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Das Maedchen mit dem Stahlkorsett

Titel: Das Maedchen mit dem Stahlkorsett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kady Cross
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hintereinander die Treppe hinauf. Finleys Mutter hatte die Führung übernommen, Silas bildete die Nachhut. Er hatte sogar das »Geschlossen«-Schild an die Scheibe gehängt und die Tür abgesperrt, damit sie nicht gestört wurden. Anscheinend wollte er unbedingt erfahren, was dies alles zu bedeuten hatte.
    Die Wohnung war gemütlich – sicher nicht so großartig wie der Sitz des Duke of Greythorne, aber einladend und freundlich. Fitzhugh, die Familienkatze, trabte zu Finley, schlängelte sich zwischen ihren Beinen hindurch und rieb den Kopf an Griffins Beinen. Man musste dem Herzog zugute halten, dass er sich lächelnd bückte und den flauschigen roten Kater streichelte.
    »Ich muss mich für unsere Aufdringlichkeit entschuldigen.« Er gab Silas die Hand. »Wir haben allerdings gerade eine seltsame Verbindung zwischen unseren Familien entdeckt, und ich würde gern mehr darüber wissen. Ich bin sicher, dass Finley ebenso neugierig ist.«
    Mary zog die Augenbrauen hoch, da er mit ihrer Tochter offenbar auf so vertrautem Fuße stand. Finley errötete ein wenig und richtete sich auf. »Mama, wie ist es nur möglich, dass du und Vater mit den Eltern Seiner Durchlaucht bekannt wart?« Sie mochte es immer noch nicht recht glauben. Es klang viel zu abwegig und konnte nicht wahr sein. »Stimmt es denn, dass mein Vater Thomas Sheppard und nicht Thomas Jayne war?«
    Ihre Mutter sah aus, als wäre ihr übel. Überraschenderweise kam ihr Lady Marsden zu Hilfe. »Wollen wir uns nicht setzen?«
    Mary nickte und führte sie kreidebleich, wie sie war, in den kleinen Salon, wo Finley es sich an Sonntagnachmittagen oft gemütlich gemacht und gelesen hatte.
    Sie setzten sich, als müssten sie sich auf eine Schlacht einrichten – die Burkes auf einem Sofa, Griffin und seine Tante auf dem anderen. So blieb Finley nichts anderes übrig, als mit einem hochlehnigen Stuhl vorliebzunehmen. Wie passend, dass sie das fünfte Rad am Wagen war, denn genauso fühlte sie sich.
    »Ich weiß nicht recht, wo ich anfangen soll«, sagte ihre Mutter. Die Furcht war ihr deutlich anzumerken.
    Silas nahm ihre Hand. »Beginne doch einfach ganz am Anfang.«
    Mary lächelte ihn an. Zum ersten Mal in ihrem jungen Leben war Finley eifersüchtig auf die Beziehung der beiden. Sie wünschte sich, auch jemanden zu haben, der sie so anblickte – als hätte sie die Sterne am Himmel aufgehängt.
    »Thomas Sheppard war dein Vater. Wir lernten den früheren Duke of Greythorne vor mehr als zwanzig Jahren kennen. Dein Vater hielt einen wissenschaftlichen Vortrag über die Dualität des Menschen. Trotz des Standesunterschieds freundeten sich die beiden sofort an. Der Herzog wurde für Thomas eine Art Mäzen und finanzierte viele seiner Experimente.«
    Finley starrte ihre Mutter an. Warum hatte sie ihr das verschwiegen? Warum hatte die Mutter sie in Bezug auf ihren wahren Nachnamen angelogen? Ihr Vater war doch ein brillanter und bedeutender Mann gewesen. Dennoch hatte ihre Mutter so gut wie nie über ihn gesprochen. Doch in diesem Augenblick zog es Finley vor, den Mund zu halten und ihre Mutter erzählen zu lassen.
    »Thomas führte viele Experimente durch, oft sogar an sich selbst, wenn er kein anderes Versuchsobjekt fand. Er glaubte, die böse Seite des Menschen komme infolge eines Ungleich gewichts der Säfte zum Vorschein, während Reinheit ihr Gleich gewicht bedeute – sanguinisch, melancholisch, phlegmatisch und cholerisch. In seinen Experimenten störte er das Gleichgewicht und glaubte, er könne auf diese Weise einen Weg finden, nicht nur verbrecherisches Verhalten, sondern auch den Irrsinn zu kurieren.« Mary warf Lady Marsden einen scharfen Blick zu. »Greythorne war damit einverstanden und finanzierte die weitere Forschung. Er stellte Thomas sogar ein Gelände zur Verfügung, auf dem er arbeiten konnte. Thomas griff bei seinen Experimenten zunächst auf Kriminelle und Verrückte zurück. Eines Nachts sah ich jedoch, wie er auch selbst einen Trank zu sich nahm.« Sie hielt inne, doch niemand gab auch nur einen Mucks von sich. Selbst Lady Marsden hörte mit unverkennbarem Mitgefühl zu.
    Finley dagegen starrte ihre Mutter fassungslos an, die den Blick auf ihre zitternden Finger gerichtet hielt. »An diesem Abend musste ich beobachten, wie mein Ehemann …« Als ihre Stimme brach, presste sie die Finger auf die Lippen. Mit der anderen Hand hatte sie Silas’ Hand fest gepackt. »Er wurde in jeder Hinsicht ein ganz anderer Mann. Sein Äußeres veränderte

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