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Das Mädchen, die goldene Uhr und der ganze Rest

Das Mädchen, die goldene Uhr und der ganze Rest

Titel: Das Mädchen, die goldene Uhr und der ganze Rest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
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Motorrasenmäher. Vögel zwitscherten und plünderten die Beeren in den hohen Büschen entlang der Auffahrt zu Wellerlys Haus.
    Ein Wäschereiauto überholte sie. Bonny Lee wurde langsamer, und als der Lastwagen außer Sicht war, bog sie in die von Unkraut überwucherte Auffahrt aus Muschelkalk ein, die zu einem unbewohnten Haus führte.
    Sie wandte sich ihm zu. Sie trug jetzt eine schwarz weiß karierte Bluse und einen flotten, weißen Rock. »Ich will keine Nervensäge sein, Schatz, aber komm lieber gleich wieder heraus, damit ich weiß, daß alles in Ordnung ist.«
    Er nickte und stellte die Uhr auf alle Fälle auf eine volle Stunde. Merkwürdigerweise gewöhnte man sich an das rote Licht leichter als an die Stille. Die plötzliche Stille war so vollkommen wie in einem schallisolierten Tresorraum. Er schlug sich auf den Schenkel, nur um sich zu vergewissern, daß er nicht taub war. Er zog die Schuhe aus und ging drei Häuser zu Wellerlys Haus zurück. Die Fensterläden waren geschlossen. Auf der Rückseite des Hauses erschreckte ihn eine Spottdrossel, die bewegungslos vor seiner Nase hing. Er ging um sie herum und erblickte die hintere Stoßstange eines dort geparkten Autos. Bonny Lee hatte offenbar richtig geraten. Er besah sich das Auto. Es war eine eher neue, billige dunkle Limousine, vermutlich ein Mietauto. Auf dem Vordersitz lag eine dunkelblaue Baseballmütze.
    Er ging um das Haus herum; es war abgeschlossen. Er versuchte auf verschiedene Art, hineinzugelangen, aber die bleierne Trägheit der Dinge in der roten Welt hinderte ihn daran. Ihm fiel ein, was Bonny Lee vom eigenartigen Verhalten der Dinge erzählt hatte, und er hob ein paar pflaumengroße, glatte Steine aus einem Pflanzentopf auf und hatte dabei das Gefühl, daß er sie durch zähflüssigen Kleber zog. Neun Steine wurden ganz exakt in der Luft platziert: fünf vor der Hintertür, vier vor einem Fenster an der Rückseite des Hauses. Er versetzte jedem Stein einen kräftigen Stoß in die gewünschte Richtung und zielte dabei auf Riegel, Türangeln, Fensterrahmen und Schlösser. Sobald der Druck nachließ, rührten sich die Steine nicht mehr. Sein Versprechen fiel ihm ein, und er lief zum Auto zurück. Auf ihrem Gesicht lag der gleiche besorgte Ausdruck wie in dem Augenblick, in dem er sie verlassen hatte.
    Er klickte sich in die normale Zeit zurück und hörte, wie es in der Ferne polterte und krachte; Holz splitterte und Glas zersprang.
    »Was in aller Welt hast du ...«
    »Bin gleich wieder da«, sagte er und schaltete sie zusammen mit der restlichen Welt wieder aus.
    Er eilte zurück, versteckte sich hinter dem Auto und schaltete die Welt ein. Dann überlegte er es sich anders und schaltete sie sofort wieder aus. Die zerschmetterte Tür hing schief in den Angeln. Das Fenster war ganz verschwunden. Er betrat die Küche. Die Steine hatten Tür und Fenster zerschlagen, waren quer durch die Küche geflogen und in den Geschirrschränken gelandet. Bei dem Gedanken, was geschehen wäre, wenn Wilma dort gestanden hätte, wurde ihm übel. Er hatte wieder etwas gelernt.
    Sie waren im Wohnzimmer. Zwei stämmige junge Männer hatten Karten gespielt. Im Zimmer brannte Licht. Es mußte heiß sein, denn sie glänzten vor Schweiß. Der Große mit den hellen Haaren hatte das Hemd ausgezogen und ein Handtuch um den Nacken gelegt. Auf den Unter- und Oberarmen waren verblaßte, verschlungene Tätowierungen zu erkennen. Der andere war kleiner und breiter; seine Haut war von der See dunkel gegerbt. Beide hatten lange Koteletten und derbe Gesichtszüge, und auf ihren undurchdringlichen Gesichtern lag ein Gemisch von Schlauheit, tierischer Wildheit und einem Hang zur Brutalität.
    Der dunkle hielt eine Karte in der Hand. Beide sahen erschrocken zur Küche. Wilma Farnham stand neben dem kleinen steinernen Kamin bei den Bücherregalen, die die ganze Wand bedeckten. Ihre braunen Haare hingen in unordentlichen Strähnen herunter und ließen ihr Gesicht noch kleiner erscheinen. Ihre Brille war verbogen, die Bluse halb aus dem Rock gerutscht. Der Mund klaffte schlaff offen vor Überraschung, und auch sie starrte an Kirby vorbei zur Küche. Der Drink in ihrer Hand war übergeschwappt, da sie das Gleichgewicht verloren hatte, und ein Schuß davon war auf halbem Weg zum Fußboden erstarrt.
    Er machte sich ans Werk. Die Arbeit war schwierig, aber sie machte ihm Spaß. Innerhalb von fünfzehn subjektiven Minuten hatte er den Tätowierten und den Dunklen hübsch arrangiert. Er

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