Das Maedchen mit dem Stahlkorsett
verständigen können.«
Den Harnisch in einer und den Ohrstöpsel in der anderen Hand, starrte Finley sie an. »Du bist ein verdammtes Genie.«
Emily grinste. »Ja. Genau das bin ich.« Leise und nur für Finleys Ohren bestimmt, fügte sie hinzu: »Aber ich würde mit Freuden einen Teil meiner Intelligenz abgeben, wenn ich dafür so zulangen könnte wie du.«
Finley lächelte. »Ich unterrichte dich, wenn du mich unterrichtest.« Es war mehr als ein Angebot unter Freundinnen. Es war das Versprechen, dass sie die Konfrontation überleben würden.
»Einverstanden.« Emily nahm Finley den Verstärker ab und schob ihn ihr ins rechte Ohr. »Wie klingt das?«, flüsterte sie.
Finley riss erstaunt die Augen auf. Es war so laut, als spräche Emily mit normaler Stimme. »Perfekt.«
»Gut. Leg den Harnisch unter dem Mantel an. Griffin, hilf Finley mit den Riemen.« Dann entfernte sie sich und kümmerte sich um die anderen.
Griffin tauchte neben Finley auf. »Alles klar?«, fragte er.
»Ja«, antwortete sie und stellte zu ihrer eigenen Überraschung fest, dass es der Wahrheit entsprach. »Ich will es hinter mich bringen.«
»Ich auch«, gestand er. »Dann lass uns anfangen. Pass auf dich auf, Fin.«
Fin. Sie hatte einen Spitznamen wie Emmy und Jas. Sie war eine von ihnen. Die Erkenntnis wärmte und beflügelte sie, wie sie es nie für möglich gehalten hätte. In diesem Moment war es ihr egal, ob sie überlebte oder nicht. Zusammen mit ihren Freunden würde sie ihr Leben aufs Spiel setzen, und wenn sie dabei draufging, dann wäre sie nicht umsonst gestorben.
Sie folgten Griffin, der sich am Signal des Peilsenders orientierte. Ein paar Minuten später erreichten sie ein altes Lagerhaus, das den Eindruck erweckte, es sei schon während der Gründung Londons errichtet worden. Ein Wunder, dass es überhaupt noch stand.
»Ist das der Unterschlupf des Maschinisten?«, flüsterte Jasper ungläubig. »Nicht sehr beeindruckend.«
»Das dient nur der Tarnung.« Die Ohrhörer verstärkten Griffins geflüsterte Antwort. »Der eigentliche Unterschlupf liegt im Inneren oder darunter.« Er schaltete den Empfänger ab und schob ihn in seine Jackentasche. »Sam, du gehst vor.«
Sams großer Schatten bewegte sich nach vorn. Falls jenseits der Tür Fallen auf sie warteten, würde es zuerst ihn treffen, und er konnte so gut wie alles überleben.
Sam öffnete die Tür, hinter der nichts als Schwärze lag. Auf einmal klickte es leise, und ein Scheppern war zu hören. Sam wich rasch aus und entging gerade noch der Axt, die ihm beinahe den Hals durchtrennt hätte. Die Klinge blieb im Türrahmen stecken.
Emily zuckte zusammen, und Finley nahm ihre Hand. Das zierliche Mädchen war nicht so sehr wegen der Axt erschrocken, sondern vielmehr wegen der Stelle, wo die Waffe Sam beinahe getroffen hätte. Nicht einmal er konnte von einer Enthauptung genesen.
Als Sam nach seinem knappen Überleben anscheinend unbeeindruckt weitergehen wollte, hielt Emily ihn auf und deutete auf die mechanische Katze. Griffin nickte, worauf Emily den linken Ärmel hochschob und ein langes Lederarmband freilegte, das eine gekrümmte Metallplatte auf ihrem Unterarm fixierte. Sie klappte den Deckel hoch, um an die Steuerung für die Katze zu gelangen. Zunächst musste sie einige Einstellungen vornehmen und ein paar Knöpfe drehen, ehe die Katze Sams Position an der Spitze einnahm. Die nächsten Fallen würde die Katze auslösen.
Im Innern der Katzenaugen brannten Lichter, die den Handlampen, die Emily konstruiert hatte, ähnlich waren. So leuchtete das mechanische Tier ihnen den Weg aus, und sie hatten die Hände frei. Leise tappten sie durch die verlassene Halle. Es war nicht zu übersehen, dass dieses Gebäude schon lange Zeit nicht mehr benutzt worden war. Die Fußabdrücke auf dem Boden erzählten allerdings eine ganz andere Geschichte. Finley runzelte die Stirn, denn sie erkannte, dass irgendjemand versucht hatte, die Spuren zu verwischen. Emily bediente die Kontrollen auf dem Arm, und die Katze hockte sich hin und stieß etwas Luft aus, um den jüngeren Staub aufzuwirbeln und die Fußabdrücke darunter freizulegen. Wer die Spuren auch hinterlassen hatte – zweifellos Garibaldi –, war in Öl oder etwas anderes getreten, und wo er den Fuß aufgesetzt hatte, klebte der Staub am Boden.
Du verdammtes Genie, dachte Finley sarkastisch. Garibaldi mochte klug sein, konnte es aber keinesfalls mit Emily aufnehmen.
Die Spuren führten zu einer Tür, die hinten
Weitere Kostenlose Bücher