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Das Mädchen in den Wellen

Das Mädchen in den Wellen

Titel: Das Mädchen in den Wellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Barbieri
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wollte nicht weiter über dieses Thema sprechen, nicht jetzt, nicht mit Owen, denn es war, als säße Malcolm auf dem Rücksitz. »Ich dachte, wir schulden einander keine Erklärungen.«
    »So ist es.« Er schaute in die Dunkelheit hinaus. »Was nicht heißt, dass wir uns nicht besser kennenlernen können.«
    »Wir sind Freunde, oder?« Nora zitterte. Sie hätte eine dickere Jacke anziehen sollen. »Ist dir nicht kalt?« Und sie hätte daran denken sollen, den Wagen in Boston in die Inspektion zu geben. Die Heizung funktionierte nicht, im Sommer auf dem Festland kein Problem, aber hier auf der Insel konnte es eines werden.
    »Nicht wirklich. Ich bin dran gewöhnt.«
    »Mir schon.« Sie drehte erfolglos an der Heizung herum, dann am Radio. Rauschen. »Was hast du eigentlich zu den Kerlen gesagt?«
    »Etwas, das sie verstanden haben.«
    Nora und Owen stiegen vor Cliff House aus. Nach dem Sturm war der Mond wieder zu sehen. In diesem Licht schimmerte Owens Haut. Nora wandte errötend den Blick ab. Plötzlich war sie verlegen wie ein Teenager. »Danke.« Die Mädchen waren in Maires Haus. Sie sollte sie ins Cottage bringen.
    »Wofür? Du hättest das Gleiche für mich getan.«
    »Weniger wirkungsvoll.«
    »Da wäre ich mir nicht so sicher. Du kannst einem schon den Schneid abkaufen, wenn du das willst.«
    »Ach was. Du hast ihnen ganz schön Angst eingejagt. Wie hast du das angestellt?«
    »Das bleibt mein Geheimnis.«
    Sie trennten sich. Er ging zur Fischerhütte, sie zum Cliff House, wo im vorderen Raum eine einzelne Lampe brannte. Die Vorhänge standen halb offen, Maire war wach und strickte, das sah Nora durchs Fenster. Sie klopfte.
    »Du musst nicht klopfen. Die Tür ist nicht verschlossen. Es ist auch dein Zuhause.« Maire winkte sie herein. Neben ihrem Sessel stand auf dem Boden ein Korb mit Strickzeug, darin ein halb fertiger bunter Pullover. »Du siehst blass aus. Was ist passiert? War Maggie bei Cis McClure’s?«, fragte Maire.
    »Nein.« Nora erzählte ihr von dem Zwischenfall in der Gasse.
    »Das müssen die Connelly-Jungs gewesen sein. Declan ist seit Jahren ein Problem. Wir sollten die Polizei informieren. Ich könnte John O’Connor bitten, ihnen ins Gewissen zu reden. Wäre nicht das erste Mal.«
    »Ich glaube nicht, dass sie’s noch mal probieren werden«, erklärte Nora. Anzeige zu erstatten, würde nur unnötig Unruhe schaffen. »Sie waren betrunken.«
    »Trotzdem solltest du vorsichtig sein. Gut, dass Owen da war.«
    Nora nickte. Sie wollte nur noch ins Cottage, ein langes, heißes Bad nehmen und alles vergessen. »Die Mädchen …«
    »Mach dir ihretwegen keine Gedanken. Wir haben einen schönen Abend miteinander verbracht, Karten gespielt und Zuckerplätzchen gebacken.« Sie deutete in die Küche, wo die Kekse in Blumen-, Schmetterlings- und Baumform zum Kühlen ausgebreitet lagen. »Ich spiele gern Großmutter. Sie schlafen tief und fest. Lass sie heute Nacht hier. Du kannst auch bleiben. Ich habe genug Platz. Und am Morgen frühstücken wir zusammen.«
    »Danke, aber meine Sachen sind im Cottage«, sagte Nora.
    »Verstehe, wahrscheinlich bist du froh um ein bisschen Zeit für dich.«
    »Ich wollte nicht …«
    »Natürlich nicht. Du bist ihre Mutter. Sie werden dir immer wichtiger sein als du selbst. Gönn dir trotzdem ein schönes Bad«, schlug Maire vor, als hätte sie ihre Gedanken erraten. »Und ein Glas Wein, zur Beruhigung. Es war eine aufregende Nacht.«
    »Danke«, sagte Nora. »Danke für alles.«
    Owen wartete am Cottage auf sie. Das überraschte sie nicht. Es war, als hätten sie bei der Heimfahrt eine stillschweigende Vereinbarung getroffen. Letztlich hatten sie sich seit Tagen auf diesen Punkt zubewegt, doch bisher war ihr nicht klar gewesen, wie sehr sie sich wünschte, sich im Augenblick zu verlieren. Die Sorgen der letzten Zeit waren ihr über den Kopf gewachsen, und die Anstrengung, ihre Emotionen im Zaum zu halten, fraß sie auf, erstickte sie. Er bot ihr die Möglichkeit zu vergessen, zu fliehen, sich ganz der Lust, dem sinnlichen Begehren hinzugeben … Wenn sie sich Zeit zum Nachdenken genommen hätte, wäre sie vielleicht allein ins Cottage gegangen. Doch sie überlegte nicht. Sie wollte herausfinden, ob sie noch zu Gefühlen fähig war.
    Das Mondlicht hüllte das Cottage und die Landschaft in blaue und graue Schatten, als befänden sie sich unter Wasser. Owen schloss sie in seine Arme, und sie wehrte sich nicht. Wenn er nicht den ersten Schritt getan hätte, wäre sie auf

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