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Das Maedchen mit dem Stahlkorsett

Titel: Das Maedchen mit dem Stahlkorsett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kady Cross
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mit dir zu tun?«
    »Vorgestern Abend habe ich im Hyde Park ein Mädchen gefunden. Sie war verletzt und trug das Wappen der August-Raynes auf dem Korsett.«
    Cordelia schnalzte mit der Zunge und betrachtete die Abbildung. »Nimmst du wieder Streuner auf? Wir können nicht die ganze Welt retten.«
    Griff kicherte. »Sie kann schon auf sich selbst aufpassen. Ich finde sie interessant. Finley – Miss Jayne – erweckt den Eindruck, sie hätte zwei Personen in sich.«
    Cordelia fuhr auf wie eine Marionette, deren Fäden der Spieler abrupt hochgerissen hatte. »Wie war das?«
    Verblüfft runzelte Griff die Stirn. »Ich sagte, man hat den Eindruck, dass in Miss Jaynes Körper zwei verschiedene Personen stecken.«
    Mit bleichem Gesicht wandte sich seine Tante an ihn. »Ich möchte deinen Gast gern sehen. Vielleicht kenne ich sie ja sogar.«
    »Wirklich?« Griffin konnte kaum glauben, dass er so viel Glück hatte. »Was für ein Zufall.«
    Sie klopfte ihm auf die Schulter. »Mach dir nicht zu viele Hoffnungen, mein Lieber. Eigentlich habe ich noch nie so sehr wie jetzt gewünscht, dass ich mich irre. Falls sie aber die ist, an die ich jetzt denke, dann schweben wir möglicherweise alle in großer Gefahr.«

Sechs
    SECHS
    F inley war noch im Halbschlaf, als sie amspäten Vormittag in Griffins Arbeitszim mer gerufen wurde. Ihre Erinnerungen an die vergangene Nacht waren ein wenig getrübt, wie immer, wenn ihre dunkle Seite die Herrschaft übernommen hatte. Undeutlich erinnerte sie sich an Whitechapel und den rätselhaften Jack Dandy. Als sie dessen dunkle Augen vor sich sah, lief ihr ein Schauer über den Rücken. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, einen solchen Menschen an so einem Ort aufzusuchen?
    Sie musste die dunkle Seite unter Kontrolle bringen, denn diese Seite konnte ihnen – nein, ihr  – leicht den Tod bringen.
    Einigermaßen nervös betrat sie das Arbeitszimmer, nachdem sie ein mit orientalischen Mustern besticktes Seidenkleid angezogen hatte. Das ärmellose Kleidungsstück zählte trotz der kniehohen seitlichen Schlitze zu den zurückhaltenderen Exemplaren in ihrem Schrank. Darüber trug sie ein kirschrotes Korsett, auf das kleine silberne Drachen genäht waren. Die Kleidung schien passend – wie eine Rüstung, mit der sie in die Schlacht zog.
    Woher war die Kleidung eigentlich gekommen? Schon wieder enteignete Stücke der abwesenden Tante? Oder hatte der Herzog die Sachen tatsächlich für sie gekauft?
    Hoffentlich traf Ersteres zu, denn sie konnte es sich nicht leisten, ihre Schulden zu begleichen – und Männer von Griffin Kings Stand verlangten immer eine Entlohnung.
    Was wollte er jetzt eigentlich von ihr? Hatte Griffin von ihrem Abenteuer gehört und beschlossen, sie hinauszuwerfen? Sie hatte schon mal auf der Straße gestanden, früher, also gab es eigentlich keinen Grund für diese plötzlich aufkommende, beklemmende Angst – wenn man einmal davon absah, dass Griffin ihr erklärt hatte, er könne ihr helfen, und dass sie diese Hilfe unbedingt brauchte.
    Sie wollte nicht mehr so leben wie bisher – als kröche etwas unter ihrer Haut umher, das jederzeit hervorbrechen konnte. Es wurde immer schlimmer. Vergangene Nacht hatte sie sich überhaupt nicht mehr beherrschen können und war schnurstracks mitten in ein zwielichtiges Stadtviertel gelaufen. Glücklicherweise konnte ihr zweites Ich mit solchen Gefahren umgehen und hatte sie heil herausgelotst.
    Als sie eintrat, drehte sich Griffin um. Er hockte auf der Schreibtischkante. Heute trug er ein weißes Hemd, eine dunkel rote Weste, schwarze Hosen und Stiefel. Die Haare waren wirr, als wäre er mit den Händen hindurchgefahren. Neben ihm stand eine hübsche Frau, etwa so groß wie Finley, aber deutlich älter und weltgewandter. Als sie sich umdrehte, erkannte Finley, dass sie eine Verwandte sein musste, denn sie hatte die gleichen Augen wie Griff – wie der Frühlingshimmel, wenn Gewitterwolken aufzogen. Finley erblickte die dünnen Ketten, die von der Nase zum Ohr liefen und als sich die Sturmaugen auf sie hefteten, bekam Finley ein seltsames Gefühl im Kopf und begriff, dass dies alles andere als eine gewöhnliche Frau war.
    Das Ding in ihr kam hoch wie die Hand eines Riesen und klatschte auf das Summen in ihrem Gehirn, um es zu zerquetschen wie eine lästige Fliege.
    Die Frau zuckte zusammen.
    »Ich bitte um Verzeihung«, sagte Finley, noch etwas erschüttert, nachdem ihr Schatten sie beschützt hatte, und weil sie den Schutz

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