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Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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benommen waren vom Prunk dieser begeisterten Prozession. »Kommt«, sagte Donnola, hakte sich bei Isacco unter und führte ihn in eine etwas ruhigere Ecke. »Ich möchte wetten, dass Ihr eine Unterkunft zum Schlafen und etwas zu essen braucht«, sagte er grinsend.
    »Und ich möchte wetten, dass du schon eine im Sinn hast«, gab Isacco ebenfalls grinsend zurück.
    »Die beste in der Stadt, das schwöre ich«, erwiderte Donnola und legte sich zur Bekräftigung die rechte Hand aufs Herz. »Saubere Betten, wenig Filzläuse, günstiges und bekömmliches Essen. Wirklich das beste Gasthaus der Stadt …« Dann schwieg er einen Moment verlegen. »Und man stört sich nicht an gelben Hüten.«
    »Ich dachte, diese Stadt wäre frei von den Vorurteilen der christlichen Welt«, sagte Isacco.
    »Das ist sie, Herr Doktor, das schwöre ich.« Wieder legte Donnola sich die Hand aufs Herz. »Aber um es mal in aller Offenheit zu sagen, Ihr müsst schon begreifen, dass Ihr immer noch Juden seid.«

15
    W arum gehen wir denn mit ihm und diesem anderen Narren?«, fragte Mercurio leise Benedetta, während sie dem Mönch und Zolfo folgten. Nach seinem Sprung in den Kanal war er vollkommen durchgefroren und hinterließ im Straßendreck eine nasse Spur.
    Benedetta zuckte nur mit den Schultern.
    »Wo gehen wir hin?«, wandte sich Mercurio etwas lauter und unwirsch an den Mönch.
    »An einen Ort, wo du dich abtrocknen und deine Kleider wechseln kannst«, antwortete ihm dieser ohne stehen zu bleiben. Er lief noch ein paar Schritte vorwärts, dann drehte er sich um und starrte Mercurio mit seinen kleinen, scharfen Augen durchdringend an. »Du willst doch nicht etwa auch mir weismachen, dass du Priester bist, oder?«
    Mercurio blieb abrupt stehen. Er fühlte sich ertappt, und der schneidende Blick des Mönchs war ihm unangenehm. »Nein …«, stammelte er. »Ich … äh … Nein, wir sind auf dem Weg hierher von Räubern angegriffen worden … Die haben mir meine Sachen genommen und … ich … habe das da gefunden …« Er deutete auf den Talar. Unter seinen Füßen breitete sich eine Wasserpfütze aus. »So war das eben«, sagte er und blickte hilfesuchend zu Benedetta hinüber.
    Doch die sagte kein Wort.
    »Gehen wir«, sagte der Mönch nur und schritt vorwärts.
    Mercurio zog den Kopf ein und warf Benedetta einen bösen Blick zu. »Ich mag diesen Mönch nicht«, sagte er leise.
    »Ich mag keinen von denen«, erwiderte Benedetta.
    Mercurio kam es vor, als wäre ihre Stimme leicht getrübt.
    »Nicht einmal mich?«, neckte er sie.
    Benedetta schwieg dazu, doch nach ein paar Schritten sagte sie zu ihm: »Danke, dass du bei uns geblieben bist.«
    Mercurio tat so, als hätte er es nicht gehört. Wenn der Kaufmann ihn in jener Gasse in Rom nicht umgebracht hatte, war das allein ihr Verdienst. Deshalb fühlte er sich einerseits verpflichtet, ihr seine Dankbarkeit zu beweisen, doch aus dem gleichen Grund hasste er sie auch von ganzem Herzen, weil es ihm einfach nicht behagte, jemandem etwas schuldig zu sein. Es erinnerte ihn zu sehr an seine Schuldgefühle gegenüber dem Säufer, der ihn in der Kanalisation vorm Ertrinken gerettet hatte. Und ganz besonders hasste er sie, weil er sich am liebsten nicht von Giuditta getrennt hätte. Was auch immer das bedeuten mochte. Vielleicht hätte Benedetta es ihm erklären können, schließlich war sie eine Frau. Doch er hatte keine Übung darin, mit Frauen zu reden. Vielleicht würde Benedetta ja ohnehin nicht gern mit ihm über Giuditta reden, sagte er sich. Auf jeden Fall schien ihm das Ganze ein ziemlich heikles Thema zu sein, das er nach Möglichkeit meiden sollte.
    Auf ihrem Weg nach Süden verließen sie allmählich den kleinen, dicht besiedelten Ortskern von Mestre, bis sie sich am Stadtrand wiederfanden, wo auf der rechten Straßenseite etwa alle fünfzig Schritte ein Bauernhaus stand. Jedes dieser niedrigen, plumpen Gebäude hatte einen Gemüsegarten. Links von der Straße verlief ein Kanal, an dessen unregelmäßigen Uferrändern Binsen wuchsen.
    Der Mönch blieb vor einem der Häuser stehen und klopfte an eine Tür, die grob aus dünnen, mit Querbalken vernagelten Brettern gezimmert war.
    Man hörte, wie ein Riegel zurückgeschoben wurde, und gleich darauf öffnete ihnen eine Frau um die vierzig. Sie hatte tiefe Augenringe, als würde sie oft weinen. »Willkommen zurück, Bruder Amadeo«, begrüßte sie den Priester mit einer angenehm ruhigen Stimme. Beim Anblick der drei jungen Leute erhellte sich ihr

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