die ganze Verantwortung auf ihm allein ruhte. Wenn er es nicht schaffte, sein Vorhaben in absehbarer Zeit voranzutreiben, würde Giuditta auf dem Scheiterhaufen enden.
    Er ließ sich von Tonio und Berto wie gewohnt an der Kreuzung zwischen dem Rio di Santa Giustina und dem Rio di Fontego absetzen, denn jetzt war es ihm noch wichtiger, dass so wenige Leute wie möglich darüber Bescheid wussten, dass er ein Schiff besaß.
    Während er die Uferstraße beinahe im Laufschritt zurücklegte, hörte er von dem angrenzenden Platz Trommelwirbel. Er ging hin und sah, wie sich eine kleine Menge um einen Herold versammelte.
    »Am Sonntag, dem Tag des Herrn, wird auf höchsten Befehl unseres Patriarchen Antonio Contarini«, verkündete der Ausrufer mit weithin vernehmbarer Stentorstimme, »auf der Piazzetta von San Marco nahe der Anlegestelle am Dogenpalast vor der Obrigkeit unserer Erlauchtesten Republik Venedig die Heilige Römische Inquisition öffentlich eine Zusammenfassung der Anklagepunkte gegen Giuditta di Negroponte, Jüdin und Hexe, verlesen …«
    Die Menge applaudierte in freudiger Erwartung des großen Ereignisses.
    Mercurio wurde mit Schrecken klar, dass ihm nur noch wenig Zeit blieb. Der Scheiterhaufen stand schon bereit.
    Vielleicht hatten die anderen alle recht. Giuditta war so gut wie verurteilt. Doch damit konnte und wollte er sich nicht abfinden.
    Außer Atem erreichte er Zuan dell’Olmos Werft.
    »Wo bist du, alter Mann?«, schrie er.
    Mosè empfing ihn mit fröhlichem Bellen.
    »Du hast es nicht versenkt!«, sagte Mercurio zu Zuan, als dieser ihm entgegenkam.
    »Nein, Junge«, erklärte Zuan ernst und streckte ihm einen kleinen Beutel aus leichtem Baumwollstoff hin. »Da, nimm dein Geld zurück. Ich verkaufe mein Schiff nicht. Was soll ich mit dem ganzen Gold? Lieber bleibe ich hier und verrotte zusammen mit der alten Dame …«
    Mercurio lachte und umarmte ihn unerwartet heftig. Wenigstens etwas, das sich zu seinen Gunsten entwickelte. »Zuan, du bist der Beste!«
    »Was zum Teufel soll das, Junge?«, rief der alte Mann entrüstet und zugleich gerührt und versuchte sich aus seinem Griff zu befreien.
    »Du sollst deine Karacke nicht versenken«, sagte Mercurio. »Du sollst sie wieder flottmachen.«
    »Du bist verrückt, Junge«, erklärte der Alte und richtete einen Finger auf ihn. »Ich hab sofort gemerkt, dass du verrückt bist.«
    »Du musst sie flottmachen«, beharrte Mercurio. »Und zwar schnell!«
    »Wie schnell? Und mit welchem Geld?«
    »In einer Woche …«
    »Eine Woche … Na, da sieht man wieder, dass du ein Dummko …«
    Mercurio schnitt ihm das Wort ab: »Eine Woche.« Er sah Zuan entschlossen an und legte ihm kraftvoll eine Hand

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