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Das Mädchen, die goldene Uhr und der ganze Rest

Das Mädchen, die goldene Uhr und der ganze Rest

Titel: Das Mädchen, die goldene Uhr und der ganze Rest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
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tauchte der in der Decke eingebaute Bildschirm auf. Die übrigen Bedienungsknöpfe befanden sich neben dem Schalter.
    »Wenn Charla Sie hier aufspürt, Kirby, dann soll sie mit Ihnen Fernsehen.«
    »Wenn ich mein Leben in den Griff bekomme, dann werde ich diese Frau nie mehr wiedersehen.«
    »Was ist los? Haben Sie Angst vor ihr?«
    »Und ob!«
    Betsy schenkte ihm ein mattes Lächeln. »Ehrlich gesagt, ich auch.«

Kapitel 7
    Kirby vergewisserte sich, daß die Tür versperrt war. Nach langem Suchen entdeckte er den Lichtschalter und machte es sich in der Mitte des riesigen Betts bequem. Das Kissen duftete beunruhigend nach Betsy. Die Nacht war warm; dumpf hörte er den Straßenlärm, das entfernte Dröhnen der entfernten Düsenflugzeuge und die nasalen Sirenensignale der Schiffe. Die Zehn-Uhr-Nachrichten hatten wieder Fotos von ihm gebracht, auf denen er wie ein Versicherungsvertreter grinste, und dazu ein ernstes Foto von Wilma Farnham. Die Nachrichten hörten sich an, als wären sie beide die Meisterverbrecher des Jahrhunderts. Informierte Kreise waren der Meinung, daß Winter und Farnham das Land bereits verlassen hatten. Auf geheimnisvolle Weise waren sie vor den Augen der Damen und Herren von der Presse verschwunden. Man konnte sich die beiden vorstellen, wie sie als dicke Freunde in einer Air France-Maschine saßen, sich kichernd amüsierten und mit Champagner vollaufen ließen. Sie reisten dem Vermögen entgegen, das sie beiseitegeschafft hatten und das ihnen zu einem bequemen, lustvollen Leben mit Dienern, Schlössern, Juwelen, und Pelzen verhalf.
    Er dachte an Betsy und Wilma. Mittlerweile waren sie wahrscheinlich ins Gespräch vertieft, und er wurde rot, wenn er daran dachte, wie Wilma stockend ihre mädchenhaft schüchternen Vertraulichkeiten erzählte. »Dabei hatte er die ganze Zeit Angst vor Frauen. Sie hätten sehen sollen, wie er entsetzt die Flucht vor mir ergriff.«
    Er war körperlich erschöpft, aber seine Gedanken ließen ihn nicht zur Ruhe kommen. Er wußte, daß er nicht schlafen würde, doch plötzlich befand er sich mitten in einem Alptraum. Wilma öffnete lachend Zippverschlüsse zu Fächern in langen, kühl-blassen Schenkeln, um ihm zu zeigen, wie prall sie mit Tausend-Dollar-Noten vollgestopft waren. Charla hatte eine kleine goldene Schere, mit der sie rosaroten Hasen die Ohren abschnitt. Die Hasen schrien und Charla gab gurrende Laute von sich und grinste dabei. Sie war nackt und schimmerte ölig golden, und als sie sich umdrehte, sah er auf einer äußerst geschmacklosen Stelle eine kleine Tätowierung des Wortes ›Einfaltspinsel‹. Er betrat die Szene in dem kleinen goldenen Fernrohr; etwas abseits stand lachend Onkel Omar. Er hielt Kirby Spielkarten hin und forderte ihn auf, eine Karte zu ziehen. Er zog; die Karte fühlte sich warm und schwer an und bewegte sich. Plötzlich saß er wieder in einem alten Auto; draußen regnete es in Strömen, so wie damals vor langer Zeit. Der Traum ging in Wirklichkeit über. Ein warmes, festes, weiches Geschöpf drängte sich heftig an ihn, schnupperte, kicherte und schnaubte und kratzte ihn mit kleinen Krallen. Im ersten Augenblick empfand er Angst und wollte das Wesen loswerden, es von sich stoßen, aber als er es packte und die lebendigen Rundungen unter den Händen fühlte, verwandelte sich die Angst in süße Angriffslust. Sein Verstand mußte die Situation staunend und tatenlos zur Kenntnis nehmen.
    Als ihm klar wurde, daß er dem Unvermeidlichen hilflos ausgeliefert war, fiel ihm ein, wie zutreffend die Vergleiche waren, die er aus der Literatur kannte, und die von Feuerwerk und Meeresbrandung, Erdbeben und planetarischen Phänomenen sprachen. Die Identität der Person beunruhigte ihn ein wenig. War es Charla oder Betsy oder Wilma? Aber das war eine rein theoretische Frage, zumindest im Augenblick. Er hatte keine Zeit, und es kümmerte ihn keinen Pfifferling.
    Es geschah also, ohne daß er sich an eine Parallelsituation erinnerte oder Zeit hatte, über eine nachzudenken. Nur ein flüchtiger Gedanke jagte ihm durch den Kopf: Es lief wie eine absurde, stilisierte Auseinandersetzung ab, wie ein Schwertkampf zu Musik, bei dem man auf die Tempovorgaben entsprechend reagierte. Als der Kampf gleichzeitig gewonnen und verloren war und sich in weißem, blendendem Licht auflöste, wurde er sich langsam ihrer ungeheuren Spannung bewußt, hörte ihre vereinzelten Schreie und spürte dann das Dahinschmelzen des bezwungenen Wesens.
    Ein Kopf tauchte neben

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