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Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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Augenbrauen ansah. Also richtete er wieder alle Aufmerksamkeit auf Benedetta.
    »Erzählt, was geschah«, sagte der Heilige, nachdem er zunächst theatralisch abgewehrt hatte, als wollte er wirklich nicht, dass sein großes Verdienst an Benedettas Rettung öffentlich wurde. »Erzählt den Bürgern der Erlauchtesten Republik Venedig, wie Ihr nur knapp dem Tod entgangen seid.«
    »Ja, so war es tatsächlich«, erklärte Benedetta ernst. »Die Angelegenheit ist schnell erzählt. Wie viele andere Frauen in Venedig wurde auch ich neugierig durch das, was man sich über die Kleider dieser Jüdin erzählt hat.« Sie drehte sich mit einem kaum merklichen Lächeln zu Giuditta um, damit sie sehen konnte, wie sehr sie das Ganze genoss. »Ja, ich glaube, dass ich sogar ihre erste Kundin war«, sagte sie leise, als spräche sie nur zu Giuditta.
    Giuditta fuhr auf. »Du?«, rief sie laut. »Du warst das?«
    »Schweig, Hure Satans, wenn du nicht willst, dass man dir die Zunge herausreißt!«, drohte ihr der Heilige und stürzte auf den Käfig zu.
    Lanzafame näherte sich den Gitterstäben und flüsterte: »Sag nichts, Giuditta.«
    Giuditta sah Lanzafame mit geöffnetem Mund an, als wollte sie ihm widersprechen.
    »Sag nichts«, wiederholte Lanzafame leise.
    Daraufhin wandte sich Giuditta wieder Benedetta zu, die sie immer noch mit triumphierendem Blick betrachtete.
    Mercurio konnte sich kaum noch zurückhalten. Nur zu genau las er all den Schmerz, die Angst und die Verzweiflung in Giudittas Augen. In Benedettas Blick hingegen sah er boshafte Freude funkeln, und er spürte geballte Wut in sich aufsteigen. Dafür würde er sie auf die eine oder andere Weise schon noch büßen lassen. »Und wenn ich dich mit meinen eigenen Händen erwürgen muss!«, zischte er zornerfüllt.
    »Fahrt fort«, forderte der Heilige Benedetta auf.
    »Ich hatte von den Hüten gehört, die sie anfertigte, und war neugierig auf ihre Kleider geworden«, erklärte Benedetta. »Da ich wusste, dass Juden keine neuen Sachen verkaufen durften, wunderte ich mich und sprach diese Frau darauf an. Daraufhin zeigte sie mir einen kleinen Blutfleck auf der Innenseite des Kleides und sagte, das sei ›Blut von Verliebten‹. Das war der Trick, damit diese Gewänder nicht als neu angesehen werden konnten. So hinterging sie die venezianische Obrigkeit …«
    Die Menge wurde unruhig.
    »Außerdem verriet sie mir, dies sei ein Liebeszauber für die Frauen, die diese Kleider trugen …«, fuhr Benedetta fort.
    Bei dem Wort »Liebeszauber« erhob sich empörtes Raunen.
    »Hexe!«, schrie eine Frau.
    »Und weiter?«, drängte der Heilige. »Habt Ihr Euch verliebt? Oder hat sich jemand in Euch verliebt?«, fragte er scheinbar belustigt.
    »Nein«, erklärte Benedetta zunächst mit einem Lächeln. Doch dann wurde sie wieder ernst. »Ich wurde krank.«
    Die Leute im Saal hielten den Atem an.
    »Erklärt uns das genauer«, sagte der Heilige.
    »Es begann schleichend«, fuhr Benedetta ganz leise fort, als würde sie noch einmal ihre eigene Leidensgeschichte nacherleben, und zwang so die Leute dazu, sich vollkommen still zu verhalten. »Anfangs war es einfach so, dass ich keine anderen Kleider als die von ihr angefertigten tragen wollte … Ich schob das darauf, dass sie so schön waren. Denn wie ich zugeben muss, waren sie das zweifellos …«
    Einige Frauen im Saal nickten stumm.
    »Wenn ich über sie sprach, sagte ich, ich wäre wie ›verhext‹ von diesen Kleidern«, erzählte Benedetta. Sie seufzte dramatisch. »Ich wusste nicht, wie recht ich damit hatte.«
    Die Menge zischte empört.
    Ich bring dich um! Ja, ich bring dich um!, schrie Mercurio innerlich auf und sah Giuditta an, die unter Tränen Benedettas Aussage lauschte.
    »Doch einige Zeit später hatte ich ein qualvolles Erlebnis, das mir immer noch peinlich ist«, fuhr Benedetta fort. »Als ich die Fondamenta del Forner in Santa Fosca entlanglief, spürte ich plötzlich, es war genau vor dem Palazzo Vendramin, einen schrecklichen Schmerz, als würde jemand meine Brust verbrennen, als würde das Kleid, das ich trug, in Flammen aufgehen … Und dieses Gefühl war so lebensecht, dass …«, Benedetta schüttelte den Kopf und versteckte ihr Gesicht scheinbar verlegen in ihren Händen, »… ich schäme mich heute noch dafür, auch wenn ich jetzt weiß, dass Hexerei im Spiel war …«
    »Ja und?«, drängte sie der Heilige.
    »Wie gut die beiden miteinander harmonieren«, knurrte Isacco wütend. Dann sah er den Verteidiger

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