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Das Maedchen mit dem Stahlkorsett

Titel: Das Maedchen mit dem Stahlkorsett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kady Cross
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immer noch eine Seite dominieren, wenn die Vereinigung abgeschlossen war? Würde sie das überhaupt bemerken? Wäre sie dann ein ganz anderer Mensch, der sich selbst nicht mehr kannte? Es waren durchaus naheliegende Ängste, die sie in dieser Nacht plagten. Trotz aller Befürchtungen wusste sie jedoch tief im Herzen, dass sie sich richtig entschieden hatte.
    Sie atmete tief ein und kostete die kühle Luft. London roch nicht immer so angenehm wie in diesem Augenblick – nach Rosen, feuchter Erde und Jasmin, ein klein wenig auch nach Kohle, Dampf und Metall. Ringsherum hörte sie die Räder der Kutschen auf dem Kopfsteinpflaster, in der Ferne surrte ein Luftschiff, dessen Scheinwerfer wie Sterne am Himmel standen. Ab und zu wieherte ein Pferd. Ihr war nicht begreiflich, warum die Menschen immer noch auf Pferde zurückgriffen, obwohl Dampfkarossen zur Verfügung standen. Die armen Tiere.
    Von einem benachbarten Grundstück drang Musik herüber. Die klagenden Laute einer Geige berührten sie tief. Dort feierte jemand eine Party, vielleicht war es sogar ein Ball. Vor dem Besuch im Pick-a-dilly war sie im ganzen Leben nur ein einziges Mal auf einem Ball gewesen, und dies auch nur mit den August-Raynes als Dienerin der Ladys. Sie hatte nicht tanzen, nicht reden und nicht einmal etwas essen dürfen. So hatte sie den ganzen Abend voller Eifersucht, elend und hungrig verbracht. Schließlich hatte sie dann doch etwas zu essen stibitzt und es in einer stillen Ecke hinuntergeschlungen. Ein heimlicher Triumph, der den Rest des Abends erträglich gemacht hatte.
    Wahrscheinlich würde sie nie wieder einen Ball erleben, falls Griffin nicht einen gab und seine weit unter ihm stehen den Freunde einlud. Es war undankbar, so über ihn zu denken, nachdem er sie so gut behandelt hatte, doch hin und wieder musste sie sich vergegenwärtigen, dass sie aus zwei verschiedenen Welten stammten. Auf diese Weise war es einfacher und würde vielleicht sogar der kindischen Verliebtheit ein Ende setzen, die sie offenbar für ihn entwickelt hatte.
    Gerade als sie sich seine blaugrauen Augen vorstellte, hörte sie rechts neben sich ein Geräusch. Sie drehte sich um und staunte, wie gut ihr verstärkter Gesichtssinn die Gestalt ausmachen konnte, die ganz am Ende des Hauses auf einem anderen Balkon stand. Der Größe nach zu urteilen, war es Sam, und als er über das Geländer sprang, war sie sicher. Aus dieser Höhe konnte niemand hinabspringen, ohne sich zu verletzen.
    Er rannte zu den Ställen. Was hatte er vor? Den ganzen Tag hatte er sich noch seltsamer verhalten als ohnehin schon. Irgendwie zerstreut. Angefangen hatte es bereits während ihrer Besprechung mit Cordelia. Es war ihr seltsam vorgekommen, dass Sam nach allem, was er durchgemacht hatte, und besonders nach seiner Verletzung, sogar so etwas wie Mitleid mit dem Maschinisten zu empfinden schien. Hatte er den Schurken nicht sogar verteidigt? Aber warum?
    Die Vernunft riet ihr zu bleiben, wo sie war, doch der Instinkt gebot ihr, ihm zu folgen. Sie vertraute dem Instinkt. Ansonsten hätte sie doch nur bis Sonnenaufgang auf dem verdammten Balkon herumgesessen.
    Statt sich die Zeit zu nehmen, an der Mauer hinunterzuklettern, stieg sie seitlich über das Geländer und tastete sich vorsichtig Hand über Hand an einer kannelierten Säule hinab, bis es nicht mehr weiterging. Dann sprang sie lautlos ins Gras. Dank der Schlitze im Kleid konnte sie Sam mühelos folgen, wobei sie darauf achtete, nicht zu weit aufzuschließen.
    Vor dem Stall presste sie sich an die Mauer, als Sam sein Velo nach draußen schob. Er bemerkte sie nicht, denn er war viel zu sehr darauf konzentriert, möglichst wenig Lärm zu verursachen. Als er weit genug entfernt war, huschte sie ebenfalls in den Stall und nahm das Velo, das sie inzwischen als das ihre betrachtete. Sie bugsierte es nach draußen und folgte Sam.
    Auf der Straße schob Sam das Rad ein ganzes Stück weit, bis er schließlich ein langes Bein über den Sattel schwang und den Motor startete. Finley ließ ihm einen kleinen Vorsprung, ehe sie ihr eigenes Rad anließ. Der Verkehr wurde stärker, als sie an einem Herrensitz vorbeikam, in dem offenbar ein Fest mit vielen Gästen stattfand. Sam bemerkte wahrscheinlich gar nicht, dass er verfolgt wurde, doch sicherheitshalber ließ sie einen kleinen und schlanken Dampfwagen vor. Solange er nicht zu weit entfernt war, konnte sie ihn sogar anhand des Geruchs verfolgen. Gott sei Dank besaß er nicht ihre verstärkte

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