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Das Mädchen, die goldene Uhr und der ganze Rest

Das Mädchen, die goldene Uhr und der ganze Rest

Titel: Das Mädchen, die goldene Uhr und der ganze Rest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
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konnte sie leichter manipulieren, wenn sie sich in horizontaler Lage einen Meter über dem gemusterten Teppich befanden, aber es hatte ihn seine ganze Kraft gekostet, sie zu beugen, zu strecken und in die gewünschte Lage zu hieven. Er hatte ihre Handgelenke und Knöchel mit dicker Schnur umwickelt, die sich in der roten Welt wie Kupferdraht biegen ließ. Dann hatte er ihnen Tücher in den Mund gestopft und diese festgebunden. Schließlich hatte er sie in Bettlaken gehüllt, wie in eine Folie, und sie von oben bis unten mit einer Wäscheleine gebunden. Die Wäscheleine mußte er biegen wie Kupferrohr. Wenn er das Seil in einiger Entfernung von ihnen packte, erzielte er eine Hebelwirkung und die Arbeit wurde etwas leichter.
    Dann lief er zum Auto zurück. Bonny Lee sah ihn erschrocken an, als er wieder auftauchte.
    »Was hat so lang gedauert?«
    »Entschuldige. Ich muß schnell wieder zurück, aber du kannst jetzt kommen. Benutz die Hintertür. Fahr das Auto verkehrt in die Auffahrt, mit dem Kühler zur Straße.«
    »Okay.«
    Er drehte die Aufziehwelle und kehrte durch die tote Stille zum Haus zurück. Wilma hatte die wenigen Sekunden dazu benutzt, sich den zwei Mumien zu nähern und hatte dabei wieder etwas verschüttet. Kirby bedauerte, daß er nicht gesehen hatte, wie sie Seite an Seite zu Boden fielen. Unvorsichtig und gedankenlos wäre er beinahe unmittelbar vor Wilma aufgetaucht. Gerade noch rechtzeitig stellte er sich zur Tür seitlich hinter ihr. Er versetzte sich in die normale Zeit und rief: »Wilma!«
    Die in der Luft schwebende Flüssigkeit fiel auf ihren bloßen Rist. Sie fuhr herum, machte einen unsicheren Schritt und starrte ihn an. Dann rückte sie die Brille zurecht: »Na sowas, Sir Lanschlot, so-wahr isch läbe!«
    »Sind Sie betrunken?«
    Sie taumelte ihm grinsend entgegen. »Zurr Hölle, ssüßer Käfer. Hab m-mich m-mein ganses Leben se-selbstlos aufgeoffert, und w-was habe ich davonn? Die Polissei sucht mich. Unn d-diese Bessy fragt m-mich Sachen, von denen ich k-keine Ahnung habe. Der olle Omar ist abgekratzt, ich habe k-keinen Job, mein Br-Bruder hat dav-von schon Gastr... ah... Magenschmersen. Und Sie, Sie dummer K-Kerl S-Sie, da mache ich Ihnen einen An-Antrag, das erste Mal in meinem lausigen Leben, daß ich d-den M-mmumm aufbringe. Und wa-was machen Sie?« Ihre Nase war nur wenige Zentimeter von seinem Kinn entfernt und sie schielte zu ihm herauf. Er hörte den Sunbeam in der Auffahrt. »W-was machen Sie? R-rennt davon! Und dann ...« Sie machte ein paar Schritte zurück. »Und dann sitze ich armes, unschuldiges Mädchen hier und bin den swei Matrosen ausgeliefert. Die haben nichts im Koff als Kartenspielen. Natürlich bin ich betrunken, Freunchen, zum ersten Mal betrunken!« Sie rülpste, verlor das Gleichgewicht, fing sich wieder und strahlte ihn an. »Macht mir Spaß!« Dann wandte sie sich den eingewickelten Gestalten zu. Beide zuckten hilflos und stöhnten dumpf. »Waas ist denn plösslich mit René und Raoul geschehen?« fragte sie weinerlich.
    Bonny Lee kam herein und starrte Wilma an. Wilma wirbelte herum, fixierte Bonny Lee und schob dabei die Brille die Nase hinauf. »Wer sin denn Sie, Püppchen?« fragte Wilma.
    »Wow!« staunte Bonny Lee. »Auf dem Foto haben Sie wie eine Lehrerin ausgeschaut. Bitte vielmals um Entschuldigung!«
    Wilma starrte Bonny Lee immer noch an. Schließlich riß sie sich mit beträchtlicher Anstrengung zusammen und bemühte, sich deutlich zu sprechen: »Aigentlich bin ich ein äher intellektueller Typ, meine Liebe.«
    Bonny Lee seufzte. »Du willst vermutlich mit ihr reden, Schatz, ja?«
    »Wenn möglich.«
    »Wer steckt in den Paketen?«
    »René und Raoul, zwei Matrosen.«
    »Sehen gut verpackt aus. Könntest du Kaffee kochen, Kirby?« Bonny Lee schob ihren Rock zurecht und ging entschlossen auf Wilma zu. Es war, als hätte sie die Ärmel hochgerollt und sich in die Hände gespuckt. Sie führte Wilma, die wimmernd dagegen protestierte und vor Entrüstung stotterte, in eines der Schlafzimmer.
    Kirby fand nur löslichem Kaffee einer unbekannten Marke. Aber er war schwarz und roch stark, und auf dem Etikett stand nichts davon, daß er den Schlaf förderte. Vom anderen Ende des kleinen Hauses kamen streitende Stimmen, Schreie und Wasserrauschen. Er sah nach René und Raoul. Sie rührten sich nicht, aber sobald er ihre Fesseln überprüfte, begannen sie wieder herumzuschlagen und zu grunzen. Er konnte es ihnen nicht verübeln. Es mußte sehr unbequem für

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